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NEUE FORSCHUNG
_BOUNDARY SPANNERS
PERSONALquarterly Oktober_2011
eine langfristige Kooperation einzugehen.
Kooperationsinhalte: Häufiger genannt werden von den Teil-
nehmern der Studie:
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IT-Services für die Personaladministration, z. B. für die
Lohn- und Gehaltsabrechnung;
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Bereitstellung und Einsatz personeller Kapazitäten für ver-
schiedene Personalfunktionen;
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Beratung und Know-how-Transfer für Personal-Recrui-
ting und -auswahl, Training/Weiterbildung, Personalent-
wicklung, Arbeitssicherheit/Gesundheitsmanagement,
Vergütung und andere Handlungsfelder wie z. B. Aus-
landsentsendung.
Die Steuerung von Netzwerken dieser Art stellt erhebliche
Anforderungen an die Qualifikation der „Grenzgänger“. Die
befragten Personalmanager nennen vor allem: Kommunika-
tionsfähigkeit, Kostenbewusstsein, Verhandlungsgeschick,
Fähigkeit zur Projektsteuerung sowie unternehmerisches Den-
ken und Handeln.
Selbstkritisch wird auf vorhandene Qualifikationsdefizite
aufmerksam gemacht. Das vorhandene Fachwissen und die
notwendigen Fähigkeiten zur Steuerung der Kooperationen
mit externen Personaldienstleistern sind nach Selbsteinschät-
zung der meisten Personalmanager nur „befriedigend“ oder
gar „mangelhaft“; weniger als 30 % von ihnen beurteilen sie
als „gut“.
Eine wichtige Erkenntnis, die man der Studie entnehmen
kann, ist die, dass Personalabteilungen tendenziell unzurei-
chend auf die Kooperation mit externen Personaldienstleistern
vorbereitet sind. Dies gilt vermutlich vor allem dann, wenn
mehrere komplexe Projekte gleichzeitig bearbeitet und umge-
setzt werden – und dies mit mehreren Kooperationspartnern.
Möglicherweise trifft dies auch für andere Bereiche zu, in de-
nen sich Personalmanager als „Grenzgänger“ betätigen.
Erscheinungsformen von vernetzter Personalarbeit
Von den oben genannten Erscheinungsformen vernetzter Per-
sonalarbeit wurden bisher trotz großer Vorkommenshäufigkeit
und Vielfalt Netzwerke am wenigsten beachtet, in denen Perso-
nalmanager verschiedener Unternehmen bei der Bearbeitung
von überbetrieblichen Gemeinschaftsprojekten ohne oder mit
öffentlichen Netzwerkpartnern kooperieren (Projektnetzwerke),
sowie die Informations- und Erfahrungsaustausch-Netzwerke
der Personalmanager. Deren Rolle als „Grenzgänger“ soll an-
hand von typischen Fallbeispielen verdeutlicht werden.
Projektnetzwerke
Ein gut dokumentierter Typ von Projektnetzwerken ist unter
der Bezeichnung „Qualifizierungsnetzwerke“ bekannt gewor-
den. Darunter versteht man „… lockere, aber auch in Grenzen
formalisierte Zusammenschlüsse … von unterschiedlichen
kollektiven Akteuren, die im Bereich der betrieblichen Weiter-
bildung auf regionaler Ebene zusammenarbeiten.“ (Wegge
1996, S. 20), um z. B. ein modulares Bildungskonzept für
die Vermittlung von produktionstechnischen Qualifikatio-
nen im Lernortverbund zu entwickeln und zu erproben.
Ein anderes neueres Projektnetzwerk, in demPersonalex-
perten verschiedener Unternehmen mit Führungskräften
und Führungsnachwuchskräften von KMU, professionellen
Weiterbildungsanbietern auf Initiative einer kommunalen
Fachabteilung kooperierten, hatte das erklärte Ziel, den
Aufstieg qualifizierter Frauen in Führungspositionen durch
Maßnahmen der direkten Frauenförderung und Schaf-
fung aufstiegsfördernder Rahmenbedingungen zu fördern
(Ackermann 2011b). Wenn sich die genannten Projektnetz-
werke inhaltlich auch deutlich unterscheiden, so wird doch
die Gemeinsamkeit erkennbar, wie sich die Personalmana-
ger als Grenzgänger aktiv betätigen: Sie sind am Zustande-
kommen der Netzwerke und oftmals auch an der Auswahl
der Netzwerkpartner beteiligt, verkörpern die – oftmals
einzige – Verbindung ihrer Unternehmen zum Netzwerk,
beteiligen sich an der regelmäßigen Gremienarbeit, leisten
die geforderten Beiträge zum Projektfortschritt, sind An-
sprechpartner für andere Netzwerkpartner und haben die
schwierige Aufgabe zu lösen, bei Interessenkonflikten mit
Netzwerkpartnern eine tragfähige Kompromisslösung zu
finden.
Informations- und Erfahrungsaustauschnetzwerke
Oftmals sind Personalmanager als Grenzgänger in Netzwer-
ken mit Universitäten und Hochschulen, Arbeitsagenturen,
Weiterbildungseinrichtungen, Arbeitgeberverbänden, Be-
rufsverbänden und anderen kollektiven und individuellen
Akteuren aktiv, um Informationen und Erfahrungen aus-
zutauschen. Ausmaß und Inhalt dieser Art von interorga-
nisationaler Vernetzung der Personalmanager und deren
Auswirkungen auf das Personalmanagement sind bislang
noch wenig erforscht.
Bedeutung des Netzwerkkonzepts für
die Personalarbeit in den Unternehmen
Netzwerkanalyse und Netzwerktheorie mögen als neues
Paradigma in den Sozialwissenschaften (Stegbauer 2010)
keine unmittelbar erkennbare Bedeutung für die praktische
Personalarbeit besitzen, solange es nicht gelingt, konkrete
Anwendungen zu identifizieren. Es lassen sich mindestens
drei Anwendungsmöglichkeiten unterscheiden:
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als „Scheinwerfer“, wenn und soweit das Netzwerkkon-
zept Sachverhalte der Personalarbeit beleuchtet, die
bisher gar nicht oder nur als Randphänomene beachtet
werden. Die Rolle der Personalmanager als „Grenzgän-
ger“ in interorganisationalen Netzwerken gehört dazu.
Mit der Aufwertung dieses Teilaspekts wird zugleich das