Seite 68 - Immobilienwirtschaft_2012_06

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68 Aktuelles Recht
06 | 2012
Fakten:
Die Parteien
streiten im vorliegenden
Fall darüber, ob der Mieter
eine Umstellung von der
Gasetagenheizung auf
die im Haus vorhandene
Zentralheizung dulden
muss, wenn er selbst vor 20
Jahren auf eigene Kosten
die Gasetagenheizung
eingebaut hatte. Das Land-
gericht gibt dem Vermieter
recht. Die Eigentumsver-
hältnisse an der Heizung
spielen dabei keine Rolle.
Fazit:
Das Amtsgericht
hatte dem Mieter recht
gegeben mit der Begrün-
dung, die Umstellung stelle
eine unzumutbare Härte
dar. Das Landgericht sah
das anders und entspricht
damit dem Trend, dem
Willen des Gesetzgebers
Rechnung zu tragen, die
Hauseigentümer bei der
Modernisierung des Woh-
nungsbestands zu unter-
stützen. Allerdings wurde
Revision zugelassen.
Fakten:
Der Vermieter
hat sein Zustimmungsver-
langen zur Anpassung an
die ortsübliche Vergleichs-
miete mit Vergleichs-
wohnungen begründet
und greift im Prozess die
Qualifizierung des Miet-
spiegels an. Das Gericht gibt
dem Mieter recht. Da der
Mieter die vom Vermieter
geltend gemachte Höhe der
vermeintlich ortsüblichen
Vergleichsmiete in Abrede
stellt, wendet das Gericht
zur Ermittlung der orts-
üblichen Vergleichsmiete
den einschlägigen qualifi-
zierten Mietspiegel an. Kraft
Gesetzes wird bei einem
qualifizierten Mietspie-
gel vermutet, dass er die
ortsübliche Vergleichsmie-
te zutreffend wiedergibt.
Diese Vermutungswirkung
kann im Prozess nur durch
den Beweis des Gegenteils
widerlegt werden. Zwar ist
es dem Vermieter gestattet.
das Erhöhungsverlangen
mit Vergleichswohnungen
zu begründen; gleichwohl
ist das Gericht im Streitfall
befugt, einen qualifizierten
Mietspiegel als Beweismittel
wegen seiner Vermutungs-
wirkung zur Ermittlung der
ortsüblichen Vergleichsmie-
te heranzuziehen und eine
etwa vorhandene Orientie-
rungshilfe als Schätzgrund-
lage zu verwenden. Soweit
der Vermieter hier das
positive Sondermerkmal
„hochwertiger Bodenbelag“
für gegeben hält, entschei-
det das Gericht, dass ein
abgezogener, abgeschliffener
und gewachster Dielenbo-
den in Bezug auf Qualität,
Ästhetik und Haltbarkeit
mit Parkettboden nicht
vergleichbar ist.
Fazit:
Der BGH hat
entschieden, dass ein
Mietspiegel innerhalb
seines Geltungsbereichs
wie eine reversible Rechts-
norm zu behandeln ist und
somit die Auslegung eines
Mietspiegels der uneinge-
schränkten revisionsrecht-
lichen Nachprüfung durch
die Zivilgerichte unterliegt.
Das Besondere an dieser
Entscheidung ist, dass das
Gericht hier seine frühere
Rechtsprechung ändert,
wonach die Richtigkeit des
Mietspiegels nur im Ver-
waltungsrechtsweg geprüft
werden konnte. Das Gericht
stellt klar, dass ein Sach-
verständigengutachten bei
einem geltenden qualifi-
zierten Mietspiegel entbehr-
lich ist, da der Vermieter
nicht dargelegt hat, dass die
Wohnung eine „Ausreißer-
wohnung“ sei, welche vom
Mietspiegel nicht erfasst sei.
Umstellung auf Zentralheizung. Duldungspflicht des Mieters
Modernisierung [68.1]
Umstellung auf Zentralheizung bei vom Mieter
bezahlter Gasheizung?
Der Wohnungsmieter muss die Umstellung von der Gaseta-
genheizung auf die im Haus vorhandene Zentralheizung zur
Herstellung eines üblichen Zustands auch dann dulden, wenn er
die Gasetagenheizung vor 20 Jahren auf eigene Kosten einge-
baut hat.
LG Berlin, Urteil v. 10.1.2012, Az.: 63 S 203/11
Staffelmiete [68.3]
Vereinbarung unwirksam, soweit Monatsmietbetrag
nicht ausgewiesen
Eine Staffelmietvereinbarung, in der die jeweilige Miete oder die
jeweilige Erhöhung für die ersten zehn Jahre in einem Geldbetrag
und erst für die nachfolgenden Jahre in einem Prozentsatz aus-
gewiesen ist, ist gemäß § 139 BGB nicht insgesamt unwirksam,
sondern für die ersten zehn Jahre wirksam. Zur Wirksamkeit ei-
ner Betriebskostenabrechnung, in der keine Vorauszahlungen des
Mieters in Ansatz gebracht worden sind.
BGH, Urteil vom 15.2.2012, Az.: VIII ZR 197/11
Foto: Uli Carthäuser/pixelio.de
Mieterhöhung [68.2]
Kein Sachverständigengutachten bei qualifiziertem
Mietspiegel
Kann der Mieter die ortsübliche Vergleichsmiete bereits aus
einem qualifizierten Mietspiegel ermitteln, bedarf es zur
Feststellung der Vergleichsmiete nicht noch eines Sachver-
ständigengutachtens, mit Hilfe dessen der Vermieter die
Mieterhöhung auf die Höhe der Miete bei Vergleichswoh-
nungen stützt. Ein Dielenboden ist kein „hochwertiger Bo-
denbelag“.
LG Berlin, Urteil vom 9.12.2011, Az.: 63 S 220/11