Seite 62 - Immobilienwirtschaft_2014_06

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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
ENERGIEWENDE BEI BESTANDSGEBÄUDEN
Unter Berücksichtigung des Wirtschaft-
lichkeitsgebots aus dem Energieeinspa-
rungsgesetz amortisieren sich zahlreiche
Einsparmaßnahmen nicht im Zeitraum
der zu erwartenden technischen Lebens-
dauer der Sanierungskomponenten.
Das Kosten-Nutzen-Dilemma ist wei-
terhin ungelöst: Bei fremdgenutzten
Gebäuden verbleiben nach wie vor die
Kostenanteile fürMaßnahmen der ener­
getischen Sanierung beim Eigentümer,
während der Nutzer im Rahmen der
Betriebskosten von sinnvollenMaßnah-
men profitieren kann. Dieser Konflikt
scheint durch die letzten Änderungen
rechtlicher Rahmenbedingungen – Bei-
spiel: § 556c BGB / WärmeLV – redu-
ziert, aber nicht gelöst.
DemografischeEffekte:WesentlicheTeile
von selbstgenutzten Wohnimmobilien
befinden sich in der Hand von Eigentü-
mern, die am Ende ihres Erwerbslebens
oder bereits in der Altersversorgung
stehen. Langfristig angelegte Maßnah-
men sind in diesemUmfeld nachwie vor
schwer zu vermitteln. Daneben fehlen in
dieser Eigentümergruppe oftmals auch
die finanziellen Möglichkeiten.
Rebound-Effekt: Die Analyse energe-
tischer Sanierungen im Detail zeigt,
dass mit niedriginvestiven Maßnahmen
D
ie Bedeutung der energetischen Be-
wirtschaftung von Gebäuden im
Neubau und vor allem im Bestand
bei unterschiedlicher Nutzung wird im
Zusammenhang mit der Energiewende
und der Klimapolitik seit Jahren themati-
siert. In Publikationen findet sich in die-
sem Zusammenhang ein Wert, der den
Immobilien einen 40-prozentigen Anteil
am Energieverbrauch zuschreibt. Selbst
wenn diese Marke zum Teil als überhöht
bezeichnet wird, scheint die Aussage je-
doch klar: Ohne oder gegen die Immobi-
lienwirtschaft lassen sich die energiepoli-
tischen Ziele nicht erreichen.
Bei der Umsetzung der Energiewende
spielen Bestandsgebäude eine bedeutsame
Rolle. Der Befund innerhalb der immo-
bilienwirtschaftlichen Realität – Sanie-
rungsquote, Anteil vollständiger energe-
tischer Sanierungen einzelner Gebäude
(Komplexsanierung) – stimmt mit den
Zielstellungen jedoch nach wie vor nicht
überein.
URSACHENFORSCHUNG
Die Gründe, wa-
rum sich eine energetische Gebäudesanie-
rung im Bestand nicht auf breiter Front
durchsetzt, sind vielfältig. Ursachenfor-
schung scheint geboten.
Es muss im Regelfall davon ausgegan-
gen werden, dass erst dann saniert wird,
wenn Bauteile und Komponenten der
Fassade oder der technischen Gebäu-
deausrüstung abgängig sind und ohne-
hin ersetzt werden müssen.
Eine umfassende und vor allem in allen
Komponenten energetisch aufeinander
abgestimmte Sanierung findet häufig
nicht statt, da sich der Reparaturbedarf
oft nur auf einzelne Elemente bezieht.
Nach wie vor werden daher oftmals
Sanierungen getrennt nach Gewerken
(etwa Hülle, Fenster, Heizung und an-
dere Technik) ausgeführt.
Zahlreiche anspruchsvolle Sanierungs-
konzepte „rechnen sich nicht“.
Das Investor-Mieter-Dilemma auflösen
Energetische Gebäudesanie-
rung im Bestand setzt sich
auf breiter Front bislang nicht
durch. Doch schon minimal-
investiv lässt sich Effizientes
tun: etwa die Regelung
vorhandener haustechnischer
Anlagen in Kombination mit
einer Neuverhandlung der
Energielieferverträge.
Fotos: Dorß
40
%
beträgt der Immobilienanteil
am Gesamtenergieverbrauch
in Deutschland. Ohne oder gar
gegen die Branche lassen sich
die energiepolitischen Ziele
nicht erreichen.