Seite 61 - Immobilienwirtschaft_2013_06

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06 | 2013
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Wohnen statt Versichern.
Auf dem ehemaligen
Gelände des Gerling-Konzerns im Kölner Friesen-
viertel errichtet der österreichische Investor Immo-
finanz für knapp 400 Millionen Euro das Gerling-
Quartier. Insgesamt entstehen dort nach Plänen des
Kölner Architekturbüros Kister Scheithauer Gross
innerhalb von zwei Bauphasen 39 Wohnungen mit
94.000 Quadratmetern Wohnfläche und 45.000
Quadratmetern Büro-, Hotel-, Gewerbe-, Einzelhan-
dels- und Gastronomienutzungen.
Bis Ende 2014 soll das Projekt fertiggestellt sein.
Dabei wird auch das aus den 1950er Jahren
stammende Gerling-Hochhaus entkernt und zum
Wohnturm mit rund 150 Wohnungen umgewan-
delt. Neben der Asbestsanierung erwies sich dabei
auch die Bausubstanz des Gebäudes als problema-
tisch und erforderte umfangreichere Sanierungs-
maßnahmen als ursprünglich geplant. Immofinanz
ist bei dem Projekt Eigenkapitalgeber, die Finanzie-
rung erfolgt über die Sparkasse KölnBonn. Auf dem
Areal entsteht zudem der Campus Leverkusen der
Fachhochschule Köln.
Shoppen wie bei Wertheims.
Auf einem 32.000 Quadrat-
meter großen Areal am Leipziger Platz in Berlin entsteht für
800 Millionen Euro ein Stadtquartier mit 210.000 Quadrat-
meter Bruttogeschossfläche. Neben dem Gelände des ehe-
maligen Kaufhauses Wertheim umfasst das neue Quartier
auch die Fläche des ehemaligen preußischen Ministeriums
für öffentliche Arbeiten. Neben einem Shoppingcenter mit
270 Läden gehören dazu 270 Wohnungen mit über 30.000
Quadratmetern, Büro- und Hotelflächen und eine Tiefgara-
ge mit 1.000 Stellplätzen. Bauherr und Investor ist die HGHI
Leipziger Platz. Das Fremdkapital für das Shoppingcenter in
Höhe von 320 Millionen Euro stellt ein Bankenkonsortium
unter Führung der DG Hyp zur Verfügung. Die Eröffnung des
rund 76.000 Quadratmeter Verkaufsfläche fassenden Cen-
ters ist für das Frühjahr 2014 geplant. Integriert wird das
denkmalgeschützte frühere Reichsverkehrsministerium.
jedoch nicht zwangsläufig Isolation im Sinne einer geschlos-
senen Gesellschaft. Durch die Ausgestaltung der öffentlichen
Räume als Orte der Begegnung haben sich zahlreiche neue
Quartiere wie die Hamburger Hafencity zu wahren Publikums-
magneten entwickelt.
Bei der Entwicklung neuer Quartiere auf Konversionsflä-
chen gilt es nicht selten planungsrechtliche Schwierigkeiten zu
überwinden. Insbesondere bei der Realisierung von Wohnbe-
bauung kollidiert die gesetzliche Vorgabe Innen- vor Außen-
entwicklung mit Immissionsbelastungen durch angrenzende
Verkehrsinfrastruktur oder teilweise verbleibende Produkti-
onsstätten. Der umfangreiche Immissionsschutz im deutschen
Planungsrecht baut in diesen Fällen zahlreiche Hürden auf. Ob
sich mit dem Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung im
Rahmen der Baugesetzbuch-Novelle künftig Nachverdichtung,
Höhenentwicklung und Mischnutzungen einfacher realisieren
lassen, bleibt abzuwarten.
Bürgerbeteiligung ernst nehmen
Die massiven Proteste um Stuttgart 21 verdeutlichten, dass
Bürger heute bei Großprojekten frühzeitig und umfassend mit-
reden und mitentscheiden wollen. Spürbare Bauverzögerungen
aufgrund von Bürgerprotesten und -einsprachen gibt es aller-
dings nicht nur in Stuttgart oder im Hamburger Schanzen­
viertel.
„Großprojekte bedürfen schon ab dem Beginn der Pla-
nungsphase eines durchgängig transparenten Kommunika-
tionsprozesses. Dabei genügt es heute keinesfalls, die Bürger
innerhalb des Verfahrens zu einem fertig geplanten Vorhaben
Stellung beziehen zu lassen“, weiß Ulms Baubürgermeister Ale-
xander Wetzig aus Erfahrung. Die Planung müsse vielmehr im
Sinne einer partizipativen Entwicklung von der Stadtgesell-
schaft selbst erarbeitet werden. „Damit begegnen sich Bürger
und Verwaltung auf gleicher Augenhöhe“, so Wetzig. Mit dem
Gesetz für eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung bei Großvor-
haben soll die Öffentlichkeit nun noch vor der förmlichen An-
tragstellung beteiligt und frühzeitig über die Ziele und Auswir-
kungen des Vorhabens unterrichten werden.
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Foto: HGHI Leipziger Platz GmbH
Foto: IMMOFINANZ Group
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