Seite 65 - Immobilienwirtschaft_2013_06

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06 | 2013
„Verwalterlosigkeit“ [65.4]
Keine einstweilige Verfügung auf gerichtliche
Verwaltereinsetzung
Allein die „Verwalterlosigkeit“ einer Wohnungseigentümerge-
meinschaft rechtfertigt nicht die gerichtliche Verwalterbestel-
lung im Verfahren der einstweiligen Verfügung.
LG Berlin, Beschluss vom 31.1.2012, Az.: 85 T 31/12 WEG
Fakten:
Vorliegend
handelt es sich um eine
zerstrittene Zweiergemein-
schaft. Der Bestellungszeit-
raum des Verwalters war
zum 31.12. ausgelaufen.
Bereits im November hatte
einer der Eigentümer die
Bestellung eines Verwalters
vorgeschlagen, der andere
Wohnungseigentümer jedoch
nicht zugestimmt. Anfang
Dezember kam es zu einem
Defekt an der Heizungsanla-
ge. Mit Antrag vom 7.1. des
darauffolgenden Jahres hatte
dieser Eigentümer im Wege
der einstweiligen Verfügung
die gerichtliche Einsetzung
eines Verwalters begehrt.
Der Antrag musste scheitern.
Es mangelte nämlich am
Vorliegen eines Verfügungs-
grunds. Jedenfalls konnte
der Eigentümer nichts
dazu vortragen, dass er als
Eigentümer auf die sofortige
Bestellung eines Verwalters
dringend angewiesen und die
vorläufige Bestellung eines
Verwalters zur Abwendung
von wesentlichen Nachteilen
nötig sei. Eine besondere
Eilbedürftigkeit war jeden-
falls nicht in Bezug auf den
Defekt der Heizungsanlage
zu erkennen.
Es war nämlich nicht ersicht-
lich, aus welchen Gründen
der Eigentümer – sei es im
Namen der WEG oder im
eigenen Namen – nicht in
der Lage gewesen sein sollte,
ein Heizungsunternehmen
zur Behebung des Defekts
zu beauftragen. Auch wenn
Ansprüche aus Notgeschäfts-
führung möglicherweise im
Hinblick auf die Voraus-
setzung eines „unmittel-
bar drohenden Schadens“
zweifelhaft gewesen sein
mochten, hätte er jedenfalls
einen Erstattungsanspruch
nach den Vorschriften der
Geschäftsführung ohne
Auftrag gegen den Verband
bzw. den anderen Eigentü-
mer gehabt. Ferner war die
erforderliche Eilbedürftigkeit
auch vor dem Hintergrund
zu verneinen, dass die Hei-
zungsanlage bereits Wochen
vor Antragstellung defekt
war. Es hätte mithin genug
Zeit zur Durchführung von
Reparaturen mithilfe der
bis zum 31.12. amtierenden
Hausverwaltung bestanden.
Fazit:
Das Fehlen eines
Verwalters stellt nicht per
se einen Grund für dessen
gerichtliche Einsetzung per
einstweiliger Verfügung dar.
Zwar wird vereinzelt die
Ansicht vertreten, im Falle
einer verwalterlosen Eigen-
tümergemeinschaft sei stets
ein Verfügungsgrund zu be-
jahen. Das Gericht hatte sich
vorliegend jedenfalls der ge-
genteiligen Rechtsprechung
angeschlossen, die auch in
diesem Fall die Glaubhaftma-
chung einer über die bloße
Verwalterlosigkeit hinaus-
gehenden Eilbedürftigkeit
verlangt. Etwas anderes mag
bei sehr großen verwaltungs-
losen Eigentümergemein-
schaften gelten, nicht aber
in einer Kleinanlage wie im
vorliegenden Fall.
Wohnungseigentumsrecht
+ Arbeitsrecht
Arbeitsverhältnis mit WEG [65.1]
Verwalter ist nicht Arbeitgeber
Wird zwischen einem Hausmeister und der Wohnungseigen-
tümergemeinschaft – vertreten durch deren Verwalter – ein
Vertrag geschlossen, worin die WEG ausdrücklich als „Dienst-
berechtigte“ bezeichnet wird und der Verwalter mit „für die
Dienstberechtigte“ unterzeichnet, so wird ein Arbeitsvertrag
zwischen der WEG und dem Hausmeister geschlossen. Selbst
wenn dem Verwalter ein Weisungsrecht in dem Vertrag zuer-
kannt wird und er weiter berechtigt wird, das Aufgabengebiet
des Hausmeisters zu ändern, stehen ihm diese Rechte nur als
Vertreter der WEG und nicht als Arbeitgeber zu. Ein Arbeitsver-
hältnis zwischen WEG und Hausmeister stellt auch keine rechts-
missbräuchliche Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes dar,
wenn die Zwischenschaltung eines Verwalters erkennbar dem
Zweck dient, die Handlungsfähigkeit der WEG als Arbeitgeberin
sicherzustellen und zu erleichtern.
BAG, Urteil vom 27.9.2012, Az.: 2 AZR 838/11
Abstimmung von Miteigentümern [65.2]
Kein Vollmachtnachweis bei Stimmabgabe eines Mitei-
gentümers
Steht ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zu, so
können sie das Stimmrecht nur einheitlich ausüben. Sie kön-
nen einen von ihnen zur Stimmabgabe bevollmächtigen, eine
schriftliche Vollmacht kann der Versammlungsleiter nur in Zwei-
felsfällen verlangen. In der Regel ist der Verwalter oder ein an-
derer Vorsitzender der Eigentümerversammlung nicht gehalten,
bei der Abgabe der Stimme durch einen Mitberechtigten dessen
Ermächtigung durch die übrigen zu prüfen.
LG Köln, Urteil vom 4.10.2012, Az.: 29 S 91/12
Verwalterpflichten [65.3]
Keine Komplettdelegierung der Verwalteraufgaben
Der Verwalter muss den Anforderungen an eine ordnungsge-
mäße Verwaltung genügen. Daran fehlt es, wenn er nicht wil-
lens oder fähig ist, seinen Kernbereichsaufgaben gerecht zu
werden. Eine vollständige Delegation auf eine andere Person ist
ausgeschlossen. Bei der eigenverantwortlichen Wahrnehmung
der Kernbereichsaufgaben des Verwalters handelt es sich um
unverzichtbare Grundsätze des Wohnungseigentumsrechts, die
weder durch vertragliche Regelungen noch durch einen bloßen
Mehrheitsbeschluss wirksam abbedungen werden können.
LG Karlsruhe, Urteil vom 7.8.2012, Az.:11 S 180/11