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NEUE FORSCHUNG
_BOUNDARY SPANNERS
Oktober_2011 PERSONALquarterly
E
iner häufig verwendeten und weithin anerkannten
Definition folgend, stellt „ein Unternehmensnetzwerk
eine auf die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen
zielende Organisationsform ökonomischer Aktivi-
täten dar, die sich durch komplex-reziproke, eher kooperative
denn kompetitive und relativ stabile Beziehungen zwischen
rechtlich selbstständigen, wirtschaftlich jedoch zumeist ab-
hängigen Unternehmungen auszeichnet“ (Sydow 1992, S. 79).
Die angestrebten Wettbewerbsvorteile können z. B. in Ko-
stenersparnissen, in erhöhter Flexibilität wie auch in Quali-
tätsverbesserungen bestehen. Formal besteht ein Netzwerk
aus „Knoten“ (z. B. Unternehmen), die mittels „Kanten“ (z. B.
Kooperationsbeziehungen) miteinander verbunden sind (vgl.
Abb. 1). Die Positionierung der Personalmanager als „Grenz-
gänger“ (sog. „Boundary Spanners“) in derartigen Unterneh-
mensnetzwerken wird dadurch erschwert, dass es noch keine
allgemein akzeptierte Definition, kein ausgearbeitetes Stan-
dardprofil des „Grenzgängers“ gibt.
Personalmanager als Grenzgänger
Die wenigen Untersuchungen zur „Grenzgänger“-Rolle heben als
generelle Qualifikationsmerkmale die Fähigkeit und Legitima-
tion zur Behebung aktueller Mängel und Störungen in Koop-
erationsbeziehungen zwischen Unternehmen/Verwaltungen
hervor sowie ihre besondere Bedeutung für den Erfolg des inter-
organisationalen Netzwerks und der einzelnen Netzwerkunter-
nehmen (Kirner 2005; Williams 2002, S. 103 ff). Im Gegensatz
zu diesem engen Rollenverständnis tendieren „Grenzgänger“ in
der Praxis zu einer erheblich erweiterten Rolle, die auch die vor-
gelagerte Netzwerkbildung sowie die Netzwerkentwicklung ein-
bezieht (Williams 2002, S. 103 ff). Damit verwischen allerdings
die Unterschiede zumNetzwerkmanager, der für die „Gestaltung,
Lenkung und Entwicklung aller unternehmungsübergreifenden
Beziehungen in einem Netzwerk zwischen rechtlich selbststän-
digen, wirtschaftlich jedoch teilweise abhängigen Unterneh-
mungen auf normativer, strategischer und operativer Ebene …“
[zuständig ist] (Petry 2006, S. 36).
Im Folgenden werden drei typische Erscheinungsformen un-
terschieden, in denen sich das Wirken der Personalmanager
als „Grenzgänger“ manifestiert.
„Boundary Spanners”: Die neue Rolle der
Personalmanager in Unternehmensnetzwerken
Von
Prof. em. Dr. Karl-Friedrich Ackermann
(Universität Stuttgart)
Sie betreffen:
3
den Fremdpersonaleinsatz (Zeitarbeitnehmer, werkvertrag-
liches Fremdpersonal, Freie Mitarbeiter/Freelancer);
3
die Kooperation mit externen Personaldienstleistern;
3
die Kooperation in Projekt-, Informations- und Erfahrungs-
austausch-Netzwerken.
Netzwerkbasierte Kooperation beim Fremdpersonaleinsatz
In vielen Unternehmen arbeiten Eigenpersonal und Fremd-
personal, Letztere auch „externe Mitarbeiter“ genannt, im
gleichen Einsatzort in getrennten oder vermischten Gruppen
Abb. 1:
Knoten und Kanten
im Unternehmensnetzwerk
Quelle: Petry 2006, S.14
Eine
Besonderheit
des zugrunde gelegten Netzwerkkonzepts
besteht darin, dass zwischen „Netzwerk“ als Inbegriff der
potenziellen Kooperationsbeziehungen und der tatsächlich
realisierten Kooperation zweier oder mehrerer Netzwerkunter-
nehmen unterschieden wird. Dieses Konzept wird
netzwerk-
basierte Kooperation
genannt.