Seite 66 - Immobilienwirtschaft_2013_06

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66 Aktuelles Recht
06 | 2013
Schneeräumung und die Folgen. Immer wieder Anlass für Streit
Fakten:
Einer der Woh-
nungseigentümer war vor
dem Haus der Wohneigen-
tumseigentümergemein-
schaft aufgrund Glätte des
nicht vom Schnee geräum-
ten öffentlichen Gehwegs
vormittags um 10 Uhr
gestürzt. Er behauptete, dass
es bis zum vorhergehenden
Abend geschneit hätte.
Ferner behauptete er, dass
der Fußgängerweg vor der
Wohnanlage mit Schnee
bedeckt gewesen sei, als er
seine Wohnung verlassen
habe. Er behauptete, bei dem
Sturz einen Trümmerbruch
des rechten Fußgelenks sowie
eine leichte Gehirnerschütte-
rung erlitten zu haben. Der
Wohnungseigentümer wurde
entsprechend in einer Klinik
operiert. Mit den Räum- und
Streudiensten war seitens
der Eigentümergemeinschaft
ein externer Dienstleister
beauftragt. Der Wohnungs-
eigentümer behauptete
schließlich, der Unfallort sei
erst nach seinem Sturz von
dem Dienstleister gereinigt
worden. Der Wohnungsei-
gentümer war der Auffas-
sung, der Eigentümergemein-
schaft sei die Fehlleistung des
Dienstleisters zuzurechnen.
Jedenfalls nahm er die
Gemeinschaft gerichtlich auf
Schadensersatz und Schmer-
zensgeld in Anspruch. Die
Klage wurde abgewiesen.
Bei der Räum- und Streu-
pflicht handelt es sich um
eine Verkehrssicherungs-
pflicht, die grundsätzlich auf
Dritte übertragen werden
kann. Die Verkehrssiche-
rungspflicht der Eigentümer-
gemeinschaft ist damit jedoch
nicht erloschen, sondern hat
sich auf eine Kontroll- und
Überwachungspflicht ver-
engt, die neben die Pflichten
des Übernehmenden tritt.
Wesentlicher Inhalt dieser
Pflichten ist, zum einen eine
geeignete Person auszuwäh-
Verkehrssicherung [66.1]
Gemeinschaft hat Überwachungspflichten
Die WEG als Eigentümerin eines Grundstücks trifft die Pflicht,
Geh- und Fahrradwege in der erforderlichen Breite vom Schnee
und Eis zu reinigen. Diese Pflicht kann die WEG wirksam auf Drit-
te übertragen. Dabei trifft die WEG die Pflicht, eine geeignete
Person auszuwählen und diese im Rahmen des Möglichen und
Zumutbaren zu überwachen.
AG Hamburg-Wandsbek, Urteil vom 4.9.2012, Az.: 716b C 53/12
len und zum anderen
diese im Rahmen des
Möglichen und Zumu-
tbaren zu überwachen.
Der Umfang der Über-
wachung bestimmt sich
nach den Umständen
des Einzelfalls, insbeson-
dere Art und Häufigkeit
der möglichen Schäden.
Wird die Räum- und
Streupflicht auf einen
Dienstleister übertragen,
ist die Gemeinschaft le-
diglich zu einer stichpro-
benhaften Kontrolle des
Übernehmers verpflich-
tet.
Der geltend gemachte
Anspruch des Wohnungs-
eigentümers musste vor-
liegend daran scheitern,
dass er nicht im Ansatz
dargelegt hatte, die
Eigentümergemeinschaft
hätte ihrer Kontroll- und
Überwachungspflichten
verletzt. Er hatte lediglich
vorgebracht, dass der auf
dem Gehweg befindliche
Schnee nicht unverzüg-
lich nach Beendigung des
Schneefalls am Vorabend
durch den Dienstleister
beseitigt wurde. Das
war nicht ausreichend.
Für eine Haftung der
Gemeinschaft hätte es
eben der Verletzung ihrer
Kontroll- und Überwa-
chungspflichten bedurft.
Fazit:
Die Entscheidung
spiegelt zutreffend die
Rechtslage wider und
entspricht insoweit auch
der absolut herrschenden
Meinung.
Anwaltsvergütung [66.2]
Aufgepasst bei Gebührenvereinbarungen
Die nachträgliche Genehmigung einer Kostenüberschreitung
– hier: Kostenobergrenze für Anwaltsgebühren – widerspricht
dem Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Kos­
tenüberschreitung bereits Schadensersatzansprüche gegen
den Verwalter begründet hat und die bereits entstandenen An-
sprüche durch die nachträgliche Genehmigung der Kostenüber-
schreitung ersatzlos entfallen würden.
AG München, Urteil vom 30.11.2012, Az.: 481 C 15837/12 WEG
Fakten:
Die Wohnungsei-
gentümer hatten die Verwal-
tung auf einer Wohnungsei-
gentümerversammlung damit
beauftragt, im Hinblick auf
die Klärung rechtlicher Pro-
bleme einer Dachaufstockung
einen Rechtsanwalt zu beauf-
tragen. Im Beschluss wurde
festgelegt, dass das Honorar
für die entsprechende Bera-
tung einen Betrag von 1.000
Euro nicht überschreiten dür-
fe. Die Verwalterin hatte so-
dann einen Anwalt beauftragt
und mit diesem eine Gebüh-
renvereinbarung getroffen,
wonach dem Rechtsanwalt
ein Stundenhonorar von 300
Euro zustehen sollte. Nach
Auftragsdurchführung stellte
der Rechtsanwalt Gebühren
in einer Gesamthöhe von
fast 7.000 Euro in Rechnung.
Die Verwalterin lud zu einer
weiteren Eigentümerver-
sammlung, an der auch der
Rechtsanwalt teilgenommen
hatte. Zur Beschlussfassung
standen die Aufhebung der
ursprünglich festgelegten Ho-
norarobergrenze von 1.000
Euro und die Finanzierung
der angefallenen Rechtsan-
waltskosten durch Erhebung
einer Sonderumlage. Der