Seite 24 - PERSONALquarterly_2012_04

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Schwerpunkt
_evidence-based management
deskriptiv (Mittelwerte, Standardabweichung, Varianz) auf
der Teamebene ausgewertet, um so einen Überblick für jedes
Team zu erhalten. Des Weiteren wurden Regressionsanalysen
durchgeführt, in denen die Teamprozesse in Zusammenhang
mit den Teamleistungsindikatoren gesetzt wurden. Die spe-
zifischen Ergebnisse pro Team wurden dann den jeweiligen
Teamleitern in Form eines Cockpits zurückgespiegelt, in dem
sie schon übersichtsartig erkennen konnten, in welchen Be-
reichen die größten Stärken und Entwicklungspotenziale für
ihr Team lagen.
Handlungsempfehlungen für die einzelnen Teams
Jedes Team erhielt nach der Datenauswertung einen Bench-
marking-Report in Form eines Auto-Cockpits, der die zentralen
Ergebnisse des Teams im Vergleich zum Abteilungsmittelwert
und externen Benchmarks darstellte. Mit einem Ampelsystem
wurde im Vergleich zu den Benchmarks verdeutlicht, bei wel-
chen Themen (z. B. transformationale Führung, Teamreflexivi-
tät, Teamenergie) individuelles Entwicklungspotenzial besteht
(„rot“ für eine Herausforderung, „gelb“ für eine Chance und
„grün“ für eine Stärke). Ein überraschendes Ergebnis der Er-
hebung bestand darin, dass entgegen der bisherigen Annah-
me, im Unternehmen ein deutliches Entwicklungspotenzial
im Bereich der transformationalen Führung bestand. Vor der
Rückmeldung der Ergebnisse wurden die Führungskräfte
der Teams zunächst geschult, die Ergebnisreporte richtig zu
interpretieren. Dabei wurden aufgrund des aktuellen Stands
der Literatur (z. B. Salas/Sims/Burke, 2005) allgemeine Hand-
lungsempfehlungen zu Verbesserung der Entwicklungspoten-
ziale gegeben, die mithilfe der Befragung als Chancen und
Herausforderungen identifiziert worden waren. Damit wur-
den die Führungskräfte in die Lage versetzt, die individuellen
Team­ergebnisse mit ihren Mitarbeitern zu besprechen und
weitere Schritte zur Entwicklung zu vereinbaren.
Abschließend wurde für die Teams ein zweitägiger Workshop
angeboten, um individuell mit einem in den entsprechenden
wissenschaftlichen Konzepten geschulten externen Trainer an
einer Entwicklung der Teamprozesse zu arbeiten. Dabei wurde
zunächst ein Idealbild erarbeitet, das beschreibt, wie sich die
Teammitglieder den idealen Umgang in ihrem Team miteinan-
der wünschen. Als Methode kam hierbei Lego-Serious-Play
zum Einsatz, eine Technik, bei der die Teammitglieder mithilfe
von Legosteinen ihr Bild der idealen Teamprozesse gestalten
konnten. Dieser Zugang erleichterte es vielen Teilnehmern,
diese „weichen“ HR-Themen erlebbar und diskutierbar zu
machen. Nach einer edukativen Einheit, in der der Trainer
den aktuellen Stand der Forschung bezüglich der bearbeiteten
Themen noch einmal zusammenfasste, wurde dann das ideale
Bild der Teilnehmer bezüglich der Teamprozesse mit einer De-
tailauswertung der tatsächlichen Teamergebnisse konfrontiert.
Anhand der Diskrepanz zwischen dem Idealbild und den tat-
Jedes Teammitglied erhielt eine Einladungs-Mail, die vom Be-
reichsvorstand und den Abteilungsleitern signiert war, die eine
Beschreibung des Vorgehens und einen Link zu einer Webseite
mit dem Online-Fragebogen enthielt. 906 Mitarbeiter aus 131
Teams (Rücklaufquote 73 %) beteiligten sich an der Befragung.
Validität der Messung prüfen und Daten auswerten
Die Ergebnisse wurden im Folgenden detailliert ausgewertet.
In einem ersten Schritt wurde die Validität oder Gültigkeit
der Messung der einzelnen abgefragten Teamprozesse über-
prüft. Auch wenn die Fragen zur Messung schon in anderen
wissenschaftlichen Studien verwendet wurden, ist es wesent-
lich zu überprüfen, ob sie auch in der aktuellen Befragung
wirklich die Teamprozesse (z. B. Reflexivität) abbilden, die
man messen wollte. Zu diesem Zweck wurde die Gültigkeit
der angenommenen Messstruktur getestet. Dabei wird geprüft,
ob die verschiedenen Fragen, die man für einen nicht direkt
beobachtbaren Teamprozess verwendet hat, diesen auch wirk-
lich abbilden. Falls die statistischen Analysen mit Strukturglei-
chungsmodellen ergaben, dass die Messstruktur nicht optimal
war, wurde die Messskala eventuell angepasst (Weglassen von
einzelnen Fragen), um eine gültige Messung zu garantieren.
Dies konnte z. B. dadurch geschehen, dass einige Teammit-
glieder eine Frage nicht richtig verstanden hatten. Nur wenn
eine gültige Messung der Teamprozesse vorlag, konnten die
nachfolgenden Auswertungen zu den Zusammenhängen mit
den Teamleistungsindikatoren auch wirklich aussagekräftig
sein. Falls falsch gemessene Teamprozesse verwendet worden
wären, hätten im schlimmsten Fall sogar fehlerhafte Rück-
schlüsse gezogen werden können, die falsche Handlungsalter-
nativen nach sich gezogen hätten.
Nach dem Testen der Gültigkeit der Messung wurde bei der
Auswertung der Teambefragungen auch überprüft, ob auch
wirklich Prozesse auf Teamebene und nicht auf Individual­
ebene gemessen worden sind. Statistisch wurden die individu-
ellen Antworten der Teammitglieder zu einem gemeinsamen
Teamwert zusammengeführt. Ob diese Zusammenführung
oder Aggregation wirklich zulässig war, musste ebenfalls ge-
testet werden. Dies geschah zum einem dadurch, dass man
untersuchte, ob ein ausreichendes Maß an Übereinstimmung
bei der Bewertung eines Teamprozesses zwischen den Team-
mitgliedern vorlag. Zum anderen sollte es für die einzelnen
Teamprozesse klare Unterschiede in der Bewertung zwischen
den Teams geben. Für beide Faktoren wurden statistische
Kennzahlen (Aggregationsstatistiken) für die Mitarbeiterbe-
fragung berechnet und ausgewertet (Übersicht hierzu siehe
Chen/Mathieu/Bliese, 2005). Für die weiteren Analysen wur-
den dann nur die abgefragten Teamprozesse verwendet, die auf
Teamebene korrekt gemessen wurden.
Im nächsten Schritt fand dann die eigentliche Datenauswer-
tung statt. Die verschiedenen Teamprozesse wurden zuerst