Seite 68 - Immobilienwirtschaft_2013_06

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68 Aktuelles Recht
06 | 2013
Fakten:
Der Vermieter
forderte den Mieter unter
Benennung von vier Ver-
gleichswohnungen auf, der
Erhöhung der Nettokaltmiete
zuzustimmen. Das Schreiben
enthielt auch Angaben für die
Wohnung nach dem Berli-
ner Mietspiegel 2009. Der
Vermieter bestritt im Prozess,
dass der Mietspiegel 2009
der Stadt Berlin nach aner-
kannten wissenschaftlichen
Grundsätzen erstellt wurde.
Der Mieter stimmte nicht zu.
Der BGH führt zur Anwen-
dung von Mietspiegeln aus:
Liegt ein formell wirksames
Mieterhöhungsverlangen vor,
ist zu überprüfen, ob die kon-
kret vom Vermieter verlangte
Mieterhöhung tatsächlich
berechtigt ist, insbesondere,
ob die neue Miete innerhalb
der ortsüblichen Vergleichs-
miete liegt. Von Gesetzes
wegen wird vermutet, dass
die in einem qualifizierten
Mietspiegel bezeichneten
Entgelte die ortsübliche
Vergleichsmiete wiedergeben.
Diese Vermutungswirkung
kann nur zum Tragen kom-
men, wenn der Tatrichter
den qualifizierten Mietspiegel
auch in dem Fall berücksich-
tigen darf, dass der Vermieter
sein Erhöhungsverlangen
anderweitig begründet hat.
Auch ein einfacher Miet-
spiegel darf in die Überzeu-
gungsbildung des Tatrichters
einfließen. Wie weit dessen
Indizwirkung reicht, hängt
insbesondere von der Quali-
tät des Mietspiegels ab. Ob es
sich um einen qualifizierten
Mietspiegel handelt, prüft
der Zivilrichter im Rahmen
des Mieterhöhungsprozesses.
Dazu kann er gegebenenfalls
unter Einholung amtlicher
Auskünfte gemäß § 273
Absatz 2 Nummer 2 oder §
358a Nummer 2 ZPO über
das Vorliegen der in § 558d
Absatz 1 BGB genannten
Voraussetzungen Beweis, ge-
gebenenfalls durch Sachver-
ständigengutachten, erheben.
Von der Partei, die das
Vorliegen eines qualifizierten
Mietspiegels in Abrede stellt,
ist zunächst zu verlangen,
dass sie im Rahmen des Mög-
lichen substanziierte Angriffe
gegen den Mietspiegel vor-
bringt. Das hat der Vermieter
hier getan. Allerdings hat er
die Ortsüblichkeit der Miete
nicht bewiesen. Zum einen
stellen vier Wohnungen im
Regelfall eine zu geringe
Datengrundlage dar, um
im Prozess die ortsübliche
Vergleichsmiete zu beweisen.
Zum anderen hatte der Mie-
ter die Vergleichbarkeit der
Wohnungen bestritten. Der
BGH hebt das Urteil auf und
verweist die Sache zurück.
Fazit:
Die ortsübliche
Vergleichsmiete gemäß § 558
Absatz 2 BGB wird gebildet
aus den üblichen Entgelten,
die in der Gemeinde oder ei-
ner vergleichbaren Gemeinde
für Wohnraum vergleichbarer
Art, Größe, Lage etc. in den
letzten vier Jahren vereinbart
oder – von Erhöhungen nach
§ 560 BGB abgesehen – geän-
dert worden sind. Dem qua-
lifizierten Mietspiegel kommt
eine Vermutungswirkung,
dem einfachen Mietspiegel
eine Indizwirkung zu. Hält
der Vermieter den Mietspiegel
nicht für geeignet, die ortsüb-
liche Vergleichsmiete festzu-
stellen, muss er substanziiert
bestreiten, dass der Mietspie-
gel nach wissenschaftlichen
Kriterien erstellt wurde. Die
Begründung des Erhöhungs-
verlangens mit mindestens
drei Verleichswohnungen ist
zulässig. Bestreitet der Mieter
die Vergleichbarkeit, kommt
es auf ein Sachverständigen-
gutachten an.
Beweislast [68.1]
Zu den Voraussetzungen der Anwendung
von Mietspiegeln
Auf die Prüfung, ob ein Mietspiegel die Anforderungen des §
558d Absatz 1 BGB erfüllt, kann im Falle des Bestreitens nicht
schon deswegen verzichtet werden, weil der Mietspiegel von
seinem Ersteller als qualifizierter Mietspiegel bezeichnet oder
von der Gemeinde und/oder von den Interessenvertretern der
Vermieter und der Mieter als solcher anerkannt und veröffent-
licht worden ist. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorlie-
gen eines qualifizierten Mietspiegels trägt diejenige Partei, die
sich die Vermutung des § 558d Absatz 3 BGB zunutze machen
will.
BGH, Urteil vom 21.11.2012, Az. VIII ZR 46/12
Mietrecht
dann verdient hat, wenn der
Maklerkunde das Objekt zu
einem niedrigeren Kauf-
preis, als er Gegenstand des
Nachweises war, erworben
hat. Denn in einem solchen
Fall liege eine wirtschaftliche
Gleichwertigkeit des ange-
strebten mit dem abgeschlos-
senen Geschäft vor, aufgrund
derer eine Kongruenz beider
Verträge ausnahmsweise
entbehrlich sei. Die Rich-
ter verstehen jedenfalls die
Rechtsprechung des BGH
dahingehend, dass eine Aus-
nahme von dem Grundsatz
der Identität des beabsich-
tigten mit dem abgeschlos-
senen Hauptvertrag dann in
Betracht kommt, wenn der
tatsächlich abgeschlossene
Vertrag zwar inhaltlich von
demjenigen abweicht, der
Gegenstand des Maklerver-
trags war, der Kunde mit
ihm aber wirtschaftlich den
gleichen Erfolg erzielt. Denn
bei Vorliegen einer solchen
wirtschaftlichen Gleichwer-
tigkeit widerspräche es Treu
und Glauben, wenn sich der
Maklerkunde auf eine feh-
lende Identität des geschlos-
senen mit dem beabsichtigten
Hauptvertrag beriefe. Zur
abschließenden Klärung
dieser Rechtsfrage hatte das
OLG Hamm die Revision vor
dem BGH zugelassen.
Fazit:
Der Makler hatte
vorliegend seinen Provisions-
anspruch bereits durch seine
Allgemeinen Geschäftsbedin-
gungen zu sichern versucht.
Es fand sich eine Bestim-
mung, wonach der Anspruch
auch dann entstehe, wenn
der Vertrag zu Bedingungen
abgeschlossen wird, die vom
Angebot abweichen, oder
soweit im zeitlichen und
wirtschaftlichen Zusam-
menhang mit einem ersten
Vertrag vertragliche Erwei-
terungen und Ergänzungen
zustande kämen bzw. ein
gleiches oder ähnliches Ge-
schäft abgeschlossen werde.
Diese Regelung läuft auf eine
erfolgsunabhängige Provision
hinaus, die zwar individual-
vertraglich, nicht aber durch
Allgemeine Geschäftsbedin-
gungen vereinbart werden
kann. Die Klausel war daher
unwirksam.