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06 | 2012
Fakten:
Der Mieter einer
preisgebundenenWohnung
wendet sich gegen die Be-
triebskostenabrechnung. In
demGebäude befinden sich
103 Wohnungen sowie eine
Gewerbeeinheit (Pizzeria). Der
Vermieter hatte Nachforde-
rungen aus den Abrechnungen
über die kalten Betriebskosten
für 2005 bis 2007 geltend
gemacht. Die Abrechnungen
enthalten unter anderem den
Zusatz, dass Betriebskosten, die
nicht für Wohnraum entstan-
den sind, vorweg abgezogen
wurden. Hinsichtlich einiger
Kostenpositionen fehlt es an
der notwendigen Angabe der
Gesamtkosten. Insoweit ist die
Abrechnung bereits aus for-
mellen Gründen unwirksam.
Fazit:
Gemäß § 20 Abs.
3 NMV hat der Vermieter
preisgebundener Wohnun-
gen – analog zu dem für
den preisfreien Wohnraum
geltenden § 556 Abs. 3 BGB
– über die Betriebskosten
jährlich abzurechnen, wobei
alle oder mehrere Betriebs-
kostenarten in einer Abrech-
nung erfasst werden dürfen.
Eine Betriebskostenrechnung
muss den Anforderungen des
§ 259 BGB entsprechen, also
eine geordnete Zusammen-
stellung der Einnahmen und
Ausgaben enthalten. Sind
keine besonderen Abreden
getroffen, muss bei Gebäuden
mit mehreren Wohneinheiten
die Abrechnung mindestens
die Zusammenstellung der
Gesamtkosten, die Angabe
– und soweit erforderlich –
Erläuterungen der zugrunde
gelegten Verteilerschlüssel,
die Berechnung des Anteils
des Mieters und der Abzug
seiner Vorauszahlungen ent-
halten. Fehlen diese Angaben
in der Abrechnung, ist sie
schon aus formellen Gründen
unwirksam.
Fakten:
Der Mieter war
30 Jahre lang Mieter einer
Wohnung in einem auch
von der Vermieterin selbst
bewohnten Zweifamilien-
haus. Nach Differenzen mit
der Vermieterin hatte der
Mieter die Mietwohnung
geräumt und an der Haustür
der Vermieterin die Rückga-
be der Schlüssel angeboten.
Die Vermieterin hatte die
Entgegennahme der Schlüssel
verweigert, der Mieter hatte
sie anschließend in seinen
Briefkasten geworfen und
das Mietverhältnis wegen
„Vertrauensverlustes“ frist-
los, hilfsweise ordentlich
gekündigt. Die Abnahme
der Wohnung erfolgte
daraufhin nach Absprache
beider Parteien zu einem
späteren Zeitpunkt. Die
Vermieterin verlangt nun
Schadensersatz wegen
Veränderungen und Ver-
schlechterungen der Miet-
sache. Der Mieter wendet
dagegen Verjährung ein.
Der BGH gibt der Vermie-
terin recht: Die Schadenser-
satzansprüche sind im vor-
liegenden Fall nicht verjährt.
Nach § 548 Abs. 1 Satz 1, 2
BGB beginnt die Verjährung
der Ersatzansprüche des
Vermieters wegen Verän-
derungen oder Verschlech-
terungen der Mietsache in
dem Zeitpunkt, in dem er die
Sache zurückerhält.
Die Rückgabe setzt nach der
Rechtsprechung des BGH
eine Änderung der Besitz-
verhältnisse zugunsten des
Vermieters voraus, weil er
erst durch die unmittelbare
Sachherrschaft in die Lage
versetzt wird, sich ungestört
ein umfassendes Bild von
etwaigen Veränderungen
oder Verschlechterungen der
Sache zu machen. Die Ver-
mieterin hat die Wohnung
in diesem Fall nicht bereits
dadurch zurückerhalten,
dass der Mieter versucht
hatte, ihr die Wohnungs-
schlüssel zu übergeben. Auch
dadurch, dass der Mieter
die Schlüssel für die bereits
geräumte Wohnung nach
der gescheiterten Übergabe
in den Briefkasten seiner
bisherigen Wohnung gewor-
fen hat, hat die Vermieterin
nicht die Sachherrschaft über
die Wohnung erhalten. Der
Vermieter ist nicht verpflich-
tet, die Mietsache jederzeit
– sozusagen „auf Zuruf “
– zurückzunehmen. Die
Vermieterin ist deshalb durch
ihre Weigerung, die Schlüssel
sofort „an der Haustür“ ent-
gegenzunehmen, als sie ihr
von dem offenbar kurzfristig
ausgezogenen Beklagten
angeboten wurden, nicht in
Annahmeverzug geraten.
Der Vermieterin ist es auch
nicht mit Rücksicht auf Treu
und Glauben verwehrt, sich
auf die noch nicht eingetre-
tene Verjährung zu berufen,
denn die Parteien haben im
Anschluss an die vom Mieter
kurz nach der gescheiterten
Schlüsselübergabe ausgespro-
chenen Kündigung einver-
nehmlich einen „offiziellen“
Übergabetermin vereinbart
und in der Folgezeit auch
eingehalten.
Fazit:
Der BGH stellt
nochmals klar, dass die Been-
digung des Mietverhältnisses
nicht Voraussetzung für den
Beginn der kurzen Verjäh-
rung ist. Er verneint hier
einen Annahmeverzug des
Vermieters, da der Vermie-
ter nicht verpflichtet ist, die
Rücknahme der Mietsache
„auf Zuruf “ des Mieters zu
vollziehen. Zu den beider-
seitigen Pflichten bezüglich
der Rückgabevereinbarung
hat der BGH hier nichts
ausgeführt.
Ausgeräumt. Die Rückgabe muss „offiziell“ erfolgen.
Verjährung [67.1]
Keine Verpflichtung zur Rücknahme
der Mietsache „auf Zuruf“
Für die „Rückgabe“ der Mietsache reicht es nicht aus, wenn der
Mieter dem Vermieter den Schlüssel in den Briefkasten schmeißt.
Durch diese Handlung beginnt jedenfalls nicht die Verjährung
nach § 548 Abs.1 Satz 2 BGB zu laufen.
BGH, Urteil v. 12.10.2011, Az.: VIII ZR 8/11