74 Aktuelles Recht
12-01 | 2012
Anwaltsgebühren [74.1]
Anwalt erhält Mehrvertretungsgebühr bei Anfech-
tungsklage
Dem Rechtsanwalt, der die übrigen Eigentümer in einem
Beschlussanfechtungsprozess vertritt, steht die Mehrvertretungs-
gebühr nach Nr. 1008 RVG-VV zu. Der Umstand, dass der Verwal-
ter dem Rechtsanwalt der übrigen Eigentümer Auftrag zu deren
Vertretung erteilt hat, kommt keine Bedeutung zu. Die Mehr-
vertretungsgebühr fällt immer dann an, wenn der Rechtsanwalt
für mehrere Auftraggeber tätig geworden ist. Ob es einen oder
mehrere Auftraggeber gibt, hängt nicht davon ab, wer dem An-
walt den Auftrag erteilt hat. Auch wenn eine Person für eine Per-
sonenmehrheit den Auftrag erteilt, sind die mehreren Personen
Auftraggeber des Rechtsanwalts. Daran ändert nichts, dass das
gerichtliche Verfahren über die Beschlussanfechtung einem Ver-
bandsprozess ähnelt. Entscheidend ist, dass in dem Individualpro-
zess gegen die übrigen Eigentümer mehrere Personen – und nicht
etwa der „Rest des Verbands“ – als notwendige Streitgenossen auf
der Beklagtenseite stehen und sich anwaltlich vertreten lassen.
BGH, Beschluss vom 15.9.2011, Az.: V ZB 39/11
Fakten:
Die Teilungs-
erklärung sieht folgende
Regelung vor: „Werden am
gemeinschaftlichen Eigentum
Reparaturen mit einemWert
von über 5.000 Euro ausge-
führt, so hat der Verwalter
Anspruch auf eine zusätzliche
Vergütung. Diese berechnet
sich nach der Honorarord-
nung für Architekten und
Ingenieure (HOAI).“ Diese
Bestimmung ist nichtig. Nach
ihr sind nämlich die Eigentü-
mer grundsätzlich verpflichtet,
ihre Zustimmung zum Ab-
schluss eines den vereinbarten
Richtlinien entsprechenden
Verwaltervertrags zu erteilen.
Dies verstößt aber gegen den
Grundsatz der Unabdingbarkeit
der Verwalterbestellung in
§ 20 Abs. 2 WEG. Nichtig sind
jedenfalls auch Regelungen in
einer Gemeinschaftsordnung,
die die Bestellung eines Verwal-
ters zu den üblichen Bedin-
gungen mittelbar ausschließen
oder erschweren.
Fazit:
Die gesetzliche
Kompetenz der Eigentümer-
versammlung zur Bestellung
eines Verwalters zu den ort-
üblichen Bedingungen kann
durch Regelungen in der Tei-
lungserklärung beziehungs-
weise der dazugehörenden
Gemeinschaftsordnung nicht
wirksam beschränkt werden.
Vorsicht Innenrohrsanierung. Kein Epoxidharz verwenden.
Verwalterbestellung [74.2]
Unzulässige Beschränkung bei vereinbarten
Sonderhonoraren in der Teilungserklärung
Die Festlegung einer Zusatzvergütung entsprechend der HOAI für
den Verwalter im Fall von Sanierungsarbeiten in der Teilungser-
klärung ist geeignet, die Bestellung eines geeigneten gewerb-
lichen Verwalters zu den verkehrsüblichen Bedingungen für die
Zukunft zu beeinträchtigen und berührt damit den Kernbereich
der nicht abdingbaren Bestimmung des § 20 Abs. 2 WEG.
OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 10.11.2010, Az.: 20 W 309/07
Fakten:
Vorliegend wurde
eine erforderliche Wasser-
rohrsanierung durchgeführt.
Dabei wurde eine Epoxidharz-
beschichtung im Inneren der
Rohre aufgebracht. Einer der
Mieter minderte deshalb die
Miete. Er war der Auffassung,
nunmehr liege ein Mangel
der Mietsache vor, da die
Beschichtung das menschliche
Hormonsystem beeinträchtige.
Das Gericht gab dem Mieter
recht. Der Mieter war zur
Minderung der Miete in Höhe
von 20 Prozent monatlich
berechtigt, da die Rohrinnen-
sanierung mithilfe des
Baustoffs Epoxidharz vorge-
nommen wurde und Epoxid-
harz Komponenten enthält,
die gesundheitsschädlich sind.
Das Gericht bezog sich dabei
auf einen Artikel der freien
Enzyklopädie Wikipedia zum
Thema Epoxidharz. Danach
besteht die Harzkomponente
aus den Stoffen Bisphenol A
und Epichlorhydrin. Bisfinol A
wird als endokriner Disruptor
verdächtigt, was bedeutet, dass
dieser Stoff wie ein Hormon
wirken und so das Gleichge-
wicht des Hormonsystems des
Menschen stören kann. Ge-
richtsbekannt war ferner, dass
solche endokrinen Disruptoren
schon in geringsten Mengen
zu Störungen im endokrinen
System führen können. Der
Stoff Epichlorhydrin ist laut
Wikipedia weiterhin bekannt
als giftig und im Tierversuch
krebserzeugend. Daher stand
zur Überzeugung des Gerichts
fest, dass das Wasser in der
Wohnung des Mieters als Trink-
wasser nicht und zur Körperhy-
giene nur bedingt geeignet war.
Fazit:
Für Verwalter heißt
es insoweit aufgepasst: Steht
eine Rohrsanierung an, sollte
selbstverständlich auf den
Baustoff Epoxidharz verzich-
tet werden. Die Eigentümer
sind unbedingt entsprechend
aufzuklären, um eine ver-
lässliche Grundlage für ihre
Beschlussfassung zu haben.
Rohrsanierung [74.3]
Keine Epoxidharzbeschichtung bei Rohrinnensanierung
Epoxidharz enthält Komponenten, die gesundheitsschädlich
sind. Es kann daher das Gleichgewicht des Hormonsystems des
Menschen stören. Wird bei einer Innenrohrsanierung eine Ep-
oxidharzbeschichtung vorgenommen, rechtfertigt dies daher
eine monatliche Mietminderung von 20 Prozent.
AG Köln, Urteil vom 20.4.2011, Az.: 201 C 546/10