Seite 46 - PERSONALquarterly_2013_01

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State of the art
_Generation Y
D
ie Diskussion über die Andersartigkeit neuer Gene-
rationen, meist in Form von Negativzuschreibungen,
ist nicht neu. Schon Sokrates soll gesagt haben: „Die
Jugend liebt heute den Luxus. Sie hat schlechte Ma-
nieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt mehr vor
älteren Leuten und diskutiert, wo sie arbeiten sollte.“
Neu ist allerdings die Intensität, mit der Generationenunter-
schiede als Begründung für eine komplette Neuausrichtung der
Personalarbeit herangezogen werden: „Die hohen Job-Ansprü-
che der Generation Y: Auslandsaufenthalte, großzügige Teil-
zeitregelungen und Weiterbildungen jeder Art: Unternehmen
müssen immer mehr Fantasie entwickeln, um junge Talente zu
ködern“ (Onken, A.: Die hohen Job-Anspruche der Generation
Y, Die Welt vom 6.3.2012); „Generation Y: Wählerisch wie eine
Diva beim Dorftanztee“ (Buchhorn, E. und Werle, K.: Genera-
tion Y: Die Gewinner des Arbeitsmarkts“, SpiegelOnline vom
7.6.2011); „Having been praised all their lives this generation
can’t deal with failure (…) They expect acknowledgement even
when they don’t deserve it (…) They want to be put on the fast-
track whether they deserve it or not (…)They dislike working
long hours” (Clement, D.: Why businesses need Generation Y,
The New Zealand Herald vom 2.2.2008).
Neben der Berichterstattung in der Presse finden sich in der
Managementliteratur zahlreiche Praxisratgeber, die Empfeh-
lungen zur Ausgestaltung der Personalarbeit unter den neuen
Rahmenbedingungen der Generation Y geben. Dabei wird die
Andersartigkeit häufig schon vorausgesetzt und es geht „le-
diglich“ noch darum, die richtigen personalwirtschaftlichen
Konsequenzen zu ziehen: „In allen vertretenen Unternehmen
ist das Bewusstsein vorhanden, dass sich mit dem Eintritt der
Generation Y in das Arbeitsleben die Aktionsfelder der Perso-
nalarbeit verändern.“ (o. V. 2011, S. 6)
Wir wollen im Folgenden der Frage nachgehen, welche
wissenschaftlichen Befunde zu Unterschieden bezüglich
Einstellungen zur Arbeit zwischen Generation Y und der
Vorgängergeneration, der Generation X, vorliegen, die diese
Neuausrichtung begründen. Wir wollen uns dieser Frage in
drei Schritten nähern: Einleitend stellen wir das Generationen-
konzept als Begründung der Personalarbeit vor. Der Schwer-
punkt wird hier in der Unterscheidung zwischen allgemeinen
Generation Y: Viel Lärm um fast nichts
Die Unterschiede in den arbeitsbezogenen Einstellungen zwischen Generationen sind
zu gering, um eine grundsätzliche Neuausrichtung der Personalarbeit zu begründen.
Von
Prof. Dr. Torsten Biemann
(Universität Mannheim) und
Prof. Dr. Heiko Weckmüller
(FOM Bonn)
Trends, Altersunterschieden und Generationeneffekten be-
stehen. Danach entwickeln wir eine Typologie der typischen
empirischen Quellen, auf denen die Analyse von Generatio-
nenunterschieden beruht. Abschließend gehen wir auf die
wissenschaftlichen Befunde aus Längsschnittuntersuchungen
zu Unterschieden in Werten und Arbeitseinstellungen der Ge-
nerationen ein.
Der nachfolgende Beitrag wird zeigen, dass die tatsächlichen
Unterschiede geringer sind als die öffentliche Diskussion ver-
muten lässt.
Die Bedeutung von Generationen für die Personalarbeit
Die Erforschung von Generationeneffekten hat eine lange
Tradition. Grundannahme ist, dass neben angeborenen Fähig-
keiten, Persönlichkeitseigenschaften oder erworbenen Fertig-
keiten auch die jeweiligen gemeinsam geteilten Erfahrungen
in der Jugend nachhaltig prägend für Lebens- und Arbeits-
einstellung sind. Gängige Einteilung in der Forschung ist die
Unterscheidung in drei Generationen, wobei die Übergänge
fließend sind und die konkreten Jahreszahlen somit keine star-
ren Grenzen darstellen.
3
Baby-Boomer:
„Baby-Boomer“ wurden in den Zeiten stei-
gender Geburtenraten etwa zwischen 1955 und 1965 geboren.
Die ersten Mitglieder dieser Generation erreichen bald das
Rentenalter, sind gegenwärtig aber gerade durch ihre große
Zahl noch wichtiger Bestandteil des Personals in deutschen
Unternehmen. Baby-Boomer sind aufgewachsen in Zeiten des
wirtschaftlichen Aufschwungs.
3
Generation X:
Das ökomische Umfeld war für „­Generation
X“ (geboren etwa zwischen 1966 und 1980) weniger stabil als
noch für die Baby-Boomer, bedingt zum Beispiel durch die Öl-
krise und den stagnierenden Arbeitsmarkt. Auch das sozia­le
Umfeld verlor an Stabilität, ausgedrückt beispielsweise durch
Immigrationswellen, wachsende Scheidungsraten und ver-
mehrte Berufstätigkeit der Mütter. Der technologische Fort-
schritt führte dazu, dass Mitglieder der Generation X relativ
früh mit Computern in Berührung kamen und in deren Um-
gang geschult sind.
3
Generation Y:
Im Zeitraum der „Generation Y“ (geboren
etwa zwischen 1981 und 2000) setzte sich der Wandel von