Seite 37 - PERSONALquarterly_2012_04

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Für alle diese Angelegenheiten sollte das Konfliktmanagement
zuständig bleiben und die Projektleitung von diesen Abstim-
mungen entlasten.
Verstetigungsphase
Nach der Umsetzung klingt das Wandlungsprogramm mit
der Verstetigung aus. Die im Wandlungsprogramm defi-
nierten Ziele sollten nun erreicht sein, auch wenn damit in
der Unternehmensentwicklung kein „Endzustand“ verbun-
den ist. Für das Konfliktmanagement ergeben sich nicht zu
unterschätzende Abschlussarbeiten. Gemeinsam mit den
Betriebsparteien sollten die entwickelten Abstimm- und Es-
kalationsmechanismen festgehalten werden, um später bei
neuen gemeinsamen Herausforderungen darauf zurückgrei-
fen zu können. Informations- und Kommunikationsroutinen
sind zu dokumentieren, um zukünftig Konfliktsituationen im
Unternehmen zu entschärfen bzw. erst gar nicht entstehen zu
lassen. Ähnlich einem Projektabschlussbericht (Realisierung
des Sachkonzepts) kann auch der Träger des Konfliktmanage-
ments einen Abschlussbericht zum Realisierungserfolg des
Akzeptanzkonzepts erstellen und somit den erreichten Nutzen
dokumentieren und ggf. quantifizieren.
Organisatorischer Lösungsansatz
Die Vielzahl der beschriebenen Aufgaben des Konfliktmanage-
ments wird im Rahmen von Betriebsänderungen entweder
verteilt und ineffizient durch Programmleitung, Management
und Personalabteilung durchgeführt oder, wie in unserem
Eingangsbeispiel, sträflich vernachlässigt. Die hierdurch ent-
stehenden Nachteile durch Zeit- und Akzeptanzverluste sowie
mangelnde Umsetzungsergebnisse, von Imageverlusten im
Markt nicht zu reden, lassen sich kaum beziffern. Die Einrich-
tung eines professionellen Konfliktmanagements dürfte sich
daher zumindest für größere Wandlungsvorhaben dringend
empfehlen. Rechtlich handelt es sich bei solchen Vorhaben um
be­triebsändernde Maßnahmen im Sinne von § 111 BetrVG ­(§ 111
BetrVG trifft eine umfangreiche Definition von Betriebsände-
rungen und den damit verbundenen Mitbestimmungsrechten,
Fitting et al., S. 1685 ff.).
Die Vermittlung zwischen den Betriebsparteien ist eine
wesentliche Aufgabe: Veränderungsnotwendigkeiten zur Si-
cherung des Unternehmens müssen transportiert, die daraus
abgeleiteten Projektziele begründet und die Bedenken der
Belegschaft und ihrer Vertreter aufgenommen werden. Der
Betreffende muss den i. d. R. Top-Down-getriebenen Verände-
rungsprozess um eine Bottom-up-Komponente ergänzen, die
Wandlungsbarrieren beseitigt und die Veränderungen für alle
Beteiligten grundsätzlich erstrebenswert macht. Die Übertra-
gung solcher Aufgaben auf ein internes Projektmitglied oder
eine Managementberatung stößt regelmäßig auf Akzeptanz-
probleme bei den Betroffenen. Träger der Konfliktmanage-
mentaufgaben müssen von beiden Seiten akzeptiert, also als
neutral und unparteiisch eingestuft werden. Insofern ist ein
Rückgriff auf geeignete externe Dienstleister im Einzelfall er-
wägenswert (Gläser et al., 2011, S. 48). Und dies nicht erst, wie
in unserem Beispiel, als Nothelfer für ein Projekt, das zu schei-
tern droht, sondern als vom Start weg vorgesehene, beiderseits
willkommene Unterstützung.
Um das Akzeptanzproblem zu überwinden und eine echte
Mittlerfunktion einnehmen zu können, muss der externe Trä-
ger tiefe Kenntnisse und Erfahrungen in den Mitbestimmungs-
prozessen und den Befindlichkeiten und Eigenschaften von
Mitbestimmungsgremien sowie fundiertes betriebswirtschaft-
liches und organisatorisches Fachwissen besitzen. Nur so kann
die notwendige Glaubwürdigkeit aufgebaut, das Vertrauen
aller Betriebsparteien gewonnen und tragfähige Beiträge zur
Problemlösung entwickelt werden.
Konfliktmanager und -moderator sind zu unterscheiden
Der Begriff „Konfliktmanagement“ bezeichnet in funktioneller
Hinsicht alle Aufgaben der Konflikthandhabung. Die im Rah-
men dieses Beitrags nur im Überblick skizzierten Aufgaben
lassen sich im Einzelfall für ein Pflichtenheft sehr konkret
beschreiben und überprüfbar beauftragen. Ob Träger dieser
Aufgaben in betriebswirtschaftlich-organisatorischer Hinsicht
mit der Bezeichnung „Konfliktmanager“ korrekt eingestuft wä-
ren, hinge von ihren Handlungsrechten ab.
Nur wer Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse in Bezug
auf Konfliktmanagementaufgaben erhielte, wäre tatsächlich
auch Konfliktmanager. Experten, die, wie in unserem Fallbei-
spiel, informierend, beratend und vermittelnd tätig werden,
sind nach diesem Begriffsverständnis keine „Manager“. Man
könnte sie in Abgrenzung dazu als „Konfliktmoderatoren“
bezeichnen. Um ihrer Rolle gerecht zu werden, sind ihnen
allerdings sehr wohl projektbezogene Informations- und Bera-
tungsrechte einzuräumen.
Konfliktmanager bzw. -moderatoren unterscheiden sich in
ihrer organisatorischen Einbindung, ihremAufgabenspektrum
und der verlangten Expertise deutlich von bisherigen Rollen-
trägern, so vor allem von Mediatoren, aber auch Coaches. Der
Mediator steht außerhalb der Projektorganisation, ist vermit-
telnd tätig, ohne selbst inhaltliche Aufgaben zu übernehmen
(Kracht, 2009, S. 267 ff. und Ponschab/Dendorfer, 2009, S.
601 ff.).
Der Konfliktmoderator bzw. -manager hat dagegen in allen
Phasen des Veränderungsprozesses klar definierte inhaltliche
Aufgaben zu erfüllen, wozu auch das Aussprechen von Hand-
lungsempfehlungen gehört. Noch deutlicher sind die Unter-
schiede zu einem Coach, der stets für eine Person bzw. Partei
tätig ist und dessen Arbeit vorwiegend dem Training und der
Selbstreflexion dieses Auftraggebers dient (Kets de Vries, 2010,
S. 256 ff.), (siehe Abb. 3).