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05 | 2013
Notleidende Immobilien
Problemfelder und Lösungsansätze
Wenn die Geschäftsbeziehung zwischen Immobilieneigentümer
und Bank nicht gekündigt und analog den geltenden gesetz-
lichen Rahmenbedingungen abgewickelt werden soll, muss eine
einvernehmliche Lösung gefunden werden. Zwar differieren die
einzelnen Spezifika des jeweiligen Problemfalls, aber dennoch
ist die Bildung von Lösungskategorien grundsätzlich möglich.
Hierfür sind folgende grundsätzliche Überlegungen anzustellen:
›› 1. Sichtweise.
Zumeist sehen sich Immobilieneigentümer und
Sicherungsgläubigerin als Gegner mit unterschiedlichen Interessen.
Der Eigentümer sieht sich selbst oft als Opfer der äußeren Umstän-
de und kritisiert die „harte Haltung“ seiner Bank(en).
›› Die Banken wiederum sind gehalten, ihre jeweiligen Engagements
entweder zu retten oder mit möglich niedrigem Schaden abzuwi-
ckeln.
›› 2. Mitarbeiterqualifikation.
Gespräche zwischen den Be-
teiligten verlaufen viel zu oft fruchtlos, was zu einer „Verhärtung
der Fronten“ führt. Dass der betroffene Immobilienbesitzer wenig
oder keine Übung hinsichtlich der Führung von Sanierungs- oder
Abwicklungsverhandlungen hat, kann ihm nicht vorgeworfen wer-
den, sondern liegt in der Natur der Sache.
›› Die mangelnde Qualifikation aufseiten so mancher verhandlungs-
führenden Bankangestellten ist allerdings ein großer Mangel im
System. Bis zur Eskalation der Gespräche werden die Vorgänge
von den kontoführenden Sachbearbeitern bearbeitet, ohne hierfür
überhaupt ausgebildet zu sein.
›› Ein für die Sache qualifizierter Bankangestellter wird oft zu spät in-
volviert, sofern solch ein Mitarbeiter überhaupt verfügbar ist. Wenn
die Gesprächsebene zwischen den Beteiligten erst einmal zerstört
ist, wird seitens der involvierten Bankmitarbeiter die Abwicklung
des Engagements als einzig praktikable Lösung gesehen. Aktuell
befinden sich viele notleidende Immobilienkredite seit geraumer
Zeit in der Bearbeitungsstufe kurz vor der Abwicklung.
›› 3. Gläubigerinitiative.
Um den „Totalschaden“ abzuwenden,
ist es erforderlich, dass die Parteien wieder miteinander ins Ge-
spräch kommen. Aus folgenden Gründen sollte die Initiative von
der Sicherungsgläubigerin ausgehen:
›› Sie ist die mächtigere Vertragspartei.
›› Sie hat nicht nur einmalig mit dem Sachverhalt zu tun, sondern
muss Lösungen kreieren, die auf möglichst viele ihrer notleidenden
Immobilienfinanzierungen anwendbar sind.
›› Sie verfügt über Mittel und Kapazitäten, um Konzepte zu entwi-
ckeln und umzusetzen.
›› Sie ist fachlich versierter und hat das weitaus höhere Gestaltungs-
potenzial.
›› 4. Handlungsoptionen entwickeln.
Die finanzierende Bank
muss zunächst infrage kommende Handlungsoptionen identifizie-
ren und entwickeln. Hierfür ist qualifiziertes Personal abzustellen.
Es empfiehlt sich, hiermit eine zentrale Stelle zu beauftragen. Die
Aufgabe dieser zentralen Stelle besteht zunächst darin, eine effizi-
ente Strategie zu entwickeln, die beispielsweise folgende Grobva-
rianten für den jeweiligen Einzelfall beschreibt:
›› Professionelle freie Vermarktung der Immobilie. Über die Differenz
aus Beleihungswert und Vermarktungserlös ist zwischen den Par-
teien eine Vereinbarung zu treffen.
›› Mängelbeseitigung und/oder Wertentwicklung, um die Immo-
bilie zu einem Preis zu veräußern, der über dem aktuellen Ver-
wertungserlös zuzüglich Investitionen liegt. Über die Differenz aus
Beleihungswert und Vermarktungserlös ist zwischen den Parteien
eine Vereinbarung zu treffen.
›› Bildung von Bundles und Verkauf an einen Investor. Über die Diffe-
renz aus Beleihungswert und Vermarktungserlös ist zwischen den
Parteien eine Vereinbarung zu treffen.
›› Wenn sich die Immobilie bereits zu einem „Schandfleck“ für das
Umfeld entwickelt hat oder solch eine Entwicklung abzusehen
ist, sollten alle Profiteure einer erfolgreichen Sanierung bei der
Entwicklung eines tragfähigen Konzepts mitwirken und gegebe-
nenfalls auch durch finanzielle Beteiligungen und Fördermittel auf
den Erfolg eines gemeinsamen Projekts einzahlen, was von ihrem
Ursprung noch übrig wäre.
›› 5. Taktische Varianten.
Nach Erarbeitung der strategischen
Rahmenbedingungen sind die fallbezogenen taktischen Varianten
zu erarbeiten. Schließlich sind belastbare Prozesse zu entwickeln,
die zielgerichtet zum angestrebten Erfolg führen sollen.
›› Ein wichtiges Kriterium ist zudem, dass der Aufwand für die Kon-
zeptentwicklung und -anwendung weniger kostet, als an Mehrer-
lösen zu erwarten ist. Deshalb ist bereits in der Phase der Kon-
zeptionierung ein Business Case zu erstellen, der Investitionen
und zu erwartende Mehrerlöse gegenüberstellt. Nur so kann eine
zukunftsfähige und wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung getroffen
werden.
›› 6. Rollout.
Nach Fertigstellung der Konzeptarbeit inklusive Stra-
tegie, Taktik und Implementierungsplan erfolgt der tatsächliche
Rollout in die Organisation. Geeignete Mitarbeiter sind zu instruie-
ren, zu incentivieren und auszubilden.
›› Das Konzept inklusive der einzelnen Prozesse muss so gut sein,
dass es auch von durchschnittlich begabten Mitarbeitern umsetz-
bar ist. Additiv sind die Mitarbeiter sorgfältig auszubilden.
›› 7. Gesamtkonzept.
Summa summarum ist das Gesamtkon-
zept so auszuformulieren, dass es in möglichst klar nachvollzieh-
bare und von den Beteiligten einfach abzuarbeitende Prozesse
aufgeht. Geschäftsprozesse, die von eigens hierfür auszubildenden
Bankangestellten abgewickelt werden, sind zu designen.
›› Da emotionale Faktoren eine nicht unerhebliche Rolle spielen wer-
den, sind diese bereits in der Konzeption der Geschäftsprozesse
ausreichend zu berücksichtigen.
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