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Des Weiteren gehen die Fälle, die diesen Typus repräsentie-
ren, stillschweigend von der Deckungsgleichheit von privater
Person und beruflicher Sache aus: Die hervorragende Qua-
lität des beruflichen Tuns ergibt sich, so die selbstbezogene
Hintergrundannahme, schlicht aus der Qualität der eigenen
Persönlichkeit. Damit verbindet sich, dass objektive Erfolgs-
maßstäbe für sie eine geringe Bedeutung haben. Sich von der
Notwendigkeit äußerer Anreize distanzierend, gehen diese Füh-
rungsfrauen ihren Weg, ohne auf kurzfristige Beweismomente
beruflicher Bewährung zu schielen. Vielmehr agieren sie aus
der subjektiven Gewissheit heraus, sich à la longue als ganze
Person selbst verwirklichen und dabei einen Aufstieg an die
Spitze der Wirtschaft realisieren zu können. Wie später noch
dargelegt, bringen diese Frauen milieu- beziehungsweise sozia
lisationsbedingt auch die besten Voraussetzungen hierfür mit.
In vielerlei Hinsicht kontrastiert der zweite Typus, auf den im
Folgenden eingegangen wird, maximal mit dieser Bewährungs-
strategie.
Karriere durch Herstellung von Passfähigkeit
Frauen, bei denen sich die Bewährungsstrategie „Karriere
durch Herstellung von Passfähigkeit“ ausmachen ließ, schil-
dern ihren beruflichen Werdegang typischerweise als eine
Überwindungsgeschichte, als eine Abfolge symbolischer, ha-
bitueller Entgrenzungen, die erst allmählich zur Passfähigkeit
mit der schließlich erreichten Spitzenposition führte. Ein wie-
derkehrendes, zentrales Motiv ist die schrittweise Ausweitung
von ursprünglich als unabänderlich angenommenen Möglich-
keitsräumen des beruflich Machbaren, sowohl in inhaltlich-
sachbezogener als auch – ja insbesondere – in positionaler
Hinsicht. Konträr zu den Repräsentantinnen des ersten Typs
kann hier von einer expliziten Bewährungsstrategie gespro-
chen werden: Diese Führungsfrauen betonen ausdrücklich,
eine Karriere angestrebt zu haben. Ihr Ziel verfolgen sie mit
großer Anstrengung und ausgeprägter Beflissenheit, ihrer je-
weiligen Stellung im Unternehmen entsprechend herausra-
gende Arbeit zu leisten, um dadurch möglichst aufzufallen.
Insoweit ist das berufliche Handeln der Frauen dieses Typs
von einer Art Not zum gelungenen „Impression Management“
gekennzeichnet und zielt – vor allem in der berufsbiografischen
Frühphase – auf die Herstellung von Sichtbarkeit ab. Po
sitionale Aufstiege in der Unternehmenshierarchie erscheinen
diesen Frauen als immer wieder von Neuem schwierige, sie zu-
nächst überfordernde Bewährungsproben, die den jeweiligen
Rahmen des zum betreffenden Zeitpunkt subjektiv Denkmög-
lichen sprengen. Gleichsam sich selbst überwindend, packen
sie diese Herausforderungen indes frontal an – dabei getragen
von einem grundlegenden habituellen Optimismus. Diese Füh-
rungsfrauen weisen einen ungleich weniger gelassenen Modus
der Bewältigung von sich stellenden Aufgaben auf, als dies bei
jenen des ersten Typs der Fall ist. Sie verfügen aber über eine
Reihe von kognitiven und praktischen Strategien, von denen
sie sich den nötigen Halt versprechen: Zuvorderst zu nennen
ist hier, dass sie sich stark an den institutionellen Anforde-
rungsstrukturen ihres jeweiligen Bewährungsorts orientieren
und einen beträchtlichen Anteil ihrer Energie darauf verwen-
den, die Einheit von Person und Sache sich selbst genauso wie
anderen gegenüber zu plausibilisieren respektive sichtbar zu
machen. Damit geht einher, dass der eigene Werdegang in den
Kategorien des beruflich-unternehmensspezifischen Anforde-
rungsprofils gedacht wird. Dieser Typ Frau neigt zu Techniken
einer permanenten Selbstoptimierung in Richtung der jeweils
neu sich stellenden funktionalen Erfordernisse. Dies manifes
tiert sich in ihrem hohen Kontrollbedürfnis, das seinen Aus-
druck zum einen in einer laufenden Selbstbefragung mit Blick
auf mögliche Handlungserwartungen an ihre Person findet
(Was will man von mir als Führungskraft?), zum anderen in
einer gesteigerten Aufmerksamkeit auch gegenüber dem, was
andere tun (Werden meine Weisungen auch wirklich umge-
setzt?). Auch versprechen sich diese Führungsfrauen eine sie
bestätigende Spiegelung des eigenen beruflichen Reüssierens
an objektiven Erfolgsparametern wie Unternehmenskenn-
zahlen oder in Zielvereinbarungen festgelegten Werten.
Schließlich konnte rekonstruiert werden, dass bei diesen
Frauen, die typischerweise über einen ausgeprägten Werk-
sinn, das heißt, einen starken Willen zu guter, solider Arbeit
verfügen, gerade dann Handlungsunsicherheiten und Entfrem-
dungsgefühle auftreten, wenn sich – im Zuge eines positio-
nalen Aufstiegs – ihr Aufgabenspektrum in Richtung (noch)
abstrakterer Tätigkeiten erweitert. Hier haben wiederum Ver-
trauensbeziehungen zu Mitarbeitenden eine wichtige Stabili-
sierungsfunktion. Alles in allemweist die Bewährungsstrategie
diesen Typs – wiederum konträr zu derjenigen des ersten Typs,
die stark innengeleitet ist und auf subjektiven Gewissheiten
ausruht – eine ausgeprägte Außenorientierung auf.
Zur Genese der beiden Bewährungsstrategien
Nachdem die beiden Strategien beruflicher Bewährung umris-
sen sind, soll nun kurz erörtert werden, aus welchen sozialisa
torischen Ausgangsbedingungen und welchen biografischen
Erfahrungen diese hervorgehen (siehe Abb. 1).
Spitzenposition durch präformierte Passung:
Mit Blick auf
Führungsfrauen des Typs „Spitzenposition durch präformierte
Passung“ ist zunächst festzuhalten, dass in deren Herkunfts-
familien ein hohes Volumen an kulturellen, sozialen und
ökonomischen Kapitalien vorhanden ist. Typischerweise stam-
men sie aus ökonomisch konsolidierten, bildungsbürgerlich
geprägten Milieus, wobei ein Elternteil – zumeist der Vater
– eine beruflich herausgehobene Position bekleidet, die mit
hohem gesellschaftlichem Ansehen verbunden ist. Von klein
auf werden die Repräsentantinnen dieses Typs in ihren spe-
zifischen Interessen unterstützt und gefördert – gerade auch