Seite 41 - Immobilienwirtschaft_2014_07-08

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-8.2014
um über 20 Prozent teurer als die jewei-
lige ortsübliche Vergleichsmiete inseriert.
In Berlin weist die Mehrheit der Wohn-
quartiere Angebotsmieten oberhalb der
Bestandsmiete auf. In den stark nachge-
fragten Ortsteilen Mitte, Prenzlauer Berg,
Kreuzberg und Friedrichshain liegt die
Differenz teilweise bei über 50 Prozent.
„Die maximale Mietspiegelmiete in einer
gutenWohnlage in Berlin-Charlottenburg
liegt mit 7,50 Euro pro Quadratmeter in-
klusive aller Aufschläge für Ausstattungs-
kriterien rund 30 Prozent unter der derzeit
üblichenNeuvermietungsmiete“, berichtet
Michael Schlatterer MRICS, Team Leader
Valuation bei CBRE. „In Freiburg liegt
die Differenz zwischen ortsüblicher Ver-
gleichsmiete und Marktmiete bei durch-
schnittlich 20 Prozent“, so die Erfahrung
von Dirk Schemmer, öffentlich bestellter
und vereidigter Sachverständiger für Im-
mobilienbewertung in Freiburg.
Die generelle Begrenzung derMiethö-
he bei Wiedervermietungen auf zehn Pro-
zent über der ortsüblichenVergleichsmie-
te würde teilweise also zu einer massiven
Reduzierung der erzielbaren Erträge füh-
ren. Da auch die Mietspiegel eine Preis-
spanne aufweisen, wäre zudem zu klären,
auf welchenWert die Begrenzung abstellt.
Klare Definitionen fehlen
Die unklaren
Definitionen des Gesetzgebers, was unter
„angespannten“ Wohnungsmärkten und
„umfassenden“ Sanierungen zu verste-
hen ist, generieren ein weites Feld für
Interpretationen. Auch in Städten mit
einem starken Nachfrageüberhang ist der
Wohnungsmarkt nicht in jedem Stadtteil
„angespannt“. „München-Freilassing als
angespannten Wohnungsmarkt zu quali-
fizieren, ist fragwürdig. Dort ist schon eine
Miete von sieben Euro pro Quadratmeter
schwer erzielbar“, stellt Stephan Zehnter
MRICS, öffentlich bestellter und verei-
digter Sachverständiger für Immobilien-
bewertung in München, fest. Ähnliche
Unsicherheiten bestehen beim Begriff der
umfassend saniertenWohnungen, die von
der Begrenzung ausgenommen sind.
Auswirkungen auf die Wertermittlung
Angesichts der Langlebigkeit von Im-
mobilien und den engen gesetzlichen
Regelungen zu Mieterhöhungen bei be-
stehenden Mietverhältnissen zieht die
Wertermittlung als erzielbaren Rohertrag
die ortsübliche Vergleichsmiete heran.
Bei einer Begrenzung der Mietpreis-
bremse auf fünf Jahre wären daher kaum
Auswirkungen auf die Wertermittlung
zu verzeichnen. „Für den Bewerter gibt
es derzeit aufgrund der rechtlichen Un-
sicherheiten in der Umsetzung der Kap-
pung der Wiedervermietungsmieten kei-
nen Änderungsbedarf, weder im Bewer-
tungsmodell noch in der Wertfindung.
Es bleibt abzuwarten, bis sich klare Ten-
denzen hinsichtlich der Preisentwicklung
im Markt abzeichnen“, so Schlatterer. Als
Instrument auf Dauer sähe die Lage an-
ders aus. Die gedämpfteMiete beiWieder-
vermietungen und der verlängerte Zeit-
raum der Kappungsgrenze würden sich
auch im Mietspiegel bemerkbar machen.
„Die Ermittlung des Rohertrags anhand
objektiver Objektkriterien wie die Lage
würde durch subjektive Kriterien wie das
bisherige Vermietungsniveau überlagert“,
so Zehnter. Mittel- bis langfristigmüssten,
je nach Reaktion des Markts, auch die Lie-
genschaftszinsen angepasst werden – ein
deutlicher Mehraufwand für die auswei-
senden Gutachterausschüsse. Die Liegen-
schaftszinssätze geben als Diskontierungs-
und Kapitalisierungszinssätze die vom
Grundstücksmarkt erwartete Entwicklung
der wertbestimmenden Parameter, insbe-
sondere der Ertragsverhältnisse, an.
Insgesamt wäre die Prognose künf-
tiger Erträge und die Entwicklung der
Wohnungsmärktemit größerenUnsicher-
heiten behaftet.
summary
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Deutliche Differenzen
In Städten mit angespannten Wohnungsmärkten weisen laut einer Analyse des Bundesinstituts
für Bau-, Stadt- und Raumforschung Marktmiete und ortsübliche Vergleichsmiete teilweise deutliche Differenzen auf.
»
Erzielbare Erträge
Die generelle Begrenzung der Miethöhe bei Wiedervermietungen auf zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete würde teilweise
zu einer massiven Reduzierung der erzielbaren Erträge führen.
»
Unklare Definitionen
Zudem generieren die unklaren Definitionen des
Gesetzgebers zu „angespannten“ Wohnungsmärkten und „umfassenden“ Sanierungen ein weites Feld für Interpretationen.
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Gabriele Bobka, Bad Krozingen
Das neue Gesetz
nimmt die Miet-
preise in die Zange.