Seite 44 - Immobilienwirtschaft_2013_05

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44 Finanzen, Markt + Management
05 | 2013
Es gibt eine Vielzahl von Nachteilen,
die – je nach Schwere – eine Immobilie
zur Problemimmobilie und vielfach lei-
der auch zur Multi-Problemimmobilie
machen: Rechtliche Mängel (etwa eine
Überbauung), laute Lage, schlechte In-
frastruktur, ungünstiger Zuschnitt, Re-
novierungsüberhang, falsche Flächen-
proportionen, ungünstige Raumtiefen,
entlegene Wohnung, Ladenhüter, Haus
ohne Keller, Erbpacht, schlechte Lauflage
eines Ladens, schlechter Mietermix eines
Shopping Centers oder fehlende Ma-
gnetmieter ... Die Liste ließe sich belie-
big fortsetzen. Ein leider hoch aktuelles
Problem sind bei Banken in diesem Zu-
sammenhang speziell auch – mit deut-
lich ansteigender Tendenz – Objekte aus
notleidenden Krediten. Während sich
Immobilien, bei denen auch Preis und
Wenn Nachteile Vorteile werden
Vermittlung.
Nicht jedes Gebäude ist perfekt. Durch ein geschicktes
Marketing kann es aber durchaus gelingen, auch diese Objekte zu vermarkten
– und zwar an die richtigen Interessenten, die die Potenziale sehen.
manent an einen bestimmten Mangel zu
denken oder Nachteile aktiv zu suchen.
Sonst kommt es zu psychologischen Blo-
ckaden, die den Makler bei der Vermark-
tung deutlich behindern. Gleichzeitig
sollte das Problem aber auch nicht ver-
drängt oder marginalisiert werden.
Bei der Vermarktung der Problem­
immobilie sollte der Eigentümer dem
Makler eine maximale Rückendeckung
geben. Denn die Vermarktung der Im-
mobilie ist schon schwer genug. Durch
die richtigen Auftragsbedingungen kann
der Makler die bei Problemimmobilen
naturbedingt niedrigere Erfolgswahr-
scheinlichkeit deutlich erhöhen. Inso-
fern sind folgende Verschärfungen bei
den Vertragsbedingungen gegenüber
einem „normalen“ Objekt sinnvoll:
Der Makler arbeitet auf Basis einer
Verkäuferprovision. Dadurch entfal-
len störende Kaufblockaden seitens
der Käufer.
Lage stimmen, relativ problemlos – zum
Leidweisen vieler Immobilienwirtschaft-
ler unter Umständen ohne Makler – ver-
kaufen lassen, sind gerade Problemim-
mobilien ein wichtiges Tätigkeitsgebiet
von Immobilienmaklern.
Marketing-Patentlösungen zur Ver-
marktung von Problemimmobilien gibt
es nicht. Aber es gibt Möglichkeiten,
Probleme zu reduzieren und damit die
Vermarktungschancen oder die Erfolgs-
wahrscheinlichkeiten deutlich zu verbes-
sern. Vier Problemimmobilienmodule
(siehe Kasten) können helfen, das Pro-
blem zu strukturieren.
Probleme ehrlich aufarbeiten
Wichtig ist es, Probleme ehrlich aufzu-
arbeiten. Es ist aber nicht sinnvoll, per-
Auf einen Blick
›› Marketing-Patentlösungen zur Vermark-
tung von Problemimmobilien gibt es
nicht. Vier Problemimmobilienmodule
können jedoch helfen, das Problem zu
strukturieren und die Vermarktungschan-
cen zu erhöhen.
›› Bei der Vermarktung von Problemimmo-
bilien ist es wichtig, Probleme ehrlich
aufzuarbeiten – und positive Aspekte her-
vorzuheben.
›› Ein Erfolgsfaktor bei Problemimmobilien
ist die Fähigkeit, die richtige Zielgruppe
anzusprechen.
Prof. Dr. Stephan Kippes, HfWU Nürtingen-Geislingen
Grundsätzlich gibt es bei problembehafteten
Objekten vier Marketingmodule, die helfen
sollen, die Vermarktungschance der Gebäu-
de zu erhöhen:
›› Akquisitionskontrolle.
Besonders
kritisch ist es, Immobilien zu akquirieren
und erst im Vermarktungsprozess festzu-
stellen, dass es substanzielle Vermark-
tungsprobleme aufgrund einer Problem­
immobilienkonstellation gibt. Ähnliches
gilt für Bauträger, die Grundstücke akqui-
rieren. Weiterhin ist es wichtig, mit dem
Eigentümer die Rahmenbedingungen der
Objektvermarktung so zu gestalten oder
zu vereinbaren, dass das Immobilienun-
ternehmen die maximale Rückendeckung
durch den Auftraggeber hat.
› Umbaumaßnahmen/kleinere Pro­
jekt­entwicklung.
Über bauliche Maß-
nahmen und kleinere Projektentwick-
lungen wird versucht, das Problem zu
reduzieren oder Vorteile zu schaffen, die
den Nachteil kompensieren.
› Zielgruppenwahl.
Probleme können
teilweise durch eine ausgefeilte Zielgrup-
penwahl ganz oder teilweise entschärft
werden. Grundgedanke: Welche Zielgrup-
pe gibt es, die mit diesem Problem leben
kann oder für die es unter Umständen Vor-
teilskomponenten bietet.
› Problemkommunikation.
Das letzte
Modul befasst sich mit der kommunika-
tiven Verarbeitung des Problems.
Marketing:
Die vier Module bei Problemimmobilien