Seite 7 - PERSONALquarterly_2013_01

Basic HTML-Version

01 / 13 personalquarterly
7
bzw. Interventionen gebrochen werden, womit die Pfadfor-
schung eine wissenschaftliche Begründung für Quoten liefert.
PERSONALquarterly:
Jenseits von diesen eher dirigistischen Vorga­
ben: Welche Maßnahmen der Karriereförderung halten Sie für
sinnvoll? Was hat sich bewährt?
Krell:
Quoten sind zwar notwendig, aber nicht hinreichend. Flan-
kierende Maßnahmen sollten jedoch weniger bei den Frauen
als bei den ja noch überwiegend männlichen Entscheidern
ansetzen und auf eine Kulturveränderung zielen. Dazu gehö-
ren bspw. Diversity-Trainings und diversity-orientierte Zielver-
einbarungen – womit wir wieder bei Quoten sind – und daran
geknüpfte Beurteilungen von Führungskräften. Das steigert
erfahrungsgemäß deren Motivation in Sachen Chancengleich-
heit. Dazu gehört auch eine Karriereplanung, die verhindert,
dass die vielversprechenden weiblichen Talente übersehen
werden oder aus anderen Gründen auf der Strecke bleiben,
während junge Männer gefördert werden.
Zu den strukturellen Hindernissen gehört der neuesten Studie
meiner Hamburger Kollegin Sonja Bischoff zufolge auch der
Gender Pay Gap in Führungspositionen, weshalb sie zur Steige-
rung der Aufstiegsmotivation von Frauen eine leistungsgerechte
Vergütung empfiehlt. Nennen möchte ich noch Mentoring-Pro-
gramme für weibliche Führungs(nachwuchs)kräfte. Auch hier
gilt, dass dabei nicht nur die Frauen entwickelt werden, son-
dern das Unternehmen oder die Organisation insgesamt.
PERSONALquarterly:
Gibt es womöglich Arbeitszeitregelungen,
die noch nicht hinreichend ausgeschöpft und ausprobiert
worden sind? Wie steht es mit der viel beschworenen „Work-Life-­
Balance“?
Krell:
Der niedrige Anteil von Frauen in Führungspositio­
nen ist nicht in erster Linie durch Vereinbarkeitsprobleme
bedingt. Das zeigen auch Befragungen von weiblichen
Führungs(nachwuchs)kräften zu Aufstiegshindernissen. Aber
aus der Perspektive vieler, vor allem männlicher Entschei-
der sind Kinder, Elternzeit oder auch Teilzeit immer noch ein
Handicap oder sogar ein Ausschlusskriterium für eine Füh-
rungskarriere. Denn eine Führungsposition ist für sie, auch
aufgrund der eigenen Biografie, untrennbar mit (Über-)Voll-
PROF. DR. GERTRAUDE KRELL
Universitätsprofessorin a. D.
Freie Universität Berlin
e-mail:
Gertraude Krell vertrat von 1990 bis 2007 das Fach Personalpolitik
am Institut für Management der Freien Universität Berlin. Für ihr
Standardwerk „Chancengleichheit durch Personalpolitik“ wurde
sie 2003 mit dem Margherita-von-Brentano-Preis der Freien
Universität ausgezeichnet. Im gleichen Jahr nahm die Redaktion
des Personalmagazins sie als „Frauenrechtlerin“ in eine Liste der
„führenden Köpfe des Personalwesens“ auf. Auch im Ruhestand
forscht, publiziert und referiert sie weiter. Sie verfasste das Kapi-
tel „Führungspositionen“ für die 2010 von der Projektgruppe GiB
publizierte Studie „Geschlechterungleichheiten im Betrieb“. 2011
erschien die 6. Auflage von „Chancengleichheit durch Personalpo-
litik“ (hg. mit Renate Ortlieb und Barbara Sieben), 2012 folgte der
Sammelband „Geschlecht Macht Karriere in Organisationen“ (hg.
mit Daniela Rastetter und Karin Reichel).