Seite 26 - PERSONALquarterly_2013_03

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SCHWERPUNKT
_CHANCENGLEICHHEIT
T
eilzeitarbeit hat in Deutschland in den letzten Jahren
eine hohe Bedeutung gewonnen. Gerade jungen Eltern
- insbesondere jungen Müttern - verspricht Arbeit in
Teilzeit einen Weg, berufliche und private Ziele mit-
einander zu verbinden. Gleichzeitig ist in der Öffentlichkeit
eine intensive Diskussion entbrannt, auf welchem Weg mehr
Frauen in Führungspositionen gebracht werden können. Wenn
aber Teilzeit gefördert wird und ein erheblicher Teil der Frauen
in Teilzeit arbeitet, stellt sich die wichtige Frage, wie sich Teil-
zeit auf die Karrierechancen auswirkt.
Ziel der folgenden Analyse ist es empirisch zu untersuchen,
wie sich Teilzeitarbeit in Deutschland entwickelt hat, in wel-
chem Ausmaß gerade Frauen der Wechsel aus der Teilzeit
zurück in die Vollzeitbeschäftigung gelingt und ob Teilzeitar-
beit tatsächlich mit einem Nachteil in Bezug auf die Karriere
verbunden ist. Vor allem soll in der Analyse auch zwischen
unterschiedlichen Abstufungen der Wochenarbeitszeit in Teil-
zeit unterschieden werden. So wird eine 80 %-Stelle bereits als
Teilzeit definiert, könnte aber gerade im Bezug auf Karriere-
und Entwicklungsmöglichkeiten zu weniger Nachteilen führen
als eine 50 %-Stelle. Ob dies tatsächlich der Fall ist, wird durch
eine ökonometrische Analyse der Beförderungswahrschein-
lichkeiten näher betrachtet.
Rahmenbedingungen und Trends
Seit der Einführung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes im
Jahr 2001 gibt es für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in
Deutschland einen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit. Zu den
Anspruchsvoraussetzungen gehören, dass der Arbeitnehmer
mindestens sechs Monate im Betrieb angestellt sein muss und
mindestens 15 Mitarbeiter im Betrieb beschäftigt sein müs-
sen. Solange keine betrieblichen Gründe dem Wunsch nach
Teilzeitarbeit entgegenstehen, muss der Arbeitgeber diesem
Wunsch nachkommen. Des Weiteren legt das Gesetz fest, dass
dem Arbeitnehmer keine Nachteile aus Teilzeitbeschäftigung
entstehen dürfen. Sofern keine sachlichen Gründe eine un-
terschiedliche Behandlung rechtfertigen, dürfen Teilzeit­
arbeitende nicht in Bezug auf den Lohn oder den Zugang zu
Weiterbildungsmöglichkeiten diskriminiert werden. Der Ge-
setzgeber bestimmt ausdrücklich, dass auch Arbeitnehmerin-
Karriere in Teilzeit – Ein schwieriges
Unterfangen mit „Klebeeffekt“
Von
Isabella Cetnarowski
(Universität Köln),
Dr. Kathrin Breuer
(Deloitte Consulting GmbH)
und
Prof. Dr. Dirk Sliwka
(Universität Köln)
nen und Arbeitnehmern in Leitungsfunktionen ein Zugang zu
Teilzeitarbeit ermöglicht werden muss. Doch während der An-
spruch auf einen Wechsel zur Teilzeitarbeit gesetzlich festge-
legt ist, ist der umgekehrte Weg zur Vollzeitarbeit schwieriger:
Auch wenn dies gerade in der Politik diskutiert wird, haben
Teilzeitarbeitende bisher keinen klaren gesetzlichen Anspruch
ihre Arbeitszeit wieder zu verlängern.
Auch im internationalen Vergleich hat Teilzeit in Deutsch-
land einen sehr hohen Stellenwert erreicht. So gibt Eurostat für
2011 eine Teilzeitquote von Frauen im Alter zwischen 20 und
64 Jahren von 45,6 % an und mit diesem Wert belegt Deutsch-
land den zweiten Rang hinter den Niederlanden (74,7 %)­ in
einem Vergleich zwischen den 27 EU-Mitgliedsstaaten (Euro-
stat, 2013). In Führungspositionen ist hingegen die Verbreitung
von Teilzeitarbeit in fast allen europäischen Ländern weiterhin
eher die Ausnahme. Laut einer Unternehmensbefragung der
Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Ar-
beitsbedingungen aus dem Jahr 2009 beschäftigten nur 26 %­
der befragten Unternehmen in den 27 EU-Ländern teilzeitar-
beitende Führungskräfte (Sandor, 2011, S. 26). In Deutschland
lag der Anteil mit 31 % leicht höher, aber immer noch deutlich
unter den Niederlanden, die mit 47 % den höchsten Wert er-
reichten (Sandor, 2011, S. 43).
Empirische Grundlage
Die dieser Arbeit nun zugrunde liegende Untersuchung ba-
siert auf Daten des sozioökonomischen Panels (SOEP). Das
sozio­ökonomische Panel ist eine repräsentative Haushalts-
befragung, die im Auftrag des Deutschen Instituts für Wirt-
schaftsforschung jährlich in über 12.000 Privathaushalten
durchgeführt wird. Ziel der Befragung ist es, jedes Jahr mög-
lichst die gleichen Haushalte und Personen zu erfassen und
so einer Entwicklung über die Jahre zu folgen. Dabei werden
ausführliche Informationen u. a. zu ökonomischen und soziolo-
gischen Themenfeldern gesammelt. Die Befragung erfolgt auf
freiwilliger Basis, jedoch zeichnet sich das sozioökonomische
Panel durch eine vergleichsweise hohe Stabilität aus. Unse-
re Untersuchung umfasst den Zeitraum zwischen 1992 und
2011. Von vornherein ausgeschlossen aus der Analyse sind die
Berufsgruppen Landwirte, Freiberufler, Selbstständige, mit-