Seite 27 - Immobilienwirtschaft_2013_06

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zu nachteiligen Konsequenzen geführt: „Nichtinvestive Maß-
nahmen wurden ausgeschlossen und die Umschichtung aus
anderen Städtebauprogrammen zugunsten der ‚Sozialen Stadt‘
untersagt. Das bedeutet faktisch das Aus des Sozialen im Pro-
gramm.“
Lässt man konstruktive Vorschläge wie die von Gedaschko
oder von Beckmann mit allen Konsequenzen Revue passieren,
wird deutlich, dass ihre Realisierung nicht nur Jahre, sondern
Jahrzehnte in Anspruch nehmen dürfte. Zuvor gilt es aller-
dings, die Gentrifizierung und deren oberflächliche Bekämp-
fungsversuche durch fadenscheinige Propaganda zur kom-
Am 1. Mai trat das Mietrechtsänderungsgesetz in Kraft und damit ein
erheblicher Eingriff in das Bürgerliche Gesetzbuch, zum Teil auch in
die Zivilprozessordnung. Kernpunkte: energetische Modernisierung,
Mietminderung, Mieterhöhung, regionale Kappungsgrenzen, Kündi-
gung und Räumung. Im Einzelnen:
Wird Energie durch energetische Modernisierung nachhaltig einge­
spart, dürfen Mieter die Miete während einer zusammenhängenden
Dauer von drei Monaten nicht mindern. Das gilt nicht für andere
Modernisierungen.
Vermieter müssen Mietern eine energetische Modernisierung spä-
testens drei Monate vor deren Beginn in Textform ankündigen. Dazu
gehören Art, voraussichtlicher Umfang, Beginn und Dauer der Mo-
dernisierung.
Ist im Rahmen der Modernisierung eine Mieterhöhung vorgesehen,
müssen Vermieter ihren Mietern den Betrag der zu erwartenden
Mieterhöhung und die voraussichtlichen künftigen Betriebskosten
angeben.
Grundsätzlich müssen Mieter eine Modernisierung dulden. Falls die-
se für einen Mieter, seine Familie oder einen Angehörigen seines
Haushalts jedoch eine Härte bedeutet, die auch unter Würdigung
berechtigter Interessen von Vermieter und Mieter oder von Belan-
gen der Energieeinsparung und des Klimaschutzes nicht zu rechtfer-
tigen ist, ist ein Mieter nicht zur Duldung verpflichtet.
Wird die Wärmeversorgung in Eigenregie auf die eines gewerb-
lichen Anbieters umgestellt, dürfen Vermieter deren Kosten unter
den folgenden Voraussetzungen umlegen: Die Wärme mit verbes-
serter Effizienz wird entweder aus einer vom Wärmelieferanten er-
richteten neuen Anlage oder aus einem Wärmenetz geliefert und
die Kosten der Wärmelieferung überschreiten nicht die bisherige
Eigenversorgung mit Wärme oder Warmwasser.
Die energetische Modernisierung soll bei der Höhe der ortsüblichen
Vergleichsmiete berücksichtigt werden.
Die Regierungen der Bundesländer werden ermächtigt, die Kap-
pungsgrenze bei Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete auf
15 Prozent in drei Jahren zu senken (sonst 20 Prozent), falls „die
ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu
angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil
einer Gemeinde besonders gefährdet ist“.
Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung durch Vermie-
ter liegt unter anderem vor, wenn Mieter mit Zahlung der Kaution in
Höhe der zweifachen Monatsmiete in Verzug sind. Diese Vorschrift
richtet sich unter anderem gegen Mietnomaden.
Die sogenannte Berliner Räumung, durch die ein Gläubiger seinen
Vollstreckungsauftrag auf die bloße Besitzbeschaffung an Wohnräu-
men beschränkt, ist jetzt gesetzlich geregelt. Demzufolge müssen
die dort vorhandenen Gegenstände von Vermietern verwahrt und
gegebenenfalls für Mieter verwertet werden.
Die Räumung von Wohnungen darf auch gegen Dritte angeordnet
werden, falls gegen einen Mieter ein vollstreckbarer Räumungstitel
vorliegt und der Vermieter erst nach dem Ende der mündlichen Ver-
handlung davon erfahren hat. Dadurch soll verhindert werden, dass
Mieter, gegen die ein rechtskräftiger Räumungstitel vorliegt, der
Räumung entgehen, indem sie eine Wohnung Dritten überlassen.
Fazit:
Noch mehr Prozesse zwischen Mietern und Vermietern sind
so gut wie programmiert. Ansatzpunkte für Streitigkeiten ergeben
sich zum Beispiel aus der Abgrenzung der energetischen Moder-
nisierung von ähnlichen Maßnahmen, aus der eingeschränkten
Duldungspflicht von Mietern und aus der Kappungsgrenze. Alles in
allem: eine Crux für Vermieter, aber ein Arbeitsbeschaffungspro-
gramm für Mietrechtsanwälte.
Die Crux mit dem neuen Mietrecht
menden Bundestagswahl zu überstehen. Möglicherweise wird
alles etwas schneller gehen, wenn es in Deutschland wirklich
zu einer allgemeinen Wohnungsnot kommen sollte. Indizien
dafür gibt es ja bereits: 2012 wanderten netto 369.000 Men-
schen nach Deutschland ein, davon die meisten aus Polen,
Rumänien, Ungarn und Bulgarien. Sie werden zum größten
Teil sicher nicht sofort einen Job bekommen, sondern erst das
deutsche Sozialsystem belasten. Vielleicht führt dann we-
nigstens dies dazu, dass die nächste Bundesregierung samt
Ländern und Kommunen das Wohnungsproblem schneller an-
geht.
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