Seite 20 - PERSONALquarterly_2013_01

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Schwerpunkt
_Frauen im management
in solchen, die gemeinhin als für Mädchen untypisch gelten.
Biografisch früh verinnerlichen sie so die Überzeugung, dass
es gut ist, genuin eigene Ideen in die Tat umzusetzen. Zu den
Handlungsmaximen, die während der Kindheit und Jugend
im Kontext der Familie vermittelt werden, zählen ganz zen-
tral auch die Erwartungen an die spätere berufliche Position.
Wie das folgende Zitat einer Repräsentantin dieses Typs zeigt,
geschieht dies zuweilen in einer spielerischen Art und Weise:
„Wenn ich zum Beispiel zu meinem Opa gesagt hätte, du, ich
hab eine Idee, ich möchte gern viele Länder kennenlernen,
ich werde Stewardess. Äh dann bekommen Sie so die Antwort
von meinem Opa: Nee, Kapitän, du willst doch nicht irgendwie
ne bessere Serviererin werden? Also ich bin schon in diesem
­Bewusstsein großgezogen worden, etwas extrem Besonderes
zu sein.“ Neben hohen Erwartungen an die Fortführung und
Pflege des kulturellen Erbes der Familie sowie an die Repro-
duktion des Status der Familie beinhalten diese sozialisato-
risch „unter die Haut“ gehenden Maximen nicht zuletzt das
Gebot, beruflich nicht enttäuschen zu dürfen.
Reich ausgestattet an habituellen Ressourcen, die eine
erfolgreiche Bewältigung bereits früher, etwa schulischer
Bewährungsproben massiv erleichtern, sehen sich diese Füh-
rungsfrauen schon in ihrer Jugend in der Güte ihres Tuns und
ihrer Person bestätigt. So entwickeln sie gegenüber den Din-
gen der Welt eine unaufgeregte, von hohem Selbstvertrauen
gekennzeichnete Grundhaltung, die eine coole, dezidierte
Bewältigung von sich stellenden Bewährungsproben auch im
späteren Berufsleben nachhaltig begünstigt.
Karriere durch Herstellung von Passfähigkeit:
Führungs-
frauen des Typs „Karriere durch Herstellung von Passfähig-
keit“ stammen demgegenüber aus an Kapitalien ungleich
weniger begüterten Milieus. Es sind dies typischerweise Her-
kunftskonstellationen kleinbürgerlicher Prägung, die von uti-
litaristischen Denkstilen gekennzeichnet sind. Hier wird die
Affinität für einen Handlungsmodus überliefert, der sich an
Gesichtspunkten der Zweck-Mittel-Rationalität orientiert. Sei-
tens der Eltern ist – in der Regel in der väterlichen, zuweilen
auch in der mütterlichen Linie – eine soziale Aufstiegsmobilität
auszumachen, die sich bei den Führungsfrauen dieses Typs
fortsetzt. Im Kontext der Primärsozialisation wird ihnen ver-
mittelt, dass Arbeitstugenden wie Fleiß und Pflichtbewusstsein
unabdingbare Voraussetzungen beruflicher Bewährung sind,
wobei dem ideellen Raum des beruflich Denkmöglichen im
Herkunftsmilieu vergleichsweise enge Grenzen gesetzt sind.
Entsprechend ist für die Entwicklung des dezidierten Willens
dieser Führungsfrauen, „Karriere zu machen“ (und damit den
eher rigiden Normalitätsrahmen der Herkunftsfamilie in qua-
litativer und positionaler Hinsicht zu sprengen), nicht selten
eine als bewundernswert erachtete und für nachahmungswert
befundene Identifikationsfigur aus einem außerfamiliären
Kontext von entscheidender Bedeutung. Dabei kann es sich,
wie im folgenden Zitat einer Spitzenkraft dieses Typs (die in
eher bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen ist) deutlich
wird, auch um eine nur flüchtige Begegnung mit einer Er-
folg ausstrahlenden Frau handeln. Die Managerin erzählt aus
einem Urlaubserlebnis ihrer Kindheit: „Der Sportwagen ja, der
stand da und in dieses Auto stieg eine total schicke Frau ein
und fuhr weg. Und dann hab ich mir gedacht: Wie kommt man
dahin? [...] Irgendwie war das ein Schlüsselerlebnis, ja? Dass
ich dachte, diese Frau, die in dieses Auto einsteigt, die toll aus-
sah, das hat sich irgendwie bei mir eingeprägt.“
Wie gezeigt werden konnte, orientieren sich diese Frauen
auch auf ihrem weiteren beruflichen Weg immer wieder an
äußeren Erfolgsparametern, wenn es darum geht, mit Blick
auf eine berufliche (nächsthöhere) Position „Passfähigkeit“
herzustellen – dies um den Energie zehrenden Preis, einmal
verinnerlichte Handlungsroutinen immer wieder von Neuem
überwinden zu müssen.
Abb. 1:
Schematische Darstellung der sozialen Bedingtheit einer
beruflichen Bewährungsstrategie
Quelle: Eigene Darstellung
Interaktionen in der Primär-
und Sekundärsozialisation
(Berufs-)Biografische
Erfahrungen
Habitus
Hintergrund-
überzeugungen,
Antriebsstruktur
Modus Operandi
der Berufspraxis
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