54 Finanzen, Markt + Management
12-01 | 2012
Digitales Monstrum
ante portas
E-Bilanz.
Der Versuch, Steuerbürokratie abzubauen, ist ehrenwert. Aber es wird für
die Unternehmen nicht einfach. Fast die Hälfte von ihnen schläft noch. Dabei ist es an
der Zeit, sich in Buchführung und IT umzustellen. Sonst droht ein böses Erwachen.
Der an sich lobenswerte Ansatz der
Bundesregierung, die Steuerbürokratie
zu erleichtern, hat mittlerweile konkret
Gestalt angenommen: Ab 2013 wird die
E-Bilanz zwingend vorgeschrieben. Mit
dem sogenannten Anwendungsschrei-
ben zur „Elektronischen Übermittlung
von Bilanzen, Gewinn- und Verlust-
rechnungen sowie zur Veröffentlichung
der Taxonomie“ vom 28. September
2011 hat das Bundesministerium der
Finanzen (BMF) einen vorläufigen
Schlusspunkt gesetzt: Die Zeit von
Verbändeanhörungen,
Pilotprojekten
und diversen Nachbesserungen ist vor-
bei, die Finanzbehörden in Bund und
Ländern sind sich über die künftige
Handhabung von § 5b Einkommensteu-
ergesetz (EStG) in der Fassung des Steu-
erbürokratieabbaugesetzes 2008 einig.
Und schon für das Wirtschaftsjahr 2012
soll es losgehen mit der Übermittlung
von relevanten Unternehmensdaten auf
„amtlich vorgeschriebenem Datensatz
durch Datenfernübertragung“.
Bedenklich erscheint insbesondere
die stark erweiterte Informationspflicht
der Unternehmen gegenüber den Fi-
nanzbehörden. Sie führt zu einer signi-
fikanten Mehrbelastung der Wirtschaft.
Ähnlich verhält es sich mit den mas-
siven Eingriffen in die Buchführung.
Das Buchwerk wird damit mehr und
mehr auf die Belange der Finanzver-
waltung ausgerichtet. Gleichzeitig rückt
die Information innerhalb des Unter-
nehmens sowie die-jenige für Gläubiger
Brigitte Schöne, Geschäftsführerin, DKB IT-Services GmbH
die Taxonomie, in eine Kerntaxonomie
für alle Unternehmensformen und in
Branchentaxonomien. Diese unterteilen
sich wiederum in Spezialtaxonomien für
Banken und Versicherungen sowie in Er-
gänzungstaxonomien etwa für die Woh-
nungswirtschaft.
Die Ergänzungstaxonomie für die
Wohnungswirtschaft bringt es neben zir-
ka 900 Pflichtfeldern (Achtung: Pflicht-
felder bedeuten jetzt Mussfelder!) auf
immerhin knapp 5.000 Unterpunkte und
-zeilen, die mit Daten befüllt sein wol-
len, und sei es nur mit einem digitalen
„Nicht zutreffend“. Nach § 5b EStG ist
die elektronische Übermittlung von Jah-
resabschlussdaten erstmals für die Wirt-
schaftsjahre ab 2011 vorgesehen. Da sich
der Umstellungszeitraum für die betrof-
fenenUnternehmen als deutlich zu knapp
erwies, hat sich das BMF zur – sie heißt
tatsächlich so – „Anwendungszeitpunkt-
verschiebungsverordnung (AnwZpvV)“
vom 20. Dezember 2010 durchgerungen.
Demnach gilt die neue Regelung erstmals
für die Wirtschaftsjahre ab 2012.
Zu kurz gesprungen?
Möglicherweise ist aber auch dies immer
noch zu kurz gedacht: Im finalen An-
wendungsschreiben vom 28.9.2011, bin-
dende Regelung für die Finanzbehörden
der Länder, hat das BMF eine „Nichtbe-
anstandungsregelung für 2012“ formu-
liert. Das heißt: Reicht das Unternehmen
die Jahresabschlussunterlagen für das
und Anteilseigner in den Hintergrund.
Bei denzirka1,3Millionenbilanzierungs-
pflichtigen Unternehmen in Deutsch-
land dürfte sich deshalb die Begeisterung
über diese Art von Entbürokratisierung
sehr in Grenzen halten. Denn die E-Bi-
lanz stellt sich in der Praxis als echte He-
rausforderung dar. Denn zum einen er-
höht sich die Anzahl der Pflichtangaben
und -felder um bis zu 700 Prozent. Das
meinen Experten großer Wirtschaftsver-
bände. Des Weiteren gliedert sich das
Datenschema für Jahresabschlussdaten,
Umfrage zur E-Bilanz.
Ende April 2011
führte Deloitte eine Umfrage unter 1.000
Unternehmen durch mit der Bitte um
Selbsteinschätzung zum Thema E-Bilanz.
Dieser Stand der Entwicklung dürfte sich bis
heute kaum geändert haben.
Wie gut sind Sie vorbereitet?
Sehr gut (0,0%)
Gut
Befriedigend
Angaben in Prozent.
19,8
42,3
2,2
37,75
Ausreichend
Ungenügend