Seite 26 - Immobilienwirtschaft_2013_06

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06 | 2013
Es fehlen Unternehmen, die in den sozialen Wohnungsbau investieren (hier Märkisches Viertel in Berlin).
Foto: Gesobau AG
Die Illusion vom sozialen Wohnungsbau
Nach dem 2. Weltkrieg lagen große Teile Deutschlands diesseits wie
jenseits der Elbe in Schutt und Asche. Danach schlug die DDR den
sozialistischen Weg ein und favorisierte groß angelegte Plattenbau-
projekte, deren Wohnungen dem Politkader ziemlich schnell, dem
gemeinen Volk allerdings erst nach langen Wartezeiten zur Verfü-
gung standen. Dagegen konzentrierte sich die Bundesrepublik nach
ihrer Gründung 1949 auf die breit angelegte Förderung des Woh-
nungsbaus. Neben dem legendären Paragrafen 7b Einkommensteu-
ergesetz, durch den Eigenheime auch für breite Bevölkerungskreise
einigermaßen erschwinglich waren, ragte der soziale Wohnungsbau
hervor: Mietpreisbindung, preiswerte Wohnungen gegen Berechti-
gungsschein, langfristige Finanzierung und Fehlbelegungsabgabe
bei Überschreiten bestimmter Einkommensgrenzen (inzwischen
weitgehend abgeschafft).
Dem ersten Förderweg, der den Bau von Sozialwohnungen in den
1950er und 1960er Jahren boomen ließ, folgte der zweite 1966 und
der dritte 1989 – mit abnehmender Tendenz, was die Zahl der geför-
derten Mietwohnungen mit Sozialbindung betrifft: Waren es vor 30
Jahren an die vier Millionen, so schrumpfte ihre Zahl bis 2012 auf gera-
de mal etwas weniger als 1,7 Millionen. Das sind nur noch 8,7 Prozent
des deutschen Mietwohnungsbestands und sogar nur 4,2 Prozent des
deutschen Wohnungsbestands insgesamt. Hauptursache: Es fehlen
Unternehmen, die in den sozialen Wohnungsbau investieren, weil die
hier erzielbaren Renditen im Vergleich zu denen des freien Wohnungs-
baus eher bescheiden sind oder zumindest bescheiden aussehen.
Fazit:
Die Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus ist unter
den genannten Umständen illusorisch, der Weg von der Objekt- zur
Subjektförderung noch recht weit und die Hilferufe nach bezahlbaren
Wohnungen prallen regelmäßig an der Realität ab, weil bezahlbar
bedeutet, dass irgendwer den Kürzeren ziehen muss. Das können
theoretisch Bund, Länder und Kommunen sein, theoretisch auch alle
Unternehmen aus der Bauwirtschaft. Doch in der Praxis wird es zur
Auseinandersetzung zwischen den von Politikern aller Couleur gehät-
schelten Mietern, also einem sehr großen Wählerpotenzial, und den
von der Politik eher bevormundeten Vermietern kommen. Diese wer-
den überwiegend aufseiten der Verlierer zu finden sein.
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