38 Finanzen, Markt + Management
12-01 | 2012
Von den Finanzgerichten
Familiengeschäfte: Steuertarif unter Beschuss
Michael Schreiber, Oberweser
Foto: 3Dstock/shutterstock.com
Privatdarlehen zwischen nahen Ange-
hörigen sind schon immer ein beliebtes
Steuersparmodell – das gilt nach der Ein-
führung der Abgeltungsteuer erst recht.
Denn der Darlehensnehmer kann die ge-
zahlten Schuldzinsen für den familiären
Kredit als Unternehmer oder Vermieter
Steuer sparend absetzen. Die Finanzver-
waltung will dem kreditgebenden Ver-
wandten den oft günstigeren Abgeltung-
steuertarif von 25 Prozent jedoch nur
dann einräumen, wenn der Darlehens-
nehmer die Kreditmittel privat verwen-
det. Wird das geliehene Geld dagegen für
den Erwerb einer vermieteten Immobilie
oder für eine Firmengründung verwen-
det, soll auch der Darlehensgeber seine
Zinserträge mit dem persönlichen (im
Zweifel höheren) Steuersatz versteuern
müssen. Ob diese seit Anfang 2011 in
§ 32 d Absatz 2 Nr. 1 Einkommensteu-
ergesetz verankerte Verwaltungspraxis
rechtens ist, muss das Niedersächsische
Finanzgericht jetzt in zwei Musterver-
fahren klären, die vom Bund der Steuer-
zahler unterstützt werden.
In einem Fall hatten die Eltern ihrem
Sohn und den Enkelkindern ein Darle-
hen für die Anschaffung einer fremd-
vermieteten Immobilie gewährt. Der
Darlehensvertrag war schriftlich abge-
schlossen worden und beinhaltete eine
fremdübliche Verzinsung. Die Eltern
wollten die Zinseinnahmen mit dem
pauschalen Abgeltungsteuersatz versteu-
ern. Das Finanzamt wandte stattdessen
den (höheren) persönlichen Steuersatz
an. Hätten der Sohn und die Enkelkinder
das Darlehen hingegen für eine Urlaubs-
reise verwendet, hätten die Zinseinnah-
men bei den Eltern der günstigeren Ab-
geltungsteuer unterlegen und die Eltern
rund 5.000 Euro Steuern gespart. Ob die
steuerliche Behandlung der Zinseinnah-
men bei den Eltern von der Verwendung
des Darlehens abhängen darf, muss nun
das Niedersächsische Finanzgericht klä-
ren (15 K 417/10).
Im zweiten Fall hatte ein Allein-Ge-
sellschafter seiner GmbH ein Darlehen
gewährt. Auch in diesem Fall verweigerte
die Finanzverwaltung die Versteuerung
der Zinseinnahmen mit dem Abgeltung-
steuersatz. Der Pauschaltarif wäre für
den Gesellschafter günstiger gewesen als
die Abrechnung mit dem persönlichen
Steuersatz: Mehrsteuern rund 1.000
Euro. Das Verfahren ist ebenfalls vor
dem Niedersächsischen Finanzgericht
anhängig (14 K 335/10).
Kommt der Abgeltungsteuertarif zur
Anwendung, dürfen Steuerzahler im
Zusammenhang mit ihren Geldanlagen
angefallene Werbungskosten nicht mehr
steuerlich verrechnen. Ob diese Rege-
lung rechtens ist, wird das Finanzgericht
Münster in einem weiteren Musterver-
fahren (6 K 607/11) klären.
Steuerzahler mit ähnlich gelagerten
Fällen sollten den Werbungskostenabzug
oder die Anwendung der Abgeltung-
Darlehen unter Angehörigen. Durch die Abgeltungsteuer sollte die
Besteuerung von Zinseinkünften einfacher, effizienter und gerechter
werden. Doch die komplizierte Regelung funktioniert im Detail nicht.
Wird Geld zwischen
Angehörigen weiter-
gegeben, gelten
besondere Rechte.