Seite 27 - PERSONALquarterly_2013_01

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rotz zahlreicher politischer und wirtschaftlicher An-
strengungen sind Frauen auf mittleren und höheren
Managementebenen auch heute noch deutlich unter-
repräsentiert. Dies trifft neben der Privatwirtschaft
ebenso auf öffentliche Einrichtungen und den Wissenschafts-
bereich zu.
Eigene Erhebungen von Personaldaten zeigen, dass im Jahr
2008 lediglich 14 % aller Professuren an außerhochschulischen
Forschungseinrichtungen weiblich besetzt waren (Dautzen-
berg/Fay/Graf, 2011). Im Vergleich dazu traf dies im gleichen
Jahr immerhin auf 17 % der Professuren an Universitäten zu.
Dabei haben sich Frauen längst die Wissenschaft durch erfolg-
reiche Studienabschlüsse und Promotionen auch in naturwis-
senschaftlichen Fächerdisziplinen erobert.
Noch bleibt im Dunkeln, welche Mechanismen die wissen-
schaftlichen Karrieren von Frauen viel zu oft zum Stillstand
bringen und Frauen noch zu selten auf verantwortungsvolle,
attraktiv vergütete Spitzenpositionen imWissenschaftsbetrieb
vorrücken lässt.
Der Beitrag beschäftigt sich mit geschlechterdifferenten
Karriereverläufen auf dem Weg zur Professur und überprüft
dabei erstens, inwieweit sich Frauen und Männer hinsichtlich
theoretisch fundierter Erfolgsfaktoren für den beruflichen
Aufstieg unterscheiden und zweitens, welche geschlechterdif-
ferenten Effekte diese Erfolgsfaktoren für den wissenschaft-
lichen Karriereerfolg von Frauen und Männer haben. Damit
sollen die Gründe für die weibliche Unterrepräsentanz auf
wissenschaftlichen Spitzenpositionen besser verstehbar ge-
macht und praktische Handlungsansätze zur Unterstützung
weiblicher Karrieren abgeleitet werden.
„Contest Mobility“: Aufstieg durch freien Wettbewerb
Nach Turner (1960) kann beruflicher Aufstieg durch zwei
gegensätzliche klassische Karrieremodelle erklärt werden:
„Contest Mobility“ vs. „Sponsored Mobility“. Aus der „Contest-
Mobility“-Perspektive gleicht beruflicher Aufstieg einem freien
Wettbewerb mit fairen Spielregeln.
Beruflicher Erfolg hat demnach die Person, die durch ihre
beruflichen Leistungen und ihren Arbeitseinsatz den höchs­
ten Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele leistet. Die
One size fits all? Erfolgsfaktoren für männliche
und weibliche Karrieren
Von
Prof. Dr. Annett Hüttges
(Medical School Berlin – Hochschule für Medizin und Gesundheit)
und
Prof. Dr. Doris Fay
(Universität Potsdam)
wichtigste „Aufstiegswährung“ stellt dabei das Humankapital
dar, also alle karriererelevanten Fähigkeiten, Fertigkeiten und
Wissensbestände, über die eine Person verfügt. Dazu zählen
auch die beruflichen Leistungen einer Person, das wöchent-
liche Arbeitspensum und die Konkretheit der individuellen
strategischen Karriereplanung.
Im Wissenschaftskontext zählen Publikationen in hochran-
gigen Zeitschriften im „Peer-reviewed“-Verfahren, Beiträge auf
Tagungen und Kongressen sowie das aktive Einwerben von
Drittmitteln zu den Arbeitsleistungen mit der höchsten Karrie­
rerelevanz (Hüttges/Graf/Schmid/Fay, 2011; siehe auch Fay/
Hüttges/Graf, 2013).
Zieht man das Karrieremodell der „Contest Mobility“ heran,
um die weibliche Unterrepräsentanz in Spitzenpositionen zu
erklären, sollten sich Männer und Frauen in ihrem Humanka-
pital und ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit bedeutsam von-
einander unterscheiden. Für diese These lässt sich empirisch
jedoch keine Unterstützung finden: Roth/Purvis/Bobko (2012)
zeigten in ihrer aktuellen Meta-Analyse, dass weibliche Mit-
arbeiter von ihren Führungskräften im Durchschnitt sogar
leistungsfähiger beurteilt werden als männliche Mitarbeiter.
Obwohl Frauen also beim Humankapital leicht die Nase vorn
haben, können sie diese Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wis-
sensbestände weniger gewinnbringend in den persönlichen
Karrierefortschritt einbringen.
So fanden Ng/Eby/Sorensen/Feldman (2005) in ihrer Meta-
Analyse geschlechterdifferente Zusammenhangsstärken zwi-
schen unterschiedlichen Indikatoren des Humankapitals auf
der einen Seite und dem Karriereerfolg auf der anderen Seite.
Konkret war der Zusammenhang zwischen dem Ausbildungs-
niveau bzw. dem wöchentlichen Arbeitspensum und dem
weiblichen Karriereerfolg über viele Studien hinweg stärker
ausgeprägt im Vergleich zum männlichen Karriereerfolg.
Die Autoren der Meta-Analyse interpretieren die ge-
schlechtsspezifischen Zusammenhangsstärken zwischen
diesen „Contest-Mobility“-Erfolgsfaktoren und dem Karrie­
reerfolg als Beleg dafür, dass weiblicher Aufstieg stärker an
exzellente Leistungen als Voraussetzung geknüpft ist als
männlicher Aufstieg. Gleiche Wirkmechanismen für alle?
Scheinbar nicht.
Schwerpunkt
_FRauen im Management