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12-01 | 2012
ge aller anderen sind im zweistelligen
Bereich. Kursabweichungen vom NAV
nach unten sind aber ebenso wenig ge-
eignet, dauerhaft das Interesse breiter
Anlegerschichten zu wecken, wie die un-
stete Kursentwicklung während der ver-
gangenen Jahre. Besonders gravierend
hinzu kommt der niedrige Börsenwert
der Immobilienaktien. Er pendelte bei
den elf im MDax und SDax enthaltenen
zuletzt um 6,4 Milliarden Euro – zwar
nur eine Momentaufnahme, aber für den
Vergleich mit den anderen Immobilien-
Anlageklassen brauchbar.
Offene und Geschlossene Immobi-
lienfonds bringen es beim Volumen auf
ein Mehrfaches der Immobilienaktien,
ganz gleich, wie man es jeweils berechnet.
Allein schon der Wert des vom Offenen
Immobilienfonds SEB ImmoInvest ver-
öffentlichten Vermögens ist fast so hoch
wie der Börsenwert der elf MDax- und
SDax-Immobilienaktien insgesamt. Der
Wert des konkurrierenden CS Euroreal
folgt dicht dahinter. Beide Fonds werden
auch an der Hamburger Börse gehandelt.
Ihre dortigen Kurse haben bei Weitem
nicht so hohe prozentuale Abschläge auf
die mit dem NAV vergleichbaren Rück-
nahmepreise wie die Kurse der Immobi-
lienaktien auf ihren NAV. Noch ein wei-
terer Vergleich bietet sich an: Mit Aktien
außerhalb des Immobiliensektors. Zum
Beispiel brachte es allein Heidelberg-
Cement, in Bezug auf den Börsenwert
Schlusslicht unter den im führenden
Deutschen Aktienindex Dax enthaltenen
Aktien, Ende Oktober auf gut 6,2 Milli-
arden Euro, also auf einen fast so hohen
Wert wie die elf MDax- und SDax-Im-
mobilienaktien zusammen.
Um die Anlage in Immobilienaktien
zu fördern, gründeten einige Pioniere der
Branche vor über einem Jahrzehnt die
Initiative „Immobilien-Aktie“. Im Okto-
ber fand dazu die elfte Konferenz statt.
Die Stimmung war unter den Teilneh-
mern alles in allem eher gedämpft, was
zum einen an den durch Banken verur-
sachten Engpässen bei der Finanzierung
lag, zum anderen an den nach über zwei-
jährigem Anstieg wieder rückläufigen
Aktienkursen. Manchem Konferenzteil-
nehmer schlug auch auf den Magen, dass
die Initiative noch nicht so richtig vom
Fleck gekommen war.
Spannende Frage: Warum kaufen
Vermögensverwalter und Family Of-
fices für ihre betuchte Klientel gerade
jetzt ganze Häuserzeilen mit immer
niedrigeren Mietrenditen zu immer hö-
heren Preisen, während sie sogar solche
deutschen Immobilienaktien links liegen
lassen, die vergleichsweise hohe Divi-
dendenrenditen bringen, zu günstigen
Kursen zu haben sind und obendrein an-
ders als Häuser schnell wieder verkauft
werden können?
Falsches Sicherheitsbewusstsein
Eine treffende Antwort ergibt sich aus
dem falschen Sicherheitsbewusstsein der
Deutschen: Sie ziehen Häuser, abgesehen
vom aktuellen Kaufmotiv Schuldenkrise,
den Aktien vor, weil Häuser keine täg-
lichen Kurse haben und dadurch ihre
Eigentümer in Sicherheit wiegen. Hinzu
kommt die allgemeine deutsche Aktien-
phobie, erkennbar daran, dass die Zahl
der Aktionäre in Deutschland laut Sta-
tistik des Deutschen Aktieninstituts von
Jahr zu Jahr abnimmt.
Die falsch verstandene Sicherheit
mutet auch insofern seltsam an, weil das
kumulative Risiko der Direktanlage in
Immobilien ungleich höher ist als das
Risiko von Immobilienaktien – voraus-
gesetzt, diese repräsentieren ein gut ge-
managtes, breit gestreutes und mit mög-
lichst hohem Eigenkapital finanziertes
Portfolio. Wie weit das falsche Sicher-
heitsverständnis gehen kann, ist darüber
hinaus dadurch belegt, dass deutsche
Anleger ihr Geld jahrzehntelang massiv
in Offene Immobilienfonds investierten,
weil diese eine stetige stabile Rendite
versprachen. Erst seit einige Fonds das
Geld ihrer Anleger eingefroren haben, ist
dieses Verständnis von angeblicher Sta-
bilität einer gewissen Skepsis gewichen.
dem Bestand. Sein Image hat darunter
schwer gelitten.
Gelitten hat auch das Image der Im-
mobilienaktien insgesamt, und das ist
auf eine Art Sippenhaft zurückzuführen:
Solange Gagfah oder IVG für negative
Schlagzeilen sorgen, färbt das negativ
auch auf die übrigen Immobilienunter-
nehmen ab. Deren Vorständen bleibt
ohnehin nichts anderes übrig, als weiter
fleißig um Großanleger zu werben. Ihre
Erfolgschancen sind gut – und die der
Anleger, die ihre Aktien nach dem nächs-
ten Kursrückgang kaufen, ebenfalls.
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Einige Jahre nach Gründung der
Initiative Immobilien-Aktie wurden die
Promotoren eines speziellen Aktien-
typs aktiv: Real Estate Investment Trust
(REIT). Seine hervorstechende Eigen-
schaft besteht aus Anlegersicht in der
hohen Ertragsausschüttung. Vom all-
gemeinen Durchbruch in Deutschland
ist der REIT jedoch noch weit entfernt.
Das liegt nicht allein daran, dass er von
den politischen Gremien zerredet wurde,
sondern speziell auch an der fehlenden
Einbeziehung von Wohnimmobilien aus
Spannende Frage: Warum kaufen Vermögensverwalter und Family
Offices ganze Häuserzeilen mit immer niedrigeren Mietrenditen,
während sie deutsche Immobilienaktien mit guten Renditen links
liegen lassen?
Auf einen Blick
Immobilienaktien bergen größere Chan-
›
cen als Offene oder Geschlossene Fonds,
vorausgesetzt, man kauft sie erst nach
kräftigen Kursrückgängen.
Die Aktienkurse liegen in der Regel zwar
›
weit unter dem jeweiligen Net Asset
Value, aber das allein ist kein Grund zu
kaufen.
Deutsche Anleger leiden unter einer aus-
›
geprägten Aktienphobie.
Großanleger investieren lieber direkt in
›
Häuser als indirekt in Immobilienaktien.
Die Zahl der Aktionäre in Deutschland
nimmt ab.