04 / 12 personalquarterly
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Abstract
Forschungsfrage:
Welchen Nutzen haben empirische Ergebnisse der Personalforschung
für die betriebliche Praxis?
Methodik:
Literaturrecherche, konzeptionelle Argumente.
Praktische Implikationen:
Durch die stärkere Berücksichtigung empirischer Forschungs-
ergebnisse wird die Qualität von Managemententscheidungen erhöht, insbesondere bei
personalstrategischen Problemstellungen.
einer zunehmenden Nützlichkeit der Ergebnisse für die be-
triebliche Praxis.
Personalwirtschaftliche Forschung wird praxisrelevant
In der Vergangenheit haben sich personalwirtschaftliche For-
schung und betriebliche Personalarbeit häufig sehr getrennt
voneinander weiterentwickelt. Ursachen sind etwa unter-
schiedliche Erfolgslogiken, Erkenntnisinteressen und auch
Belohnungssysteme, was letztlich dazu führte, dass der Kon-
takt zwischen den Systemen oft erstaunlich begrenzt war.
Wissenschaftliche Literatur gilt vielen Personalpraktikern als
sprachlich und methodisch schwer zugänglich, limitiert in der
Aussagekraft oder gar schlichtweg irrelevant für reale per-
sonalwirtschaftliche Problemstellungen. Bei vielen Personal-
praktikern führte dies zu vollkommenem oder weitgehendem
Desinteresse an der Personalforschung. Die wissenschaft-
liche Erstausbildung, die bei gestandenen Personalmanagern
durchaus über 20 Jahre zurückliegen kann, erscheint vielen als
hinreichend zur Bewältigung auch strategischer Problemstel-
lungen. Über die letzten Jahre und Jahrzehnte führten jedoch
unterschiedliche Entwicklungstendenzen im Bereich personal-
wirtschaftlicher Forschung dazu, dass heute – anders als in der
Vergangenheit – ein substanzieller Erkenntnisgewinn durch
die Beschäftigung mit den Forschungsergebnissen erzielt wer-
den kann, die wir im Folgenden kurz skizzieren wollen.
Empirische Fundierung mit innovativen Methoden
Lange Zeit war die Personalwirtschaftslehre eher rein norma-
tiv als empirisch und durch den „Glauben“ an unterschiedliche
Schulen (z. B. sogenannte Verhaltenswissenschaftler gegen
Personalökonomen) geprägt. Die Diskussionen blieben deshalb
oft dogmatisch und theoretisch und somit für die praktische
Anwendung unfruchtbar. Im Laufe der Zeit entstand – unab-
hängig von einzelnen Denkschulen – eine empirische Ausrich-
tung, die nach Erfolgsfaktoren der Personalpolitik fragt. Aus
dieser Strömung heraus hat sich inzwischen eine breite Basis
an empirischen Einzelstudien entwickelt. Viele (wenn auch
nicht alle) empirischen Forscher sind heute von dem Ziel ange-
trieben, praktische „Relevance“ mit akademischem „Rigor“ zu
verbinden. Zeitgleich haben sich neue empirische Forschungs-
ansätze etabliert. So werden beispielsweise im Rahmen der
experimentellen Wirtschaftsforschung betriebliche Entschei-
dungssituationen nachgebildet und unter kontrollierten Be-
dingungen überprüft.
Metaanalytische Aggregation verhindert Beliebigkeit
Die Vielzahl einzelner empirischer Studien führt notwendi-
gerweise auch zu widersprüchlichen Ergebnissen. Menschen
tendieren dazu, besonders auf Informationen zu achten, welche
die eigene Meinung stützen. Dieser sogenannte „Confirmation
Bias“ führt dazu, dass man diejenigen Studien auswählt, die am
besten zur eigenen Meinung passen – und jeder findet Bestäti-
gung der eigenen Meinung. Um eine Systematik in die schwer
zu überschauende Zahl von Einzelstudien zu bringen, hat sich
seit den 1990er-Jahren vor allem in der Psychologie und in Tei-
len der Managementforschung das Verfahren der Metaanalyse
verbreitet. Metaanalysen fassen die verfügbaren empirischen
Einzelstudien zu einer spezifischen Fragestellung systema-
tisch, d. h., unter Berücksichtigung von Untersuchungsumfang
und Design zusammen (eine Auswahl relevanter Metaanalysen
liefert Abbildung 2).
Mit speziellen statistischen Verfahren wird eine Synthese
von Informationen aus unterschiedlichen Datenquellen zu
einem aussagekräftigen Gesamtbild erreicht. Darüber hinaus
ermöglichen Metaanalysen die gezielte Identifikation von
Rahmenbedingungen, unter denen die Wirksamkeit einzelner
Abb. 1:
Nutzung von Informationsquellen bei der
Entscheidungsfindung
Personalmanager des eigenen Unternehmens
3,2
Personalmanager anderer Unternehmen
2,5
Unternehmensberater
2,0
Wissenschaftler
1,4
Quelle: nach Rynes et. al., 2002, S. 162
5: „fast täglich“; 1: „so gut wie nie“