Seite 22 - PERSONALquarterly_2013_01

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Schwerpunkt
_Frauen im Management
W
enige Themen haben in den letzten Monaten ei-
ne derartige mediale Aufmerksamkeit erhalten
wie die Frage nach den Aufstiegsmöglichkeiten
von Frauen im Management. Politisch wurden
unterschiedliche gesetzliche Drohszenarien aufgebaut, über
Familie und Beruf sinniert und der weitere Ausbau der Kin-
derbetreuung gefordert. In Unternehmen werden spezielle
Mentoringprogramme für Frauen ausprobiert und Zeichen
gesetzt, indem Vorstandsposten mit Frauen besetzt und für
Frauen geschaffen werden. Der Grund dafür ist einfach und
lässt sich mit Thomas von Aquin provokant pointieren. Tho-
mas von Aquin, der große Scholastiker und Begründer der
christlichen Sozialethik, schrieb einmal über das Verhältnis
von Mann und Frau und Gott: „Mit Bezug auf die Geistnatur,
findet sich sowohl im Manne als auch in der Frau ein Bild
Gottes vor ... Mit Bezug auf etwas Zweitrangiges liegt freilich
im Manne ein Ebenbild Gottes vor, wie es sich im Weibe nicht
findet. Denn der Mann ist Ursprung und Ziel des Weibes, wie
Gott Ursprung und Ziel der gesamten Schöpfung ist“ (Thomas
von Aquin, Summa theol. Iq 93a 4 ad I). Wenn man unter-
stellt, dass Thomas von Aquin eine prägende Wirkung auf die
Ausbildung christlich abendländischer Werte hatte und wenn
man zu diesen Aussagen die unzähligen Bibelstellen des Al-
ten und Neuen Testaments addiert, die ähnliche Rollenfestle-
gungen vornehmen, dann wird deutlich: Beim Thema Frauen
ins und im Management ist es nicht mit Quotenregelungen
oder Kindergartenplätzen getan. Zu tief kulturell verankert
sind Wertzuschreibungen und Rollenmuster, als dass sie mit
bloßer Einzelmaßnahmenmakulatur aufgebrochen werden
könnten.
Daraus leitet sich die Fragestellung ab, mit der sich der
folgende Beitrag beschäftigt: Welche Frauenförderung hilft
Frauen tatsächlich ins bzw. imManagement? Wie ist eine Frau-
enförderung zu praktizieren, die auch die kulturell geprägten
Deutungsmuster berücksichtigt?
Sozialisierter Wertekanon ist prägend
Das theoretische Fundament der Ausführungen bilden kon-
struktivistisch-wissenssoziologische Überlegungen in An-
lehnung an Berger/Luckmann, die davon ausgehen, dass
Frauen im/ins Management: Ansätze für
einen kulturellen Veränderungsprozess
Von
Dr. Sascha Armutat
und
Lena Steinhäuser
(Deutsche Gesellschaft für Personalführung e. V., Düsseldorf)
Individuen durch gesellschaftliche Sozialisations- und Inter-
nalisierungsprozesse vorbewusste mentale Muster ausbilden,
die einen maßgeblichen Einfluss darauf haben, was und wie
Sachverhalte zu einer wahrgenommenen Wirklichkeit werden.
Dieses gesellschaftlich mentale Muster – nach Schütz: Deu-
tungsmuster (Schütz, 1974) – disponiert, was für Individuen in
einem gesellschaftlichen Kontext wirklich ist, und was nicht.
(Berger/Luckmann, 1969/1987).
Unterstellt man, dass die von Vordenkern wie u. a. den zi-
tierten Thomas von Aquin beeinflussten christlich abendlän-
disch geprägten Gesellschaften einen spezifischenWertekanon
ausgebildet haben, dann lässt sich mit Berger und Luckmann
folgern, dass sich dieser Wertekanon als zentrale Sozialisati-
onsbedingung nachhaltig auf die Deutungsmuster der inner-
halb dieses Kontextes sozialisierten Individuen ausgewirkt hat
und weiterhin auswirken wird.
Das hat Folgen für die wahrgenommene Wirklichkeit und
ist eine Begründung dafür, dass trotz der vielen Einzelmaß-
nahmen zur Erreichung von Chancengleichheit von Frauen
und Männern im Management die Frauen dennoch ab einer
bestimmten Managementebene an eine gläserne Decke stoßen.
Ein Beleg dafür ist die Elitestudie von Buß, der explizit die
konservativ-christlich geprägte Grundhaltung im Topmanage-
ment herausarbeitet (Buß, 2007).
Kombiniert man dieses Faktum mit der von Hartmann im
Rahmen des Habitusansatzes attestierten Selbstähnlichkeit als
Mechanismus der Elitenrekrutierung (Hartmann, 2002), dann
ist eine seltenere Berücksichtigung von Frauen bei Berufungen
ins Topmanagement auf diese Weise wissenssoziologisch er-
klärbar.
Das konkrete Forschungsprojekt
Um vor dem Hintergrund dieser wertmäßigen Prägungen
zu Erkenntnissen über Ansatzpunkte für die Förderung von
Frauen im und ins Management zu kommen, wurde ein quali-
tatives Forschungsdesign gewählt: Für das pragmatische An-
liegen wurde die moderierte, ermittelnde Gruppendiskussion
als qualitative Erhebungstechnik eingesetzt (Lamnek, 1995).
In vier Expertenworkshops erarbeiteten über 40 Personal-
verantwortliche aus über 30 Unternehmen Handlungshilfen,