06 I 2013
52 Finanzen, Markt + Management
Öffentliche Immobilien haben sich in
den letzten Jahren zu einem segmen
tierten Markt mit zahlreichen neuen
Anbietern und Angeboten entwickelt.
Gleichwohl macht es die wachsende
Spezialisierung und Komplexität rund
um die Immobilie für die Entscheider
nicht einfach, Chancen und Risiken der
Bestandsentwicklung richtig einzuschät
zen und den Neubau aktiv zu steuern.
Experten schätzen, dass der öffentliche
Bestand hohe wirtschaftliche Potenziale
birgt. Um diese zu heben, müssen mög
liche Risiken vorausschauend und nach
haltig gesteuert werden. Beide Aspekte
ermöglichen es der öffentlichen Hand,
viel Zeit und Geld zu sparen.
Im Blickfeld der Gesellschaft
Rathäuser, Bibliotheken, Bahnhöfe,
Flughäfen, Museen oder Theater stehen
aufgrund ihrer exponierten Lage oder
ihrer Funktionalität im Blickfeld der
Gesellschaft. Ihnen kommt nicht nur in
energetischer Hinsicht eine Vorbildfunk
tion zu. Sie bilden auch einen wichtigen
Teil unserer Baukultur und spiegeln das
Verhältnis von Staat und Bürgern in
unserer Gesellschaft wider. Doch neu
erdings fordert der Bürger mehr Partizi
pation ein – schließlich ist er derjenige,
welcher über Steuern und Gebühren die
Rechnung zu bezahlen hat.
Die öffentliche Hand ist der größte
Immobilieneigentümer in Deutschland.
Das amorphe Strukturgefüge ist von re
gionalen Disparitäten und politischen
Denkmustern geprägt. Schon aufgrund
der kommunalen Selbstverwaltung ver
teilen sich die Eigentümer und Nutzer
auf über 2.000 Städte. Hierzu kommen
noch die Bestände des Bundes, der Län
der, der Kreise und Gemeinden.
Immobilien der öffentlichen Hand
und ihrer Unternehmen sind ressort
übergreifend und ganzheitlich zu be
trachten. Dies stellt komplexe An
forderungen.
Neben
notwendigen
Instandhaltungs- und Modernisierungs
maßnahmen sind vor allem strategische
Überlegungen für zukünftige Nutzungs
szenarien entscheidend. Sämtliche Ak
teure auf dem Gebiet des öffentlichen
Immobilienmanagements sind daher
angehalten, gemeinsam an Lösungsan
sätzen für die Herausforderungen der
Zukunft zu arbeiten.
Öffentliche Immobilien sind nicht
zuletzt auch ein strategisches Asset zur
Schaffung von Wettbewerbsvorteilen
und Standortqualitäten für Bürger und
Wirtschaft. Der sorgfältige Umgang mit
dieser Ressource kann Wertschöpfungs
potenziale heben oder im umgekehrten
Fall vorhandene Werte vernichten. Bei
spiele sind Schwimmbäder, Stadthallen
oder Gewerbegebiete. Insbesondere auf
Objekt- und Portfolioebene sind die
Probleme sehr heterogen. Von der Im
plementierung neuer Brandschutzbe
stimmungen über die Revitalisierung
von Konversionsflächen bis hin zur
Schaffung von Wohnraum und Kinder
betreuungseinrichtungen ergeben sich
Anforderungen, die vielfältiger nicht
sein könnten. Hinzu kommt der Umbau
von Städten und deren Infrastruktur im
Zuge des demografischen Wandels.
Die finanzielle Situation der öffentli
chen Haushalte ist chronisch angespannt
und wird es Prognosen zufolge auch
weiterhin bleiben. Wachsender Druck
hat die öffentlichen Akteure inzwischen
dazu bewegt, nach einem professionellen
Umgang mit dem öffentlichen Immobili
enbestand zu suchen. Denn die Zukunft
unserer Gesellschaft ist wesentlich mit
dem erfolgreichen Handling der öffent
lichen Immobilien als strategische Res
source verbunden. Es lohnt daher, sich
mit dem Thema öffentliche Immobilien
näher zu beschäftigen.
f
|
Prof. Dr. Dieter Rebitzer
Immobilienmanagement: Aufgrund der demografischen Entwicklung und
der Energiewende ist die Bewirtschaftung öffentlicher Gebäude ein relevanter
Zukunftsmarkt. Er hat gewichtige Auswirkungen auf die Gesamtgesellschaft.
Prof. Dr. Dieter Rebitzer, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU)
Die akademische Seite
Öffentliche Immobilien sind
mehr als nur Gebäude
Foto: Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU); Illustration Graffiti: Johannes Mundinger