Seite 24 - Immobilienwirtschaft_2014_06

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INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
STUDIE
DIE SITUATION HAT SICH VERÄNDERT
Da
Immobilienmit hohen Investitionskosten
und entsprechend hohen Fremdkapitalan-
teilen verbunden sind, waren in der Ver-
gangenheit die laufenden Erträge oft nega-
tiv, weshalb sich Vermieter oftmals besser
stellten als Selbstnutzer, die Kosten nicht
absetzen können. Stand den negativen
Einkünften dann später ein hoher steu-
erfreier Veräußerungsgewinn gegenüber,
konnte der Vermieter eine deutlich höhere
Rendite erzielen als der Selbstnutzer. Da
die Wettbewerbsintensität im Mietwoh-
nungsmarkt hoch ist, geben die Vermieter
diese Vorteile in der Regel an die Mieter
weiter. Deshalb titelte die Expertenkom-
mission Wohnungswirtschaft in den
1990er Jahren „Der kluge Mann wohnt
zur Miete“. Dies hat sich in den Köpfen
vieler Marktakteure und auch Politiker
festgesetzt, doch mittlerweile hat sich die
Situation geändert.
Zumeinen haben sich die steuerlichen
Rahmenbedingungen geändert. Zwar er-
hält auch der Selbstnutzer keine Eigen-
heimzulage mehr, aber für den Vermieter
sind die Einschnitte seit den 1990er Jahren
noch gravierender. Vor allem der Wegfall
der degressiven AfA und die Reduzierung
des Satzes auf nun zwei Prozent wiegen
schwer. Zum anderen sind die Zinsen
deutlich gesunken. Allein zwischen 2009
und 2013 sind die Zinsen imDurchschnitt
noch einmal um etwa 150 Basispunkte
zurückgegangen. Im Vergleich zu den
1990er Jahren haben sich die Zinsenmehr
als halbiert. Damit sinken die anrechen-
baren Kosten, was die Vorteilhaftigkeit zu
Gunsten des Eigennutzers verschiebt, der
seine Erträge, die gesparte Miete, nicht
versteuern muss.
Diese Veränderungen führen dazu,
dass es für immer mehr Haushalte at-
traktiver ist, selber zu kaufen und nicht
mehr zu mieten. Während 2008 lediglich
43 Prozent der Haushalte in den eigenen
vier Wänden wohnten, waren es 2010
Z
ur Frage des Kaufens oderMietens von
Wohneigentumgibt es in Bibliotheken
teilweise Regale voll Literatur. Dabei
gehen Ökonomen davon aus, dass es wirt-
schaftlich letztlich egal ist, weil sich die
Preise der Selbstnutzung und des Mietens
langfristig angleichen. Schließlich würden
bei einer Vorteilhaftigkeit des Kaufens im-
mer mehr Menschen von der Miete zum
Kauf wechseln, was die Nachfrage nach
Mietwohnungen reduzieren und die von
Eigentumswohnungen erhöhen würde.
Dies würde die Preise für Eigentums-
wohnungen erhöhen und die Mietpreise
senken, bis schließlich beide Nutzungen
gleich viel kosten. Umgekehrt gilt dies
entsprechend.
Tatsächlich ist es aber nicht ganz so
einfach, wofür schon der Staat mit seinen
unterschiedlichen Besteuerungsregeln
sorgt. So bleiben selbstgenutzte Immobili-
en imRahmen der Konsumgutlösung wei-
testgehend steuerfrei. Die fiktiven, nicht
gezahlten und damit gesparten Mietzah-
lungen müssen nicht versteuert werden.
Andererseits können laufende Kosten
etwa für Renovierungen oder Zinszah-
lungen auch nicht steuerlich geltend ge-
macht werden.
Bis 1987 war der Nutzwert (die gespar-
te Miete) prägend in der Besteuerung von
selbstgenutztem Wohneigentum. Dieser
wurde besteuert, Instandhaltungs- und
Zinskosten waren allerdings abzugsfähig.
Der hohe Aufwand der Erhebung und
Bewertung des Nutzwerts führte, über
Umwege, schließlich zur einfacher zu er-
hebenden und damit praktischeren Kon-
sumgutlösung.
Vermietete Immobilien hingegen
werden als Investitionsgut behandelt und
die erzielten Mieteinnahmen müssen
versteuert werden. Im Gegenzug dafür
können sowohl die laufenden Kosten der
vermieteten Immobilie als auch die Ab-
schreibungen des Gebäudewerts steuer-
lich angesetzt werden.
Der kluge Mann wohnt zur Miete – oder?
Ob sich Wohneigentum
rechnet oder nicht, ist
nicht mehr so eindeutig zu
beantworten wie früher.
Das Institut der deutschen
Wirtschaft in Köln zeigt,
wie stark dies von den
unterschiedlichen Regionen
in Deutschland abhängt.
7%
KAUFEN 2009
2009 lohnte es sich
in lediglich 28 Land-
kreisen (7 Prozent)
zu kaufen.
27%
KAUFEN 2013
Im Jahr 2013
empfahl sich ein
Kauf bereits in
108 Landkreisen
(27 Prozent).