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Unterstützung des Vorhabens zu gewährleisten. Diese Phase
ist zugleich der Aufsetzpunkt des Konfliktmanagements. Denn
auch für das Konfliktmanagement gilt die Erfahrung, dass frü-
he Versäumnisse oder Fehler in späteren Projektphasen immer
schwerer auszugleichen sind. Die mit dem Konfliktmanage-
ment befassten Träger müssen ausgewählt und bestimmt wer-
den (ggf. unter Einbezug aller Betriebsparteien). Sie benötigen
vollständige Informationstransparenz über das Projekt und
die damit verbundenen Maßnahmen. Wandel ist als Kraftfeld
zu begreifen und die Kräftekonstellationen, die Eigenschaften
und Haltungen der Betriebsparteien sowie mögliche Wand-
lungsbarrieren sind zu diagnostizieren. Das angestrebte Er-
gebnis ist eine Darstellung der potenziellen Spannungsfelder
(Glasl, 2004, S. 455 f.). Dem Projektauftraggeber können so
mögliche Risiken und Verhandlungsbedarfe bewusst gemacht
werden. Projektziele werden auf ihre betriebspolitische Er-
reichbarkeit geprüft. Damit trägt das Konfliktmanagement
dazu bei, dass sich der Auftraggeber seiner eigenen Position
klarer bewusst wird und den Projektauftrag präziser bestim-
men kann – wesentliche Voraussetzungen für ein erfolgreiches
Projektmanagement.
Konzipierungsphase
Nun sind die Konzepte und Programme der Veränderung zu
entwickeln und zu bewerten. Diese zunächst rein sachbezo-
gene Arbeit ist sodann auf ihre politisch-verhaltensbezogene
und sozio-emotionale Dimension hin zu durchdenken, und – als
deren wesentlichster Teil – ist die Konfliktthematik zu bearbei-
ten. Die in der Initialisierung begonnene allgemeine Analyse
potenzieller Spannungsfelder ist vor dem Hintergrund der er-
arbeiteten Pläne zu konkretisieren und fortzuführen. Ziel ist es,
das Sachkonzept der Veränderung um ein Akzeptanzkonzept
zu ergänzen. Diese Konzepte bilden nunmehr die Grundlage
für den Mitbestimmungsprozess, der, den Bestimmungen des
BetrVG folgend, dreistufig geregelt ist (§ 111BetrVG ; Fitting et
al., 2010, S. 1703 ff.).
Information der Mitbestimmungsgremien
In der ersten Stufe sind die jeweiligen Mitbestimmungs-
gremien über die Pläne zu informieren. Zunächst sollte der
Wirtschaftsausschuss informiert werden. Danach gehen die
Informationen in abgestimmter Weise an die jeweils einzube-
ziehenden Betriebsräte. Das Konfliktmanagement kann den
Mitarbeitervertretern die Pläne erläutern und sie ihnen ver-
ständlich machen, denn nur dann sind sie in der Lage, eigene
konstruktive und realistische Vorstellungen zu entwickeln.
Beratung
Die so erworbene oder verbesserte Beratungsfähigkeit der Be-
triebsräte wird von ihnen genutzt, um die Konzepte der Un-
ternehmensleitung zu reflektieren. Die Beratungsfähigkeit
der Betriebsräte liegt im Übrigen auch im wohlverstandenen
Interesse der Leitung, die ansonsten befürchten muss, mit in-
diskutablen oder unrealistischen Forderungen der Mitarbeiter-
vertreter konfrontiert zu werden. Die Betriebsräte bestimmen
ihre eigene Position, halten den Klärungsbedarf fest, erarbei-
ten möglicherweise Gegenvorschläge und formulieren ihre
Forderungen bzw. Bedingungen. Mit dieser Grundlage geht
man in die Beratung mit der Unternehmensleitung (Fitting et
al., 2010, S. 1707).
Aushandlung
Die Beratung zwischen den Betriebsparteien mündet in den
anschließenden Aushandlungsprozess. Je nach Einzelfall sind
z. B. flankierende Maßnahmen, Ausgleichszahlungen und Sozi-
alpläne zu vereinbaren. Auch die Umsetzungsplanung hierfür
ist im Detail zu verhandeln, also die Frage, in welchem Bereich
in welcher Weise wann und in welcher zeitlichen Reihenfolge
die geplanten Maßnahmen realisiert werden sollen.
Das Konfliktmanagement begleitet, moderiert bzw. gestal-
tet den gesamten Prozess, hält die Kommunikation der Par-
teien aufrecht, hilft bei der Beratung sowie der Erarbeitung
und Bewertung von Maßnahmen und wird ggf. vermittelnd
tätig.
Das Abbauen von Misstrauen und Unsicherheit sollte vom
Management als „Investition in Vertrauenskapital“ betrach-
tet werden: Wie Abbildung 2 zeigt, sieht das Betriebsver-
fassungsgesetz für wirtschaftliche Angelegenheiten (dazu
gehören alle Betriebsänderungen) nur Beratungsrechte der
Mitbestimmungsgremien vor. In personellen oder sozialen An-
gelegenheiten gibt es allerdings neben Verweigerungs- undWi-
derspruchsrechten auch gleichberechtigte Mitentscheidungen.
Wird keine Akzeptanz für die Maßnahme und kein Vertrau-
en zwischen den Parteien aufgebaut, können die Mitbestim-
mungsgremien die harten Mitwirkungsrechte bei personellen
und sozialen Angelegenheiten nutzen, um Wandlungsbar
rieren aufzubauen und damit geplante Restrukturierungen zu
erschweren, verzögern oder verhindern.
Der Verhandlungsprozess wird nicht selten in mehreren
Runden verlaufen, dies zum einen, weil sich die Standpunkte
nicht sofort in Übereinstimmung bringen lassen, zum anderen,
weil Modifikationen des ursprünglichen Sachkonzepts als neue
Vorlage zu erarbeiten sind. Anzustreben ist eine von beiden
Seiten gemeinsam akzeptierte Vereinbarung. Erst wenn dies
erreicht ist, ist die Aushandlung beendet. Die entsprechenden
Vereinbarungen werden in das Wandlungskonzept aufgenom-
men, und somit werden zum Abschluss der Konzipierung die
sachlichen Notwendigkeiten mit der akzeptanzsichernden Zu-
stimmung der Mitarbeitervertretung verbunden. Zur Not wird
dies über eine Einigungsstelle und einen kostspieligen Inte-
ressenausgleich und Sozialplan erreicht (§112 BetrVG; Fitting
et al., 2010, S. 1721 ff.). Mit dem Abschluss des Aushandlungs-