Seite 53 - PERSONALquarterly_2012_04

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men und geben eine für den Aktienhandel öffentlichen Kauf­
empfehlungen ab. Das Neue an der Untersuchung ist, dass die
Forscher erstens beobachten können, welche Empfehlungen die
Analysten abgeben; zweitens, ob sie während des Zeitraums in
ein „Board of Directors“ berufen werden; drittens, ob und welche
Empfehlungen die Analysten für ein Unternehmen abgeben, in
dessen „Board of Directors“ sie nun saßen. Die Autoren verglei-
chen die Empfehlungen der Analysten, die ins Board of Direc-
tors berufen werden, mit den Empfehlungen von Analysten für
dasselbe Unternehmen, die nicht berufen werden. Das Ergebnis:
Unternehmen berufen die Analysten, die das Unternehmen in
der Vergangenheit besonders freundlich und positiv beurteilt
haben. Ein weiteres Ergebnis: Diejenigen Analysten, die ins
Board berufen werden, haben in der Vergangenheit häufiger
falsche Kaufempfehlungen gegeben als der Marktdurchschnitt.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass allein die Forderung
nach Unabhängigen in Leitungsgremien noch keine wirksame
Interessenvertretung von Aktionärsinteressen gewährleistet.
Unternehmen berufen eher „Cheerleader“ als wirklich fähige
Mitarbeiter. Auch wird deutlich, dass die Karrieregeschichte
von Mitgliedern in Leitungsgremien offenbar größeren Erklä-
rungsgehalt für die Unterschiede in den Führungsstrukturen
von Unternehmen hat, als bisher angenommen.
Besprochen von
Rainer Michael Rilke
, Seminar für ABWL,
Un­ter­nehmensentwicklung und Wirtschaftsethik, Universität zu
Köln
D
ie Zusammensetzung der Aufsichtsgremien von Un-
ternehmen wird öffentlich diskutiert, aber auch in
den Wirtschaftswissenschaften. In Letzteren sind
sowohl soziodemografische Merkmale von Mandats-
trägern von Interesse als auch ihre Karriereverläufe. In den
USA sitzen neben den Unternehmensmanagern im „Board of
Directors“ auch vermeintlich unabhängige Mitglieder als Ver-
treter der Anteilseigner. In der Studie wird gefragt, ob diese
unabhängigen Mitglieder tatsächlich unabhängig sind und so
eine wirksame Interessenvertretung gewährleistet ist. Deshalb
sammelten die Forscher über acht Jahre lang Daten über das
Verhalten von Aktienanalysten. Diese begutachten Unterneh-
Folgende internationale Zeitschriften verfolgen wir
für Sie regelmäßig.
3
Academy of Management Journal
3
American Economic Review
3
Human Resource Management
3
Human Resource Management Review
3
Journal of Applied Psychology
3
Journal of Labor Economics
3
Journal of Organizational Behavior
3
Journal of International Business Studies
3
Journal of Political Economy
3
Management Science
3
Personnel Psychology
3
Quarterly Journal of Economics
3
Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie
Unser Rezensenten-Team wird darüber hinaus an dieser Stelle
auch richtungsweisende Veröffentlichungen aus weiteren Publi-
kationen darstellen.
Neues aus Top-Journals
Sind unabhängige Gremien
wirklich unabhängig?
Lauren Cohen
(Harvard Business School),
Andrea Frazzini
(AQR
Capital Management) &
Christopher J. Malloy
(Harvard Business
School). Hiring Cheerleaders: Board Appointments of „Indepen-
dent“. Directors Management Science, Vol. 58, No. 6 (June 2012),
1039-1058.
können: Vom absichtlichen Zuspätkommen zur wiederholten
Abwesenheit bis hin zum Verlassen des Unternehmens.
Für die Personalpraxis bedeutet dieser Verlauf, dass schon
„mildes“ Rückzugsverhalten, wie gelegentliches Zuspätkom-
men, beachtet werden sollte. Diese „Unauffälligkeiten“ können
Vorboten für künftige längere Abwesenheit oder den willent-
lichen Weggang eines Mitarbeiters sein. Aufgrund der genann-
ten hohen Kosten für Organisationen, sollten Tendenzen wie
Zuspätkommen angesprochen und nach den Ursachen gesucht
werden. Sind die Mitarbeiter unzufrieden? Wie hoch ist ihre
Bindung an die Organisation? Wie kann man Letztere erhöhen?
Die Studienergebnisse weisen darauf hin, dass Maßnahmen
zur Vorbeugung von Mitarbeiterfluktuation auf die Abfolge
bzw. den Verlauf von Rückzugsverhalten abgestimmt sein
sollten. Maßnahmen zur Kontrolle von Zuspätkommen können
helfen, längeren Abwesenheitszeiten vorzubeugen; weiterfüh-
rende Maßnahmen zur Verhinderung von Abwesenheit können
den Weggang von Mitarbeitern verhindern. Ist ein Mitarbeiter
hingegen schon entschlossen, das Unternehmen verlassen zu
wollen, greifen diese Maßnahmen voraussichtlich nicht mehr.
Besprochen von
Dr. rer. nat. Nale Lehmann-Willenbrock
, Vrije
Universiteit Amsterdam, Department of Social and Organizatio-
nal Psychology