15
Oktober_2011 PERSONALquarterly
Studierenden kurz vor dem Abschluss. Unterstützt werden die
angehenden Coachs bei diesem letzten Teil ihrer Ausbildung
mittels Supervision.
Welche Anliegen haben Studierende
kurz vor dem Berufseinstieg?
Die Anliegen der Studierenden sind – dem Konzept des Karri-
ere-Coachings entsprechend - berufsbezogen. Häufig genannte
Problemstellungen beziehen sich auf eine Unsicherheiten hin-
sichtlich der nächsten sinnvollen Karriereschritte, wie z. B.:
3
Soll ichmich imGroßunternehmen bewerben oder eher imMit-
telstand? Welche Konsequenzen hat dies für meine Karriere?
3
Was ist das richtige für mich? Forschung oder freie Wirtschaft?
3
Ich stehe kurz vor meinem Abschluss und fühle mich der Be-
werbungssituation nicht gewachsen: Wie verhalte ich mich
in Bewerbungsgesprächen? Was kann ich Unternehmen
überhaupt bieten? Was soll ich sagen, wenn ich nach meinen
Stärken gefragt werde?
3
Ich habe mehrere Jobangebote und weiß nicht, welches ich
annehmen soll. Wenn ich jetzt die falsche Entscheidung
treffe, hat das negative Konsequenzen für meine Karriere:
Ich muss sicher sein, dass ich den perfekten Job wähle, sonst
ist meine Karriere vorbei, bevor sie angefangen hat.
3
Was bin ich bereit, für meine Karriere zu opfern?Will ich wirk-
lich ins Ausland gehen? Will ich irgendwann Familie und ist
das mit der angebotenen Stelle überhaupt zu vereinbaren?
Das Karriere-Coaching-Konzept im Detail
Der Coaching-Prozess besteht aus fünf Sitzungen mit einer
Dauer von jeweils zwei Stunden. Im Fokus des Coachings steht
der Klient mit seinen Zielen. In der ersten Sitzung findet das
Vorgespräch statt. Primäre Aufgabe des Coachs ist es, in die-
ser Sitzung, durch den Einsatz bestimmter Fragetechniken mit
dem Klienten, gemeinsam dessen Ziele auf der Verhaltensebene
zu operationalisieren. Mithilfe von Skalierungsfragen werden
die Ziele quantifiziert; wobei jede Stufe der zehnstufigen Ska-
la durch den Klienten anhand von Verhaltensankern definiert
wird. Die aktuelle Zielerreichung wird zu Beginn jeder der fünf
Sitzungen reflektiert. Dadurch werden Veränderungen fixiert.
Für jede der Sitzungen steht demCoach eine Auswahl von geeig-
neten Tools zur Verfügung. Diese sind nach Sitzung und prototy-
pischem Ablauf eines Coachings geordnet und erfüllen jeweils
eine bestimmte Aufgabe in dem Coachingkonzept. Abbildung 2
gibt einen Überblick über die Aufgabe der einzelnen Sitzungen
(in Anlehnung an Braumandl, Sauer & Hoppe, 2010). Dabei wird
in jeder Sitzung der konkrete Bezug zum Ziel hergestellt. Die
zweite Coachingsitzung dient der Standortbestimmung. In die-
ser Sitzung sind typische Reflexionsfragen: „Wo liegen persön-
liche Stärken und Entwicklungsfelder. Wie passen diese mit
den beruflichen Zielen zusammen. Wo bestehen Zusammen-
hänge mit den Coachingzielen?“. In der dritten Sitzung geht
es um die individuellen Kompetenzen des Klienten: Welche
Kompetenzen besitzt er und wie sind diese für künftige Ziele
einsetzbar? Die vierte Sitzung thematisiert die konkreten Ent-
wicklungsfelder des Klienten. Durch das ressourcenorientierte
Vorgehen der letzten Sitzungen wird die Selbstkompetenz des
Klienten gestärkt und eine neue Sichtweise auf die akuten
Probleme ermöglicht. Nun geht es darum, diese Ergebnisse in
die Praxis zu transferieren. Die abschließende Sitzung fokus-
siert sehr stark auf die Maßnahmenplanung: Der Klient entwi-
ckelt mithilfe des Coachs konkrete Pläne für die Zeit nach dem
Coaching. Durch eine Art „Rückfallprophylaxe“ werden der
Transfer und die nachhaltige Umsetzung neu erlernter Verhal-
tensweisen, Erkenntnisse etc. unterstützt. Nach dem Coaching
trägt der Klient die Verantwortung für den weiteren Transfer-
prozess wieder allein. Hier kann in der Praxis die Unterstüt-
zung durch die verantwortliche Führungskraft sehr hilfreich
sein, durch Feedback zur weiteren Umsetzung der bearbeiteten
oder neuen Ziele. Im Laufe des Coachings wird Sensibilität
dafür geschaffen, welche persönlichen Kompetenzen und un-
terstützenden Bedingungen (Kollegen, Arbeitgeber, Freunde,
Familie ...) für die eigene Weiterentwicklung bereits vorhanden
sind oder ausgebaut werden können. Diese Erkenntnis wird
nur in konkretes Verhalten umgesetzt, wenn sie durch den
Klienten selbst entsteht und nicht durch eine externe Person
als Ratschlag weitergegeben wird.
Die Untersuchung
Als Coachs in der vorliegenden Untersuchung wurden 20 Psy-
chologiestudierende aus Regensburg und Braunschweig kurz
Berufseinsteiger
Berufliche Orientierung, Analyse eigener
Stärken und Schwächen, Aufbau beruflicher
Kompetenzen
Promovierende
Laufbahnentscheidungen zwischen
Wissenschaft und Praxis, Aufbau von
Forschungssichtbarkeit, Entwicklung von
Selbstorganisationsfähigkeit, interkulturelle
Kompetenz (bedingt durch Internationa-
lität)
Unternehmens-
Gründungsinteressierte
Umgang mit finanzieller Unsicherheit,
Klärung von Werten und Motivation, Abwä-
gung von Alternativen, Vereinbarkeit von
Familie/Work-Life-Balance, Arbeitsbela-
stung und neue Aufgabenfelder
Young Professionals
Strategische Karriereplanung, Umgang
mit neuen Aufgabenfeldern, Aufbau von
Führungskompetenz
Ältere Mitarbeiter
50 Plus
Neuorientierung im Beruf, Anpassung des
beruflichen Alltags an geändertes Fähig-
keitenprofil, Weitergabe der Expertise an
unerfahrenere Mitarbeiter
Abb. 3:
Einsatzmöglichkeiten des Karriere-Coachings
Zielgruppe
Anliegen/Handlung
Quelle: Technische Universität Braunschweig, Prof. Dr. Simone Kauffeld