Seite 62 - Immobilienwirtschaft_2013_06

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06 | 2013
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Special
Zur Finanzierung von Großprojekten gibt es
wieder mehr Kreditgeber. Doch für Projekte
über 100 Millionen Euro bleiben die Anforde-
rungen hoch. Axel Jordan, Leiter Immobilien-
finanzierung FinanzGruppe und Mittelstand
DG Hyp, über entscheidende Projektdetails.
Herr Jordan, die DG HYP finanziert
gemeinsam mit einem Bankenkonsor-
tium das Quartier Leipziger Platz. Wo-
rin sehen Sie die Herausforderungen
solcher Großfinanzierungen?
Jordan:
Die größte Herausforderung ist
die Auswahl der Partner. Diese müssen
ähnliche Philosophien und Strategien
verfolgen und gewillt sein, jeweils 50 bis
80 Millionen Euro beizusteuern. Im Hin-
blick auf das Projekt selbst betreiben wir
im Vorfeld mit internen und externen
Experten intensive Analysen zur Trag-
fähigkeit des Projekte. Eine weitere Rolle
spielt die Expertise des Projektentwick-
lers und seiner Partner. Ein Newcomer
wird es sicher schwerer haben als ein
Developer mit nachweisbaren Erfolgen.
Wie sehen die Erwartungen von Ban-
ken bei Großprojekten aus?
Jordan:
Die Finanzierungen bewegen
sich meist in einem Zeitraum von zwei
bis fünf Jahren. Zumindest zu Beginn
sollten 30 Prozent Eigenkapital vorhan-
den sein. Je nach Vermietungsstand oder
Vorverkauf können diese Anforderun-
gen im Projektverlauf auch reduziert
werden. Insbesondere bei Großprojekten
werten Banken einen Nutzungsmix und
langfristige Mietverträge als Erfolgsfak-
toren. Die Vorvermietungsquote sollte
so ausgelegt sein, dass der Zinsaufwand
tragbar ist. Bei Einzelhandels- und Büro-
projekten erwarten wir 40 bis 60 Prozent,
bei Hotels dagegen eine 100-prozentige
Vermietung vor Projektbeginn.
Bei Großprojekten stellen dreistellige
Millionenbeträge, lange Entwicklungs-
zeiten und schwer zu kalkulierende
Projektrisiken Banken vor Probleme.
Begegnen Ihnen in Kreditfonds und
Versicherer gewichtige Wettbewerber?
Jordan:
Versicherungen finanzieren in
der Regel keine Projektentwicklungen,
sondern engagieren sich nur bei großen
fertiggestellten Objekten. So könnte die
Finanzierung des Quartiers Leipziger
Platz nach Fertigstellung im Rahmen
einer Anschlussfinanzierung oder eines
Eigentümerwechsels für Assekuranzen
durchaus interessant sein. Kreditfonds
mit Mezzanincharakter erleben wir häu-
figer, vor allem bei weniger eigenkapital-
starken Developern, die mit diesen ten-
denziell teuren Mitteln die Lücke zu den
von den Banken geforderten 30 Prozent
Eigenkapital schließen.
Welche Bedeutung spielen Zertifizie-
rungen bei der Finanzierung?
„Es gibt ausreichende Mittel. Sie sind nur teurer als vor fünf Jahren.“
Jordan:
Ohne Zertifizierung sehen wir
die Investmentfähigkeit von Gewerbei-
mmobilien nicht mehr gegeben. Zu-
dem dürften sich für solche Objekte
nur schwer Mieter finden lassen. Selbst
bei Refurbishments gehören Zertifizie-
rungen zunehmend zum Standard. Bis-
her haben wir dies noch nicht explizit
als Anforderung bei Finanzierungen for-
muliert, da wir in diesem Bereich auf die
Selbstregulierung des Marktes setzen.
Stichwort Basel III: Müssen sich Deve-
loper von Gewerbeimmobilien auf eine
Kreditklemme einstellen?
Jordan:
Nein, es stehen ausreichende
Mittel zur Verfügung, wenn sich auch
einige Banken aus der Finanzierung
von Gewerbeimmobilien zurückgezo-
gen haben. Von einer Kreditklemme
kann daher nicht gesprochen werden.
Wir werden uns weiterhin in diesem
für uns attraktiven Segment engagieren.
Allerdings sind Kredite heute teurer als
vor vier oder fünf Jahren. Außerdem
sind Banken grundsätzlich restriktiver
bei Projektentwicklungen. Die im Zuge
von Basel III erhöhten Eigenkapitalan-
forderungen an die Banken können hier
punktuell zu weiteren Verschärfungen
führen.
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„Ohne Zertifizierung kein Investment“
Interview mit
Axel Jordan
Gabriele Bobka, Staufen