Seite 51 - Immobilienwirtschaft_2013_06

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06 | 2013
dacht“ werden, sondern vermeintliche
Steuerungsstandards des Markts unre-
flektiert übernommen werden.
Die Organisationsfalle
Organisatorische Fragestellungen bei
der Errichtung von FM-Wertschöp-
fungspartnerschaften sind eine bila-
terale Angelegenheit, die in höchstem
Maße erfolgskritisch ist. Eine oft über-
trieben hohe organisatorische Anpas-
sungsflexibilität wird zumeist nur vom
FM-Dienstleister verlangt, notwendige
organisatorische Anpassungen auf der
Auftraggeberseite bleiben oft aus. Ins-
besondere durchgängige – das heißt
sowohl auf Auftraggeber- als auch auf
Auftragnehmerseite relevante – Prozesse
werden nicht exakt definiert, sodass es
häufig zu eklatantem Schnittstellenver-
sagen kommt. Zudem befreit eine FM-
Fremdvergabe nicht von allen Fragestel-
lungen der Betreiberverantwortung und
Anforderungen der rechtssicheren Orga-
nisation bleiben unbefriedigt. FM ist und
bleibt ein strategisch-organisatorisches
Thema, das die Einbindung von Organi-
sationsexperten unerlässlich macht.
Die System- und Ressourcenfalle
Mit der zunehmenden Dominanz der
Einkaufsabteilungen und damit einer
Zunahme der kurzfristige Einkaufser-
folge bei der Errichtung von FM-Wert-
schöpfungspartnerschaften tritt ein
weiteres Problem in den Vordergrund.
Die beim FM-Dienstleister billigst ein-
gekaufte System- und Ressourcenaus-
stattung passt nicht zu den erwarteten
Leistungsqualitäten des Auftraggebers.
Der Wertschöpfungspartner wird durch
enormen Preisdruck auf ein derart nied-
riges Budgetniveau gedrückt, dass ge-
forderte Qualitäten nicht auskömmlich
realisiert werden können. System- und
Ressourcenqualitäten der Dienstleister
werden bei Ausschreibungen oft nur
unzulänglich überprüft. Hinzu kommt
noch, dass auch die klare Regelung von
Aufgaben, Kompetenzen und Verant-
wortungen (AKV) sowohl auf Auftrag-
geber- als auch auf Auftragnehmerseite
vernachlässigt wird. Gute Personalres-
sourcen werden so im „regelungsleeren
Raum“ zerrieben.
Die Marktfalle
Die FM-Partnerwahl setzt Marktkennt-
nis voraus, in der Regel betreiben FM-
Einkäufer nicht einmal mehr klassische
Beschaffungsmarktforschung. Der FM-
Markt ist durch eine asymmetrische
Informationsverteilung geprägt, der
Nachfrager kann die Leistungsqualität
eines Anbieters zumeist nur schwer ein-
schätzen. Umso wichtiger ist es, bei der
Partnerwahl die unterschiedlichen Stär-
ken-Schwächen-Profile der Dienstleister
ausreichend zu erkunden und gegen den
eigenen Bedarf zu spiegeln. Dabei ist
nicht immer der billigste Dienstleister
auch derjenige, der optimal zur eigenen
Organisation passt. Hinzu kommt, dass
durch immer kürzere Neuausschrei-
bungszyklen das FM-Know-how des
bisherigen Dienstleisters in der Aus-
schreibung „sozialisiert“ wird und damit
als Wettbewerbsvorteil an Bedeutung
verliert. Der strategische Partner wird
quasi „verraten“, sein Know-how der
Konkurrenz am Markt preisgegeben. Als
Folge wird der so geschädigte Dienstleis­
ter immer versuchen, sein im Auftrag
erworbenes Know-how zu Gebäuden,
Anlagen und Prozessen dem Auftrag-
geber vorzuenthalten, um sich dann
zumindest einen Kalkulationsvorteil zu
sichern. Bei der zunehmenden Neigung,
FM-Projekte durch den Einkauf quasi
„versteigern“ zu lassen, eine sicherlich
nachvollziehbare, doch für den Markt
gefährliche Taktik.
Die Vertragsfalle
FM-Verträge bilden oftmals nicht die
vielleicht sogar gewünschte FM-Part-
nerschaft ab und sind zudem schwer
zu leben. Unangemessene Sanktions-,
Anreiz- und Risikoverteilungsmecha-
nismen dominieren die aktuellen Ver-
tragswerke. Der Ermittlungsaufwand
übersteigt regelmäßig den Nutzen.
Leis­tungsspezifikationen, Service Level
Agreements und Key Performance In-
dicators werden exzessiv ausformuliert,
sodass der Gedanke einer echten Wert-
schöpfungspartnerschaft häufig durch
ein übertriebenes Vertragscontrolling
überlagert wird. Erschwerend kommt
hinzu, dass gerade aktuelle FM-Ver­
träge häufig aus Mustern und Altver-
trägen „zusammengeschustert“ werden,
echte
Vertragsgestaltungskompetenz
wird meist nicht hinzugezogen.
Die Startup-Falle
Mit einem ständig steigenden Implemen-
tierungsaufwand bei zunehmend kürzer
werdenden Vertragslaufzeiten können
die das FM prägenden, wichtigen Opti-
mierungsziele nicht mehr innerhalb der
Laufzeit realisiert werden. Der Optimie-
rungsanreiz für den FM-Dienstleister
geht verloren. Zahlen, Daten und Fakten
der Ausschreibung sind zumeist schlecht
erhoben und aufbereitet. Der Startup wird
zum Risikotreiber des Gesamtauftrags.
Fazit – Falle als Erfolgsfaktoren
Vor dem Hintergrund der aufgezeigten
„Fallen“ wird deutlich, dass die Errich-
tung einer FM-Partnerschaft auch heute
noch von höchster strategisch-organisa-
torischer Bedeutung ist und die Beach-
tung kritischer Erfolgsfaktoren aus den
skizzierten Bereichen auch durch Ex-
perten außerhalb der so mächtig gewor-
denen Einkaufsabteilungen sichergestellt
werden muss.
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|
Auf einen Blick
›› Eine FM-Wertschöpfungspartnerschaft wird
heutzutage nicht mehr als strategisch-
organisatorisches Projekt von höchster
unternehmensweiter Bedeutung gesehen,
sondern ist überwiegend zum taktisch-
operativen Einkaufsakt „verkommen“.
›› Dabei werden zudem massive Fehler ge-
macht.
›› Sechs typische Fallen bei der Gestaltung
von FM-Partnerschaften treten immer
wieder auf. Sie reichen von der Organisa-
tion bis zum eigentlichen Vertrag.