Seite 57 - PERSONALquarterly_2011_01

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Oktober_2011 PERSONALquarterly
kräften nachweist, dass es null Effekt auf die Leistung hat,
energisch auf den Tisch zu hauen“, erinnert sich Schaffer. „Mit
solchen Fakten gelingt es, den Schalter umzulegen.“
Insgesamt erzielte Bartec recht hohe Innovationswerte, aber
auch Bereiche, in denen Verbesserungen geboten waren, wur-
den herausgefiltert. Das Unternehmen als Ganzes nahm sich
zwei Handlungsfelder vor: Mehr Transparenz und eine Anlauf-
stelle für Ideen zu schaffen. „Ganz konkret haben wir unser
Ideenmanagement digitalisiert und weltweit vernetzt sowie
unsere Führungskräfteschulungen und unsere Innovations-
strategie auf eine wissenschaftlich fundierte Basis gestellt“,
erklärt CEO Köster den Wandel. „Wir wissen jetzt, dass unsere
Ansätze nachweislich funktionieren – ein beruhigender Ge-
danke für alle Führungskräfte.“
Eine Datenerhebung mit vielen Folgen: Das Unternehmen
stieg um vom qualitativen Ansatz der kleinen Arbeitskreise,
die die Innovationen vorantreiben sollten, auf ein situations-
orientiertes Innovationsmanagement. Und: Es gab keine Abtei-
lung, in der nicht irgendetwas zu verbessern war – manchmal
nur Kleinigkeiten mit großem Effekt auf die Gesamtleistung.
Aber es gilt auch: Optimierungsversuche an einer Stelle
müssen offen kommuniziert werden, schon um nicht unge-
plant und ungewollt Verschlechterungen an einer anderen Stel-
le nach sich zu ziehen. Deshalb werden die Führungskräfte
angeleitet, nicht nur auf die eigenen Aufgaben zu schauen,
sondern stärker das Problemlösungserfordernis als Ganzes zu
betrachten. Dazu gehört es, Entscheidungsautonomie zuzulas-
sen und Mitarbeitern die gefühlte Sicherheit zu geben, nicht
beim ersten Fehler gefeuert zu werden.
Wiederholte Evaluation
Nach eineinhalb Jahren wurde wieder gemessen. Die Evalua-
tion der Maßnahmen bewies: Die Zufriedenheit stieg um fünf,
die Leistung um sieben – und die Innovationskraft um 42 %.
Ganz praktisch füllte sich der Ideenpool „id-force“. Zwar war
nicht alles umsetzbar, aber wissenschaftliche Studien haben
ohnehin ergeben, dass aus 1.919 Ideen nur elf erfolgreiche Pro-
dukte entstehen. Gegen diesen Frust verloste die Geschäftsfüh-
rung zu Beginn ein Champagner-Picknick im Heißluftballon
– und in die Lostrommel kamen alle Vorschläge.
Förderlich für das Innovationsprojekt war es, dass die Ge-
schäftsführung das Projekt offen und offensiv unterstützte.
Die Erfolge wurden über die Mitarbeitermedien an alle kommu-
niziert – was wiederum ein motivierendes Klima beförderte.
Auch externe Auszeichnungen belohnten die Aktivitäten: Etwa
der renommierte „Große Preis des Mittelstands 2009“ oder das
Gütesiegel „TOP 100“ für die innovativsten deutschen Unter-
nehmen im Mittelstand.
Bartec-Chef Ralf Köster betont die Win-win-Situation: „Für
uns war die Kooperation mit der Universität mehr als ein
Pilotprojekt, es war eine wichtige Maßnahme des organisa-
tionalen Lernens und der nachhaltigen Befähigung. Und die
Forschungseinrichtungen profitieren natürlich auch von Koop-
erationen mit Unternehmen, denn sie können ihre Ergebnisse
mit realen Bedingungen konfrontieren.“
Angesichts des positiven Ergebnisses für beide Seiten wird
über eine Fortführung der Kooperation nachgedacht. Da sind
sich alle Beteiligten einig mit den Forschern der Jacobs Uni-
versity. „Die Situationsorientierung hat Einzug gehalten“, re-
sümiert Unternehmensentwickler Stefan Schaffer. „Jetzt steht
ein Lean-Projekt nach diesem Ansatz an, und auch in der Füh-
rungskräftefortbildung setzt Bartec auf situatives Agieren.“
Professor Sven Völpel (l) und wissenschaftliche Mitarbeiter der
Jacobs University sowie Stefan Schaffer, Leiter Unternehmens-
entwicklung bei Bartec (2. Reihe, 2. v. re.)