Seite 30 - PERSONALquarterly_2013_01

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Schwerpunkt
_Frauen im Management
multidimensional operationalisiert – anhand objektiver Krite-
rien wie Gehaltsgruppe, Projektverantwortung, Delegations-
möglichkeit und Führungsverantwortung sowie anhand einer
subjektiven Einschätzung im Vergleich zu wichtigen beruf-
lichen Referenzpersonen (Abele/Spurk, 2009). Die Ergebnisse
der hierarchischen moderierten Regressionsanalysen geben
erste Hinweise darauf, warum Frauen – trotz vergleichbarer
Bemühungen im Hinblick auf Aspekte wie Networking und
Sichtbarkeitsbemühung – auf wissenschaftlichen Spitzenpo-
sitionen so deutlich unterrepräsentiert sind. Die Feinanalysen
unter Berücksichtigung des Geschlechts als moderierende Va-
riable auf die untersuchten Zusammenhänge verdeutlichen,
dass einige der Erfolgsfaktoren für die männlichen Wissen-
schaftler eine eher positive Wirkung entfalten, dies jedoch
nicht unbedingt für die weiblichen Wissenschaftler der Fall
ist (Fay/Hüttges, in prep).
In Abbildung 2 wird beispielsweise illustriert, dass der Kar-
rierefortschritt nach einem Jahr für Männer nicht von ihren
Bemühungen um Sichtbarkeit (von Stebut, 2003) abhängt,
Frauen aber stark darauf angewiesen sind, um in ihrer Kar-
riereentwicklung zu den männlichen Kollegen wenigstens
aufzuschließen. In Abbildung 3 ist ferner an einem zweiten
beispielhaften Zusammenhang schematisch dargestellt, dass
Frauen von intensivem Networking-Verhalten sogar Nachteile
in Bezug auf ihren Karrierefortschritt im Laufe eines Jahres
davontragen, während ihre männlichen Kollegen klar davon
profitieren.
Individuelle Karriereunterstützung ohne Nebenwirkungen
One size fits all? In Bezug auf die Unterstützung weiblicher
und männlicher (Wissenschafts-) Karrieren muss diese Fra-
ge mit Blick auf die empirischen Befunde des Projekts ver-
neint werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die empirisch
herausgearbeiteten erfolgsförderlichen Faktoren aus der
„Contest-Mobility“-Perspektive und der „Sponsored-Mobility“-
Perspektive geschlechterdifferente Wirkungen in Bezug auf
den Karriereerfolg entfalten. Daher sollte Karriereunterstüt-
zung durch die Führungskräfte des Unternehmens mit Au-
genmaß und passend zur persönlichen Situation konzipiert
werden. Frauen in der Wissenschaft profitieren vor allem von
Bemühungen, sich „sichtbar“ zu machen durch Publikationen,
Vorträge und Gutachtertätigkeit im Fachgebiet. Das können
Führungskräfte und Mentoren gezielt befördern. Für männ-
liche Wissenschaftler ist das verstärkte Bemühen um Sicht-
barkeit hingegen nicht erforderlich, um Karriere zu machen.
Erstaunlicherweise kann ein Zuviel an bestimmten karriere-
bezogenen Verhaltensweisen bei Frauen jedoch unerwünschte
Nebeneffekte produzieren, wie das Beispiel Networking auf-
zeigt. Möglicherweise wird ein allzu offensives Netzwerken
als Verletzung von typisch weiblichen Geschlechtsrollener-
wartungen wahrgenommen. Die Forschungsliteratur spricht
von einem „Backlash-Effekt“, wenn vom Geschlechtsstereotyp
abweichende Verhaltensweisen negativ sanktioniert werden
(Rudman/Phelan, 2008).
Personalverantwortliche und Führungskräfte sollten für
diese Nebenwirkungen von Karrierebemühungen bei Frauen
sensibel sein: High-Potentials treten etablierten Führungskräf-
ten früher oder später zwangsläufig „auf die Füße“. Dies darf
nicht dazu führen, dass Männer als Macher aufsteigen und
Frauen als Nervensägen abgestempelt werden. Unternehmen
– wissenschaftsorientierte wie solche der freien Wirtschaft –
die ihre weiblichen Hoffnungsträger auf diese Art und Weise
frustrieren, verschenken wertvolles Humankapital.
Abb. 2:
Einfluss von Sichtbarkeitsbemühung und Ge-
schlecht auf den Karrierefortschritt nach 1 Jahr
Quelle: Eigene Darstellung.
geringe Sichtbarkeit
hohe Sichtbarkeit
6
5
4
3
2
1
0
Männer
Frauen
Abb. 3:
Einfluss von Networking und Geschlecht auf
den Karrierefortschritt nach 1 Jahr
wenig Networking
viel Networking
6
5
4
3
2
1
0
Männer
Frauen
Quelle: Eigene Darstellung.