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State of the art
_Generation Y
baum zu Attraktivitätsmerkmalen von Arbeitgebern bei
potenziellen Bewerbern. Auch hier zeigen sich große Unter-
schiede zwischen den Eigenschaften, die Bewerbern wichtig
sind, und den Eigenschaften, von denenManager glauben, dass
sie wichtig sind. Der größte Wahrnehmungsunterschied be-
steht hier übrigens in dem vergleichsweise banalen Merkmal
„Standort“ (Kienbaum, 2009, S. 13-14).
Systematische Untersuchungen sind nötig
Diese Beispiele machen deutlich, dass eine systematische
Beschäftigung mit den Präferenzen und Einstellungen der Ge-
neration Y erforderlich ist. In der Regel geschieht dies durch
Befragungen und deren quantitativer Auswertung. Der be-
kannteste Vertreter dürfte Anders Parment sein, dessen Buch
zur Generation Y auch auf der Befragung von Studierenden in
verschiedenen Ländern beruht (Parment, 2009). So wertvoll
diese Einsichten in die Präferenzstrukturen und zur Überwin-
dung von individuellen Wahrnehmungsverzerrungen sind, so
unzureichend sind sie zur Begründung von Generationenun-
terschieden.
Dazu ist ein systematischer Vergleich mit der Präferenz-
struktur der Vorgängergeneration notwendig. Ohne diesen
systematischen Vergleich erfolgt der Abgleich mit einem aus
der Intuition oder der Erinnerung abgerufenen Stereotyp ver-
gangener Generationen, und die gleichenWahrnehmungs- und
Beurteilungsfehler kommen zum Tragen. Für einen solchen
Vergleich können in einer ersten Näherung die jeweiligen
Präferenzen der älteren Beschäftigten herangezogen werden.
Dabei tritt aber die bereits oben diskutierte Vermischung von
Alters- und Generationeneffekten auf.
Längsschnittuntersuchungen über mehrere Generationen
Im der letzten Ausgabe von PERSONALquarterly (Biemann
et al., 2012) haben wir als Ausgangspunkt einer Betrachtung
im Sinne des Evidence-based-Managements vorgeschlagen,
zunächst gedanklich das Forschungsdesign zu konstruieren,
das zur Beantwortung eines Managementproblems ideal wäre,
um sich diesem dann möglichst weit anzunähern.
Zur Isolierung von Generationeneffekten und insbesondere
der Trennung von Generationen- und Alterseffekten, beispiels-
weise bezüglich der Loyalität, müsste man untersuchen, wie
ausgeprägt ein heute 40-Jähriger seine Bindung zu seinem
Arbeitgeber ausdrücken würde, wenn er noch mal 20 wäre.
Es ist offensichtlich, dass dieses Forschungsdesign im Rah-
men einer Befragung nicht möglich ist. Allerdings erlauben
Längsschnittstudien immerhin den Vergleich der Antworten
der heute 20-Jährigen mit den Antworten, die die heute 40-Jäh-
rigen vor 20 Jahren gegeben haben. Dadurch können Alters-
von Generationeneffekten unterschieden werden. Wir wollen
uns im Folgenden den Kernergebnissen dieser Längsschnitt-
studien widmen.
Studien, die ein Längsschnittdesign zur Identifizierung
von Generationenunterschieden verwenden, sind: Families
and Work Institute, 2006; Kowske et al., 2010; Wong et al.
2008; Wey Smola/Sutton, 2002. Wie auch in vielen anderen
personalwirtschaftlichen Themenfeldern (Rynes et al., 2002)
finden diese wissenschaftlichen Studien bei Praktikern wenig
Beachtung.
Die jeweiligen Ergebnisse sind vergleichsweise homogen,
sodass wir uns auf eine umfassende (n = 16.507) Studie zu
Unterschieden von Arbeitswerten der Generationen von Jean
M. Twenge und Kollegen konzentrieren (Twenge et al., 2010).
Die Autoren analysierten Daten von jungen Erwachsenen aus
den USA, die 1976, 1991 und 2006 zu ihren Werteinstellungen
befragt wurden. Beispielsweise mussten Teilnehmer für die
Erfassung der Bedeutung von Freizeit angeben, inwieweit sie
sich einen Job wünschen, der viel Freiraum für andere Aktivi-
täten lässt. Als Antwortmöglichkeiten der verschiedenen Fra-
gen zu diesen vier Bereichen war eine Skala von 1 („strongly
disagree“) bis 5 („strongly agree“) vorgegeben. Zusammen mit
anderen Fragen zur Freizeitorientierung und Fragen zu den
anderen Werten konnte so die durchschnittliche Bedeutung
dieser Werte in den drei betrachteten Generationen ermittelt
werden. Zentrale Ergebnisse bezüglich vier verschiedener
Wertbereiche sind in Abbildung 1 dargestellt.
Werthaltungen von Generation X und Y sind ähnlich
Übergreifend lässt sich feststellen, dass die Veränderungen in
den Werthaltungen zwischen Generation X und Y bis auf die
Freizeitorientierung gering sind. Insbesondere ist der Unter-
schied zwischen Generation Y und Generation X insgesamt
nicht größer als der zwischen Generation X und den Baby-
Boomern. Ein generationenspezifisches Personalmanagement
lässt sich somit nicht begründen. Ähnliche Schlussfolgerungen
Abb. 1:
Werthaltungen im Generationenvergleich
Quelle: Eigene Erstellung auf Basis der Daten in Twenge et al (2010): 1127-1129 (Tabelle 1).
Bedeutung
intrinsischer Belohnung
Altruistische Motive
Bedeutung
extrinsischer Belohnung
Freizeitorientierung
Baby-Boomer
Generation X
Generation Y
2,36
2,63
3,30
3,85
2,60
2,90
3,27
3,83
2,76
2,81
3,76
3,23
5
4
3
2
1