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Titelthema
05 | 2013
Raum fürs Neugeschäft schaffen
Stärkere Regulierung,wachsender Kostendruck – die Liste der He-
rausforderungen für Banken ist lang. Die Entwicklungen zwingen die
Institute zunehmend, sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrie-
ren. Bei den wenigsten Kreditgebern gehören Non-Performing Loans
(NPL) dazu. Halten Banken diese Bestände dennoch, riskieren sie
damit womöglich langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit.
Laut PwC und Ernst & Young gibt es in den Bilanzen deutscher Ban-
ken aktuell NPLs in Höhe von über 220 Milliarden Euro. Ihr Anteil am
Gesamtkreditvolumen stieg in den vorigen Jahren kontinuierlich an
– und er dürfte sogar noch größer werden, da die Zahl notleidender
Bestände weiter zunimmt. Diese belasten die Banken sehr: Sie stel-
len nicht verzinste Aktiva dar, was sich negativ auf die Verzinsung
des Eigenkapitals auswirkt. Auch werden personelle und finanzielle
Ressourcen beansprucht, um die betroffenen Bestände zu betreuen.
Das ist kritisch: Eine Untersuchung von PwC belegt, dass in der Infor-
mationstechnik von Banken ein großer Investitionsstau entstanden
ist, der eine grundlegende Modernisierung erfordert – mit entspre-
chendem Kosten- und Personalaufwand.
So ist vor allem bei unverzinsten, nicht strategischen Krediten der
Verkauf meist die beste Option. Mit der Ausgliederung von problem-
behafteten Immobilienkrediten können sich Banken „Luft verschaf-
fen“. Indem sie so die Eigenkapitalunterlegung reduzieren, erzielen
sie eine höhere Eigenkapitalquote und Liquidität sowie positivere
Bilanzkennzahlen. Ferner vermeiden sie Refinanzierungen und da-
ran geknüpfte Kosten, die auch bei NPL-Beständen immer anfallen.
Auch umgehen Banken durch Ausgliederung das Risiko der Verwer-
tung der Immobilien. Dieses ist immens, bringen doch nur wenige
Institute das erforderliche Immobilien-Know-how mit.
Der Verkauf von Forderungen ist ein guter Weg: Opportunistische
Investoren zeigen bereits Interesse. Auch besteht angesichts stabiler
Wirtschaftslage in Deutschland die Chance auf geringere Wertab-
schläge, als sie bei Verkaufswellen vormals zu beobachten waren.
Die Mehrheit der deutschen Kreditinstitute benötigt daher dringend
ein wirksames Risikoventil, um ihre Eigenkapitalquoten zu erhöhen.
NPL-Portfolioverkäufe sind dabei ein probates Mittel.
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Dreiecksbeziehung statt Scheidung
Geduld ist bekanntermaßen eine Tugend. Dennoch verlieren die
meisten Menschen sie irgendwann. Bei Banken ist das nicht an-
ders. Doch stoßen sie notleidende Immobilien(portfolios) oder die
jeweiligen Kredite ab, ist das nicht immer die beste Lösung. Denn
sie werden beim Verkauf zum Teil erhebliche Abschläge hinnehmen
müssen. Daher kann es sinnvoll sein, mit den betroffenen Objekten
zu arbeiten und diese wieder in einen „geordneten Zustand“ zu
überführen. Dies gelingt den Beteiligten jedoch nicht allein. Jene
Banken, die die Bestände halten wollen, holen sich daher häufig
spezialisierte Immobiliendienstleister an ihre Seite.
Diese sollten sich dabei keinesfalls als Aufseher der Eigentümer ver-
stehen, die allein im Auftrag der Banken handeln. Denn das würde
bedeuten, dass die Dienstleister von den Eigentümern skeptisch be-
trachtet werden. Soll die Zusammenarbeit fruchten, müssen beide
Parteien und die Banken Hand in Hand arbeiten.
So muss zu Beginn der Zusammenarbeit zunächst geklärt werden,
warum die Immobilie und mit ihr der Kredit in Schieflage geraten ist.
Oft ist es so, dass Investoren mit nur kurzen Haltedauern kalkuliert
haben, da sie sich kurzfristige Wertsteigerungen erhofften. Diese
Denkweise führte dazu, dass kein adäquates Immobilienmanage-
ment eingesetzt wurde. So wurde bei notleidenden Immobilien im
Vorfeld zu wenig an den Gebäuden gearbeitet.
Aufgabe des Immobiliendienstleisters ist es nun zunächst, alle re-
levanten Daten zu den Immobilien zusammenzutragen und zu prü-
fen. Oft arbeiten die Beteiligten mit unterschiedlichen Werten und
IT-Programmen. Diese gilt es zu harmonisieren. Häufig befinden sich
in den betroffenen Portfolios marktfähige Gebäude oder solche mit
Potenzial. Es bietet sich an, diese in einem strukturierten Vergabe-
verfahren zu veräußern. Der Erlös kann in andere Objekte investiert
werden, um diese an die Marktanforderungen anzupassen. Zudem
sollten stets einige Objekte mit solidem Cashflow im Portfolio ver-
bleiben, da dieser ebenso genutzt werden kann, Potenziale von
entwicklungsfähigen Immobilien zu heben. So kann ein Kern „ge-
sunder“ Immobilien herauskristallisiert und die Balance zwischen
Erträgen und Bewertung allmählich wieder hergestellt werden.
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Ja, meint
Oliver Priggemeyer
Vorstand der IC Immobilien Holding AG
Nein, meint
Mario Caroli
Gesellschafter Bankhaus Ellwanger & Geiger KG
„Sollen Banken notleidende
Portfolios behalten?“