personalquarterly 03 / 13
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Schwerpunkt
_chancengleichheit
den aus den Stellenanzeigen recherchiert. Für jede inserierte
Stelle wurde die Berufskategorie bestimmt. Es wurden in der
Recherche hoch qualifizierte Berufe (Management, Professi-
onen, Ingenieurtätigkeit) und die übrigen Berufe unterschie-
den. Es wurde auch recherchiert, ob die ausgeschriebene Stelle
eine englischsprachige Bezeichnung hatte und ob die Anzeige
von einem Personalvermittler (nicht vom suchenden Arbeit-
geber direkt) geschaltet worden war. Schließlich wurde auch
die Beschäftigtenzahl des Unternehmens so weit wie möglich
ermittelt, und es wurden zwei Kategorien gebildet: Unterneh-
men mit mindestens 250 Beschäftigten und die übrigen Un-
ternehmen.
Ergebnisse der Studie
Es wurden 332 Stellenanzeigen ausgewertet, 175 von ihnen
aus dem Jahr 2010, die übrigen 157 aus dem Jahr 2005. Dabei
waren 154 Anzeigen aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
und 178 Anzeigen aus der Neuen Westfälischen. Insgesamt
stellten wir in 117 Anzeigen (35 %) mindestens eine nichtneu-
trale Formulierung im Sinne des AGG fest.
Besonders häufig waren unmittelbar diskriminierende For-
mulierungen im Hinblick auf das Geschlecht (95 Fälle). Die
vier häufigsten Typen nichtneutraler Formulierungen, ihre
Häufigkeit und prägnante Beispiele sind in Abb. 2 festgehalten.
Im Folgenden werden die wesentlichen Ergebnisse absolut
oder als Anteil der Anzeigen im jeweiligen Jahr zusammenge-
fasst. Es werden jedoch nur Ergebnisse erwähnt, die sich in
weiterführenden Analysen (logistischen Regressionen) bestä-
tigt haben (vgl. ausführlich Bauhoff/Schneider, 2013).
In diesen ergänzenden Analysen wird gezeigt, dass die Er-
gebnisse statistisch signifikant sind, d. h. mit sehr hoher Wahr-
scheinlichkeit nicht auf Zufall beruhen, und dass die Effekte
auch in ihrer Größenordnung so bestehen bleiben, wenn soge-
nannte Drittvariablen in der Analyse berücksichtigt werden.
These 1:
Wie vermutet, sind im Jahr 2010 weniger Stellenan-
zeigen nichtneutral formuliert worden als noch im Jahr 2005.
Die Zahl ging von 73 auf 44 zurück; dies entspricht einem
Rückgang von 47 % der Anzeigen auf 25 % der Anzeigen. Ver-
mutlich hat das AGG somit durch seine expressive Funktion
mehr Arbeitgeber dazu bewogen, ihre Stellenanzeigen neutral
zu formulieren.
These 2:
Wie vermutet, ist der Rückgang stärker für nichtneu-
trale Formulierungen in Bezug auf das Alter als in Bezug auf das
Geschlecht. Denn nur in Bezug auf das Alter hat das AGG eine
deutliche Rechtsänderung gebracht. Die Zahl der im Hinblick
auf das Geschlecht nichtneutralen Stellenanzeigen ging von 56
(36 % der Anzeigen) im Jahr 2005 auf 41 (23 % der Anzeigen)
im Jahr 2010 zurück. Die Zahl der im Hinblick auf das Alter
nichtneutralen Stellenanzeigen ging hingegen von 27 (17 %
der
Anzeigen) auf 2 (1 % der Anzeigen) zurück (vgl. Abb. 3).Somit
sind nichtneutrale Formulierungen im Hinblick auf das Alter
beinahe völlig verschwunden. Das AGG hat also für ein Merk-
mal, das vorher nicht dem Diskriminierungsschutz unterwor-
fen war (Alter), eine starke Änderung bewirkt.
In Bezug auf das Merkmal, für das es bereits vor Inkrafttre-
ten des AGG einen Diskriminierungsschutz gab (Geschlecht),
hat es zwar ebenfalls eine Änderung bewirkt; diese fällt jedoch
deutlich schwächer aus.
These 3:
Wie vermutet, fällt der Rückgang nichtneutraler
Formulierungen für kleinere Unternehmen (weniger als 250
Beschäftigte) stärker aus als für größere (mindestens 250 Be-
schäftigte). Der Anteil der Anzeigen mit nichtneutralen Formu-
lierungen ging für größere Unternehmen von 28 % auf 22 %
zurück, für kleinere Unternehmen von 65 % auf 23 %. Somit
waren nichtneutrale Formulierungen in kleineren Unterneh-
men im Jahr 2005 noch deutlich häufiger als in größeren.
Dieser Unterschied ist jedoch im Jahr 2010 praktisch ganz ver-
schwunden (vgl. Abb. 4). Vermutlich hat das AGG die kleineren
Unternehmen sehr viel stärker sensibilisiert als die größeren
Unternehmen.
Fazit und praktische Implikationen
Vier Jahre nach Inkrafttreten des AGG sind deutlich weniger
Stellenanzeigen nichtneutral formuliert worden als ein Jahr vor
Inkrafttreten des AGG. Obgleich das Gesetz die Arbeitgeber zu
neutralen Formulierungen nicht zwingen kann, hat das AGG
offenbar die Gestaltung der Stellenanzeigen verändert. Das
Abb. 3:
Anteil nichtneutraler Stellenanzeigen bezogen
auf die Kriterien Geschlecht und Alter
Quelle: Eigene Darstellung
0
5
10
15
25
40
30
2005
In Bezug auf
Geschlecht
2010
20
35
In Bezug auf
Alter
Jahr
Nichtneutral
(in %)
36
27
23
2