Seite 43 - PERSONALquarterly_2011_01

Basic HTML-Version

43
Oktober_2011 PERSONALquarterly
tuellen Zugang zur indischen Kultur beschränkt sind, können
sie jedoch nur eine erste Orientierung für Personen geben, die
wenig indienspezifische Kenntnisse besitzen.
Erfahrungsbezogene Vorbereitungsmaßnahmen sollen den
zukünftigen Delegierten und seinen Partner auf die politischen,
wirtschaftlichen und insbesondere kulturellen Bedingungen in
Indien vorbereiten, deren Verständnis der landesspezifischen
Besonderheiten und der kulturbedingten Verhaltensweisen von
Geschäftspartnern und Mitarbeitern fördern und zur adäqua-
ten Anpassung des eigenen Verhaltens beitragen.
Dazu dienen insbesondere unternehmensbezogene Fallstu-
dien und Rollenspiele, an denen häufig Auslandsrückkehrer
oder Interaktionspartner aus Indien teilnehmen (contrast cul-
ture training). Noch authentischer sind kurze Informationsrei-
sen an den zukünftigen Tätigkeitsort (preliminary trips), bei
denen bereits erste unmittelbare Eindrücke des zukünftigen Ar-
beits- und Wohnumfelds gewonnen und persönliche Kontakte
geknüpft werden können.
Aufgrund der extremen Klimabedingungen in vielen Re-
gionen des Landes ist es ratsam, sich vor dem Aufenthalt in
Indien neben einer fachlichen und kulturellen Vorbereitung
auch einer umfassenden ärztlichen Untersuchung zu unterzie-
hen. Zudem sollten rechtzeitig die erforderlichen Impfungen
durchgeführt werden. Aktuelle Informationen hierzu können
beim Auswärtigen Amt (www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/
Laenderinformationen/Indien) oder bei den Tropeninstituten
(www.klinikum.uni-muenchen.de/Abteilung-fuer-Infektions-
und-Tropenmedizin) abgerufen bzw. erfragt werden.
In Deutschland gibt es eine wachsende Zahl von Weiter-
bildungsanbietern, die sich auf die Vorbereitung von Aus-
landsentsandten nach Indien spezialisiert haben. So bietet
etwa das INDIENforum, ein Geschäftsbereich des Global-Com-
petence-Forums, spezielle Maßnahmen an (vgl. www.indienfo-
rum.de). Auf die Vorbereitung von Auslandsentsandten nach
Indien und deren Betreuung vor Ort ist auch die Unterneh-
mensberatung Global-Management-Competence spezialisiert
(www.gm-competence.de).
Nicht auf „Do‘s and Don´ts“ beschränken
In Indien kann sich die interkulturelle Vorbereitung auf ei-
ne Tätigkeit in Indien nicht auf das Erlernen vermeintlicher
„Do‘s and Don‘ts“ beschränken. Wegen der großen kulturellen,
ökonomischen und sozialen Heterogenität des Landes ist es
unmöglich, allgemein gültige Handlungsempfehlungen zu
geben. Während in ländlichen Regionen und staatlich domi-
nierten Industriezweigen noch traditionelle Werte und Nor-
men vorherrschen, findet in Großstädten und international
orientierten Branchen wie der IT-Industrie eine Adaption west-
licher Kulturmuster statt (vgl. Messner 2009). Wie in früheren
Epochen der indischen Geschichte werden diese jedoch nicht
unreflektiert übernommen, sondern flexibel in das indische
Wertesystem integriert. Interkulturelle Trainings müssen
deshalb vor allem diese Vielschichtigkeit, Ambiguität und Wi-
dersprüchlichkeit sowie die mit unterschiedlichen Geschwin-
digkeiten verlaufende Dynamik der indischen Kultur deutlich
machen.
Die Komplexität der Wirkungszusammenhänge der in-
dischen Kulturmerkmale zeigt anschaulich das Beispiel eines
deutschen Entsandten, der lange Zeit als Geschäftsführer ei-
ner indischen Tochtergesellschaft tätig war. „Bevor ich nach
Indien gekommen bin, habe ich sehr viel über das Land ge-
lesen und mich intensiv vorbereitet. Ich kannte mich gut im
Kastensystem aus und habe meine Personalentscheidungen
daran orientiert. Nach einiger Zeit habe ich dann festgestellt,
dass gerade die bestenMitarbeiter das Unternehmen verlassen
haben. Ich konnte mir das lange Zeit überhaupt nicht erklä-
ren, bis mich einer meiner Mitarbeiter darauf hingewiesen hat,
dass viele gerade deshalb zu uns kommen, weil sie in einem
deutschen Unternehmen einen partizipativen Führungsstil
und leistungsorientierte Bezahlung erwarten. Wenn ich dann
Entscheidungen treffe, die am Kastensystem orientiert sind,
verschrecke ich genau diejenigen, die damit nichts mehr zu
tun haben wollen. Ich habe dann genauso gehandelt, wie ich es
auch in Deutschland getan hätte, und meine Mitarbeiter waren
viel zufriedener.“
Herausforderungen während der Einsatzphase
Ausländische Staatsbürger (ausgenommen Bürger von Nepal
und Bhutan) müssen bei der Einreise nach Indien im Besitz
eines gültigen Reisepasses oder Reisedokuments und eines
gültigen Visums sein. Visa zumZwecke des Tourismus, der Ein-
reise, des Transits, zu Konferenzen, Geschäftsvisa und Arbeits-
visa werden an ausländische Staatsbürger von den Indischen
Botschaften und Konsulaten bzw. deren Servicepartnern im
Ausland ausgestellt.
Geschäftsvisa können bis zu einer Dauer von fünf Jahren
mit mehrfacher Einreise erteilt werden. Von einer indischen
Botschaft im Ausland ausgestellte Geschäftsvisa können in
Indien erneuert oder verlängert werden. Ausländische Staats-
bürger, die in Indien arbeiten möchten, müssen eine Aufent-
haltsgenehmigung bei den regionalen Ausländermeldeämtern
(Foreigners Regional Registration Offices, FRRO) beantragen,
die es in allen größeren Städten gibt. In kleineren Städten ist
diese bei den Dienststellen der Polizei erhältlich.
Für die Einstellung von ausländischen Mitarbeitern muss bei
Vorlage eines Beschäftigungsangebots oder Arbeitsvertrags
ein Arbeitsvisum (Employment Visa) beantragt werden. Die
Arbeitserlaubnis in Indien erstreckt sich über die Gültigkeits-
dauer des erteilten Visums, das sich wiederum an der Länge
des Arbeitsvertrags orientiert.
Bei unbefristeten Arbeitsverträgen wird i. d. R. zunächst ein
Visum für ein Jahr ausgestellt. Das Visum kann beliebig oft