Klage:
abgewiesen!
Gegen den Strom
Tipps
Jelka Louisa Beule, Freiburg
Ihre Wohnung gefällt ihr super. Und der
Fluss davor eigentlich auch. Allerdings
nicht die Schiffe, die auf ihm fahren. Des-
halb ist sie mittlerweile eindeutig gegen
den Strom. Eine Bewohnerin des neuen
Kölner Nobelviertels Rheinauhafen hat
deshalb mehrere Monate lang ihre Mie-
te gemindert, insgesamt überwies sie
rund 3.700 Euro weniger als vertraglich
vereinbart. Gut 1.300 Euro müsste sie
eigentlich pro Monat bezahlen: Für eine
78-Quadratmeter-Wohnung, mit zwei
Zimmern, – und für den Balkon, der di-
rekt hinaus zum Rhein führt. Ein stolzer
Preis, meint die Bewohnerin. Vor allem,
wenn der Rhein doch häufig ganz gehö-
rig stinkt. Und auch noch Lärm macht.
Nur noch Segelschiffe?
Denn der Fluss ist nicht nur ein fried-
lich
dahinplätscherndes
Gewässer,
sondern hier gibt es eine rege Bin-
nenschifffahrt. Unerträglich sei die
Belastung, sagt die Anwohnerin.
Ein Schwall wie von angebrannten
Autoreifen zöge ständig in ihre Woh-
nung, vom Lärm von Generatoren und
Motoren ganz zu schweigen. Das sei
mit der gehobenen Wohnlage nicht zu
vereinbaren. Sie klagte vor dem Kölner
Amtsgericht. Dort ist der Fall nach lan-
gem Hin und Her im vergangenen Jahr
gelandet.
Was also tun? Den Rhein sperren,
allenfalls noch kleine, motorfreie Segel-
schiffe und Tretboote zulassen? Nein,
meinten die Richter. Bereits am ersten
Verhandlungstag stellte das Gericht fest:
Wohnen am Strom.
Schiffe lärmen. Wer ins Kölner
Kranhaus zieht, muss sich dessen bewusst sein.
Keine Lösung: Den Rhein für Motorschiffe sperren.
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Wochen später fiel entsprechend aus.
Der Rhein sei eine der ammeisten befah-
renen Schifffahrtstraßen Europas, das sei
allgemein bekannt, urteilten die Richter.
Da half es der Mieterin auch nichts, dass
sie aus Bayern stammt, aus einer Gegend,
wo es weit und breit keinen größeren
Fluss und keine Schiffe gibt.
Das Gericht gab also der Vermie-
tungsgesellschaft recht, sie bekam ihr
Geld zurück. Was mit der Mieterin ge-
schehen ist, ist unbekannt. Hat sie mitt-
lerweile das Weite gesucht und eine neue
Wohnung? Weit weg von dem stinken-
den Strom? Ist sie bei ihrer Flucht auf
Mitstreiter gestoßen? Das ist wahrschein-
lich. Denn auch andere Hafenbewohner
haben schon gegen den Fluss geklagt,
weil er ihnen gewaltig stinkt - allerdings
ebenfalls ohne Erfolg.
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»Am ersten Verhand-
lungstag stellte das
Gericht fest: Wer in
eine Wohnung an den Rhein
zieht, kann Schiffslärm
und Geruch nicht
als Mangel
geltend machen.«
Wer in eine Wohnung an den Rhein
zieht, kann Schiffslärm und Geruch
nicht als Mangel geltend machen. Darü-
ber müsse sich der Mieter vorher Gedan-
ken machen. Und auch das Urteil einige
06 | 2012