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Schwerpunkt
_Frauen im ManAgement
S
eit dem Inkrafttreten einer gesetzlichen Frauenquote
für Aufsichtsräte in börsennotierten Unternehmen in
Norwegen im Jahr 2008 und einer entsprechenden frei-
willigen Initiative der Deutschen Telekom im Jahr 2010
entbrannte eine vor allemmedial geführte Debatte über Notwen-
digkeit oder Nutzen verbindlicher Vorgaben für Frauenanteile im
Management. Dreh- und Angelpunkt der Diskussion sind dabei
die Fragen, ob die aktuelle Entwicklung dieser Kennziffer ange-
messen ausfällt und wie welche weiteren Fortschritte – mit oder
ohne gesetzlichen Quote – erzielt werden könn(t)en.
Ziel dieses Beitrags ist es, eine Objektivierung der sonst von
persönlichen oder politischen Standpunkten geprägten De-
batte vorzunehmen und hierzu eine Reihe unterschiedlicher
Blickwinkel zu kombinieren. Dabei ist anzumerken, dass die
singuläre Annahme, dass sich Fortschritt nur oder in erster
Linie an einer Erhöhung des Frauenanteils in Führungsposi-
tionen ausdrückt, einer Grundsatzdiskussion bedarf, die aus
Platzgründen allerdings an dieser Stelle nicht geführt werden
kann. Auch die wegen grundlegend verschiedener Besetzungs-
verfahren notwendige Unterscheidung der Betrachtungen von
Frauenanteilen in Führungspositionen (verschiedene Ebenen),
in Vorständen/Geschäftsführungen oder in Aufsichtsgremien
kann hier nicht erfolgen.
Prüfung der Wirksamkeit gesetzlicher Regelungen
Um in einem ersten Schritt einen Indikator für die (Aus-)Wir-
kung gesetzlicher Regelungen zu erhalten, werden zunächst
die Entwicklungen der Frauenanteile in Führungspositionen
in der Privatwirtschaft und in der öffentlichen Verwaltung mit-
einander verglichen. Einen guten Anhaltspunkt erhalten wir
durch einen Vergleich des durch das Bundesgleichstellungsge-
setz (BGleiG) regulierten Bereichs der öffentlichen (Bundes-)
Verwaltung mit der Privatwirtschaft, die sich bereits Anfang
der 2000er-Jahre zu Fortschritten selbst verpflichtet hat. Kon-
kret erscheint der Vergleich der obersten Bundesbehörden mit
den von Hoppenstedt als solche klassifizierte Großunterneh-
men sinnvoll und als einziger näherungsweise valide. Für bei-
de Gruppen sind Daten der letzten zehn Jahre verfügbar, und
zwar von der Bundesregierung selbst (BMFSFJ, 2010) und vom
Spezialisten für Wirtschaftsdaten Hoppenstedt. Die Daten zu
Mythos Quote – Widerstände und Wege zu
mehr Frauen in Führungspositionen
Von
Michael Stuber
(Ungleich Besser Diversity Consulting)
Frauen in Führungspositionen stammen aus dem Direktkon-
takt des Autors mit dem Unternehmen.
Bundesbehörden:
In den Leitungsfunktionen der obersten
Bundesbehörden stieg der Frauenanteil von 19 % im Jahr 1999
über 24 % (2004) auf 30 % im Jahr 2009 (BMFSFJ, 2010, 18,
28). Dies ergibt eine durchschnittliche absolute Steigerung von
1,1 % pro Jahr. Ein differenzierter Blick nach Leitungsebenen
zeigt, dass der Anteil mit steigender Hierarchieebene abnimmt:
Während 23 % der Referatsleitungen und 18 % der Unterabtei-
lungsleitungen weiblich besetzt sind, sinkt der Anteil unter
den Abteilungsleitungen auf 14 % (der drittniedrigste Wert
in der EU15) und bei den Staatssekretärinnen auf 3 %. In den
nachgeordneten Behörden sind Frauen häufiger in leitenden
Funktionen vertreten: Von 24 % auf der untersten bis zu 16 %
auf der höchsten Ebene (BMFSFJ, 2010, 32).
Privatwirtschaft:
Für die Privatwirtschaft ergibt sich bei
Großunternehmen im selben Zeitraum folgendes Bild:
Der Gesamtanteil an Frauen in Führungspositionen stieg von
6 % im Jahr 1999 über 9 % (2004) auf 13 % (2009) an. Die durch-
schnittlicheabsoluteSteigerungbeträgtdemzufolge0,7%pro Jahr.
Die Betrachtung der unterschiedlichen Führungsebenen liefert
das gleiche Bildwie imöffentlichenDienst:Während immittleren
Management 17 % der Führungspositionen mit Frauen besetzt
sind, sinkt der Anteil im Topmanagement auf 6 %. Mittelstän­
dische Unternehmen weisen sowohl insgesamt im Management
(20 %) als auch nach Ebenen (mittleres Management 31 %, oberes
Management 11 %) höhereWerte auf – dies ist konsistent mit dem
oben genannten Ergebnis für nachgeordnete Bundesbehörden.
Der Vergleich der absoluten Zahlen zeigt zunächst, dass
der Frauenanteil in der öffentlichen Verwaltung im gesam­
ten Zeitraum deutlich über dem der Privatwirtschaft liegt
(sie­he Abb. 1). Allerdings schwanken die Werte zwischen den
­verschiedenen Bundesbehörden (nach Ressorts) wie auch
zwischen den Großunternehmen (nach Branchen) erheblich.
Grund hierfür sind die unterschiedliche Anziehungskraft auf
und die verschiedenen Präferenzen von Frauen und Männern
für die jeweiligen Arbeits(um)felder. Als Grundphänomen
wird diese Varianz in Expertenkreisen akzeptiert und damit
auch die Tatsache, dass in manchen Konzernen mehr Frauen
in Führungspositionen zu finden sind als in manchen Minis­