Seite 21 - PERSONALquarterly_2013_03

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ie Integration der in Deutschland geborenen Per-
sonen mit Migrationshintergrund, der sogenannten
zweiten Generation von Einwanderern, gewinnt zu-
nehmend an politischer und ökonomischer Relevanz.
Heute haben in Deutschland bereits rund ein Drittel der Kinder
im Alter von bis zu fünf Jahren einen Migrationshintergrund
(Statistisches Bundesamt, 2010). In Bezug auf Integrationspo-
litik stellt der Grad, in dem diese heranwachsende Generati-
on Bildungs- und Chancengleichheit erfährt, den vermutlich
wichtigsten Erfolgsindikator dar. Betrachtet man jedoch nüch-
tern derartige Indikatoren, wie etwa das Bildungsniveau oder
spätere Arbeitsmarkterfolge, so ist ein beständiger Nachteil
dieser Gruppe gegenüber den Einheimischen erkennbar. Dies
ist allerdings kein spezifisch deutsches Problem, sondern der-
artige Unterschiede lassen sich auch in anderen europäischen
Ländern feststellen (z. B. in Frankreich oder Großbritannien;
vgl. Algan/Dustmann/Glitz/Manning, 2010). Die ökonomische
und soziale Integration der zweiten Generation scheint also
nicht zu gelingen – nicht nur, aber auch in Deutschland.
Welche Faktoren bestimmen den schulischen Erfolg?
Vor diesem Hintergrund ist es unser Ziel, in der hier vorge-
stellten Forschungsarbeit die Bestimmungsfaktoren der un-
terschiedlichen schulischen Erfolge von Kindern mit und ohne
Migrationshintergrund empirisch zu analysieren (Krause/Rin-
ne/Schüller, 2012). Konkret untersuchen wir, inwieweit der
Bildungsnachteil der in Deutschland lebenden zweiten Genera-
tion von Einwanderern durch grundlegende und systematische
Unterschiede im sozio-ökonomischen Status ihrer Familien
erklärt werden kann. Diese Analyse ermöglicht dann wiede-
rum Rückschlüsse darüber, ob und in welchem Maße migrati-
onsspezifische Einflussfaktoren eine Rolle spielen. Derartige
Erkenntnisse über die Ursachen der „Bildungslücke“ zwischen
Kindern mit und ohne Migrationshintergrund sind bedeutend
für die Planung und Durchführung konkreter Maßnahmen zur
Förderung von Bildungs- und Chancengleichheit im deutschen
Schulsystem.
Der Bildungsübergang von der Primarstufe in eine der Schul-
formen des Sekundarbereichs nimmt im deutschen Bildungs-
system nach wie vor eine zentrale Rolle ein. Nur in seltenen
Schulkarrieren: Die soziale Herkunft ist
entscheidender als der Migrationshintergrund
Von
Annabelle Krause
,
Dr. Ulf Rinne
und
Simone Schüller
(IZA Bonn)
Fällen wird die getroffene Übergangsentscheidung durch
nachfolgende Wechsel der Schulform korrigiert. Gleichzeitig
bestimmt diese in jungen Jahren getroffene Entscheidung maß-
geblich den künftigen Bildungsverlauf und die anschließenden
Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Deshalb ist es insbesondere
diese Hürde, der wir verstärkte Aufmerksamkeit im Rahmen
unserer Untersuchung widmen.
Informationen über Kinder und deren Eltern
In der hier beschriebenen Studie nutzen wir Datenmaterial
des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP), einer repräsentativen
Längsschnittstudie privater Haushalte mit und ohne Migrati-
onshintergrund in Deutschland (Wagner/Frick/Schupp, 2007).
Das SOEP stellt die gegenwärtig größte Wiederholungsbefra-
gung von in Deutschland lebenden Ausländern und Personen
mit Migrationshintergrund dar. Insbesondere Haushalte mit
einem Haushaltsvorstand türkischer, spanischer, italienischer,
griechischer und ehemals jugoslawischer Herkunft sind über-
proportional repräsentiert. Die Daten geben Auskunft über Ein-
kommen, Erwerbstätigkeit, Bildung und Gesundheit. Zusätzlich
werden im SOEP seit dem Jahr 2001 mit dem sogenannten Ju-
gendfragebogen Daten zu kinder- und jugendspezifischen The-
men erhoben. Jugendliche im Alter von 17 Jahren, die in einem
SOEP-Haushalt leben, werden retrospektiv zu ihrer Schullauf-
bahn, zur Musikerziehung und sportlichen Aktivitäten, zur ak-
tuellen Freizeit- und Familiensituation sowie zu Erwartungen
an ihre berufliche und familiäre Zukunft befragt. Unsere Ana-
lyse nutzt die Daten des Jugendfragebogens der Jahre 2001 bis
2009 und verknüpft diese mit Informationen der Eltern und des
Haushalts aus dem regulären SOEP – jeweils zum Zeitpunkt des
Übergangs der Kinder von der Primarstufe in das Sekundarsys­
tem, d. h., wenn die Kinder etwa 10 Jahre alt sind.
Im Rahmen unserer Untersuchungen konzentrieren wir
uns ausschließlich auf Schüler in Westdeutschland, da der Be-
völkerungsanteil mit Migrationshintergrund in den ostdeut-
schen Bundesländern weiterhin vergleichsweise gering ist.
Ausgeschlossen sind zudem Kinder, die eine Gesamtschule
besuchen, da hier nicht die drei üblichen Schulformen unter-
schieden werden können. Im Ergebnis enthält unsere Stich-
probe insgesamt 770 Schüler, von denen 230 Kinder einen
Schwerpunkt
_chancengleichheit