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Neue Forschung
_Führungskräftevergütung
I
m Zuge der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise haben
Fragestellungen hinsichtlich einer angemessenen und ziel-
führenden variablen Vergütung von Führungskräften aus
Controlling-Perspektive an Brisanz gewonnen. Allerdings
ist dieses Thema weder in der Unternehmenspraxis noch in der
betriebswirtschaftlichen Theorie als neu anzusehen. Die damit
verbundenen intensiven Diskussionen werden jedoch in aller
Regel im Bereich des Human-Resource-Managements geführt,
da Themen wie die Form der Entlohnung oder die Gestaltung
der Entlohnungsfunktion zumeist in den Verantwortungsbe-
reich des Personalmanagements fallen. Die Erfahrungen der
jüngeren Zeit haben jedoch gezeigt, dass viele Anreizsysteme
ihre Ziele nicht erfüllen oder Prioritäten von Führungskräften
nachteilig beeinflussen. Gründe hierfür können in der oft nicht
adäquat ausgewählten Bemessungsgrundlage, die kurzfristiges
Handeln hervorrufen, liegen, aber auch in der mangelnden Ab-
stimmung der Incentivierung mit anderen Instrumenten der
Unternehmenssteuerung bzw. des Controllings.
Gerade der letztgenannte Aspekt steht im Mittelpunkt des
vorliegenden Beitrags. Zielsetzung ist es, die Schnittstellen
aufzuzeigen, die zwischen Anreizsystemen im Rahmen der
Führungskräftevergütung, der Unternehmenssteuerung und
demController-Bereich bestehen. Vor allem soll dabei die Frage
erörtert werden, ob bzw. warum der Personalbereich bei Fra-
gestellungen rund um die Incentivierung von Führungskräften
den Controller-Bereich mit einbeziehen sollte.
Unternehmenssteuerung und Anreizgestaltung
Große, aber auch mittelständische Unternehmen werden
heute im Regelfall über vergleichsweise stark dezentrali-
sierte Steuerungssysteme geführt, was sich in so bekannten
Management-Philosophien wie „management by objectives“
oder „management by exception“ ausdrückt: In einer hierar-
chischen Struktur erhalten Manager auf verschiedenen Füh-
rungsebenen unterschiedlich weite Verantwortungsbereiche
(„empowerment“). Damit werden auf lokaler bzw. operativer
Ebene spezialisierte Einheiten, z. B. in Form von Profit Centern,
geschaffen, die auf die im Tagesgeschäft anfallenden vielfäl-
tigen Fragestellungen eigenständig und flexibel reagieren kön-
nen. Die notwendige Koordination erfolgt über Zielvorgaben in
Führungskräftevergütung: Controller als
Counterpart für das Personalmanagement
Von
Prof. Dr. Barbara E. Weißenberger
,
Dr. Sebastian Wolf
(Universität Gießen) und
Gunnar Elbers
(CTcon GmbH)
Verbindung mit der Zuweisung von Ressourcen, z. B. in Form
von Kosten- bzw. Kapitalbudgets, aber auch von Personalver-
antwortung.
Das Zusammenspiel von Anreiz und Beitrag
Das Konzept der dezentralen Führung ist untrennbar mit den
Gedanken der Anreiz-Beitrags-Theorie verbunden. Demnach
sind die dezentralen Führungskräfte nur dann bereit, Ziel­
vorgaben zu befolgen („Beitrag“), wenn dies mit einem extrin-
sischen Effekt („Anreiz“) verbunden ist, der typischerweise
über Incentivierungssysteme gegeben wird. Auch wenn ein
einfaches mechanistisches Umsetzen dieses Konzepts in den
vergangenen Jahren zu Recht kritisiert worden und auf die
Bedeutung intrinsischer Motivation bzw. von Crowding-Out-
Effekten hingewiesen worden ist (vgl. z. B. Rost/Osterloh, 2009,
S. 119 ff.), sind Anreizsysteme immer noch ein unstrittiges
Element der Unternehmensführung.
Über den Motivationskontext hinaus stellen Anreizsysteme
nämlich auch ein bedeutsames Kommunikationsinstrument
dar, mit dem die Unternehmensleitung überhaupt erst das Au-
genmerk der dezentralen Führungskräfte auf die gewünschten
Ziele bzw. Handlungsrahmen lenkt. Schließlich sollen im Sinne
einer optimalen Personalselektion leistungsfähige Führungs-
kräfte attrahiert bzw. im Unternehmen gehalten werden, die
sich selbst in der Lage erachten, die mit dem Anreizsystem
verbundenen Zielvorgaben erfolgreich umzusetzen.
Praktisch erfolgt die Gestaltung von Anreizsystemen über
variable Vergütungssysteme. Der Beitrag ist demnach die Aus-
prägung einer Performance-Größe in Relation zu einer Soll-
vorgabe, der Anreiz die damit verbundenen monetären (und
teilweise auch nichtmonetären) Vergütungskomponenten.
Diese können von „einfachen“ Barprämien bis hin zu mehrpe-
riodischen Bonusbankplänen reichen, aber auch Sachbezugs-
werte, z. B. Aktien oder Optionen, beinhalten und im Einzelfall
bis hin zu sogenannten Cafeteria-Systemen ausgestaltet wer-
den. Auch der funktionale Bezug zwischen Performance-Er-
gebnis und variabler Vergütung kann unterschiedlich komplex
sein.
Häufig findet man jedoch lineare Zusammenhänge zwi-
schen Bonus und Zielerreichung, wobei vielfach ein Mindest-