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SCHWERPUNKT
_KARRIERE
PERSONALquarterly Oktober_2011
flexion zu erreichen. Ein meist lösungs- und zielorientiertes
Vorgehen soll den Klienten durch eine verbesserte Wahrneh-
mung des eigenen Verhaltens, persönlicher Ressourcen und
Entwicklungsfelder dazu befähigen, seine Situation neu zu be-
werten und selbst zu lösen. Langfristiges Ziel ist dabei immer,
auch die Selbstwirksamkeit (Überzeugung durch eigene Fä-
higkeiten, die angestrebten Handlungen erfolgreich ausführen
zu können) und die Selbstreflexionsfähigkeit des Klienten zu
stärken (Greif, 2008). Der erfolgreiche Coach hat sich nach dem
Coaching weitestgehend überflüssig gemacht, da der Klient
mehr Sicherheit und umfassendere Kompetenzen besitzt, seine
eigene Problemlösung zu entwickeln. Coaching setzt sowohl bei
der kurzfristigen Unterstützung als auch bei der langfristigen
Entwicklung des Klienten an. Ein erfolgreiches Coaching un-
terstützt bei akuten kritischen Situationen, ermöglicht aber vor
allem einen Transfer der Erkenntnisse in die spätere berufliche
Praxis. Insbesondere die lösungs- und ressourcenorientierte
Zielsetzung von Coaching kann den Umgang des Klienten mit
Problemen und Aufgaben positiv verändern.
Coach unter 25 – geht das?
In dem hier vorgestellten Karriere-Coaching waren sowohl die
Klienten als auch die Coachs Studierende kurz vor dem Be-
rufseinstieg. Die dahinterstehende Forschungsfrage war, ob
Coaching auf Basis eines spezifischen Konzepts, mit fokussier-
ten Inhalten und für eine spezielle Zielgruppe funktionieren
kann – auch ohne dass die Coachs den Klienten mit Status und
beruflicher Erfahrung beeindrucken können. Die Hypothese,
dass diese „jungen“ Coachs erfolgreich sein können, beruht
auf der Definition von Coaching. In der ergebnisorientierten
Auseinandersetzung mit konkreten individuellen Zielen des
Klienten ist der Coach Prozessbegleiter und setzt Methoden
und Übungen ein, bei denen die lösungs- und ressourcenorien-
tierte Selbstreflexion des Klienten unterstützt wird.
Die Ausbildung zum Karriere-Coach
Um die Ausbildung der angehenden Coachs so effektiv wie
möglich zu gestalten, wurde die Ausbildung nach konstruktivis-
tischen Lernprinzipien (Kauffeld, 2010) aufgebaut. Dies ermög-
licht die größtmögliche Umsetzung des theoretisch Gelernten
und maximiert so den Transfer. Das Karriere-Coaching-Konzept
und die Ausbildung zumKarriere-Coachwurden von Braumandl
und Discherl (2005) entwickelt. Die Ausbildung wird seit 2006
unter anderem an den Universitäten Regensburg und Braun-
schweig angeboten. Die theoretische Basis des Coachingskon-
zepts bildet dabei das „Modell der Bedingungen des Verhaltens“
(v. Rosenstiel, 2007). Dieses Modell erklärt menschliches Ver-
halten auf Basis verschiedener Faktoren: Zum einen werden
die Bedingungen auf der Seite der Person analysiert (Was
kann diese Person und was will sie?). Zum anderen werden
die Bedingungen im Umfeld der Person identifiziert (Sind die
Bedingungen förderlich für das gewünschte Verhalten? Wel-
che Normen und Regeln gilt es zu beachten?). Insbesondere
für den Berufseinstieg sind diese Fragen von entscheidender
Bedeutung, da auf Basis dieser Faktoren die Passung zwischen
der eigenen Person und der künftigen Organisation reflektiert
werden können. Die wissenschaftliche Begleitung und Iden-
tifikation von Wirkfaktoren in der Interaktion von Coach und
Klient wird an der TU Braunschweig am Lehrstuhl von Prof. Dr.
Simone Kauffeld vorangetrieben (Gessnitzer & Kauffeld, 2011;
Ianiro &Kauffeld, 2011). An der TUBraunschweig wird das Kon-
zept für Berufseinsteiger (www.4A-Side.com), Promovierende
(www.tu-braunschweig.de/grad-life) und Unternehmensgrün-
dungsinteressierte (www.4A-Side.com) weiterentwickelt.
Die Ausbildung besteht aus insgesamt drei Teilen und dauert
zwei Semester (siehe Abb. 1): Inklusive Selbststudium umfasst
die Ausbildung zum Karriere-Coach 220 Stunden. Im ersten
Semester lernen die angehenden Karriere-Coachs die Theorie
kennen. In dieser ersten Phase der Ausbildung werden inner-
halb von Blockterminen sowohl Grundstruktur des Coachings
als auch die einzelnen Tools des gesamten Konzepts vorgestellt.
Desweiteren werden Frage- und Kommunikationstechniken ver-
mittelt und durch Modelllernen, Kleingruppen und Rollenspiele
trainiert, um die Teilnehmer zu handlungsfähigen Karriere-
Coachs auszubilden. Die zweite Phase der Ausbildung umfasst
ein sogenanntes Peer-Coaching: Die Teilnehmer bilden Paare
und fungieren als Coach für den jeweils anderen. Dies ermöglicht
zumeinen praktische Übung, zumanderen durchlaufen die Teil-
nehmer selbst einen Karriere-Coaching-Prozess und lernen so
die Klientensicht kennen, bauen Coaching-Fähigkeiten aus und
profitieren selbst hinsichtlich ihrer persönlichen Karriereziele.
Im zweiten Semester findet der dritte Ausbildungsteil statt: Die
Teilnehmer coachen ihren ersten Klienten, einen fachfremden
Abb. 2:
Überblick über die Aufgabe
der einzelnen Sitzungen
Quelle: In Anlehnung an Braumandl, Sauer & Hoppe, 2010
Vorgespräch (2 Stunden)
Anlass, Ziele Arbeitsweise, Zeit- und Inhaltsplanung
Stärken- und Schwächenanalyse (2 Stunden)
Abgleich von Selbst- und Fremdbild
Ist-Analyse (2 Stunden)
Persönliche Ressourcen und Kompetenzen
Soll-Analyse-Grobziele (2 Stunden)
Potenziale und künftige Eigenentwicklungsfelder
Soll-Analyse-Feinziel (2 Stunden)
Maßnahmenplanung, Transfer und Abschluss des Prozesses