DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 5/2016 - page 78

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RECHT
BGB §§ 307 Abs. 1 S. 2, 535 Abs. 2, 556 Abs. 1 S. 2, 812 BGB
Formularmäßige Vereinbarung der Umla-
ge der Betriebskosten im Mietvertrag
Zur Übertragung der Betriebskosten auf den Mieter erforderlich ist
die - auch formularmäßige - Vereinbarung, dass dieser „die Betriebs-
kosten“ zu tragen hat. Auch ohne Beifügung des Betriebskostenkata-
logs oder ausdrückliche Bezugnahme auf § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB und
die Betriebskostenverordnung vom 25.11.2003 ist damit die Umlage
der in § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB definierten und in der Betriebskosten-
verordnung erläuterten Betriebskosten vereinbart.
BGH, Urteil vom 10.2.2016, VIII ZR 137/15
Bedeutung für die Praxis
Nach der Rechtsprechung des Senats bedarf es zu einer wirksamen
Umlagevereinbarung von Betriebskosten in der Wohnraummiete - auch
in einem Formularvertrag - nicht der Aufzählung der einzelnen Betriebs-
kosten. Es genügt, dass auf die Betriebskosten gemäß der Anlage 3 zu
§ 27 der Zweiten Berechnungsverordnung verwiesen wird. Dabei ist zu
BGB §§ 133, 142, 157, 278
Anforderungen an eine konkludente
Wohnflächenvereinbarung
Die alleinige Angabe der Wohnfläche in einem Inserat bzw. einem
Exposé genügt zur Annahme einer konkludenten Wohnflächenver-
einbarung nicht. Dies gilt ebenso für eine lediglich telefonische
Mitteilung durch einen Makler.
LG München I, Urteil vom 21.1.2016, 31 S 23070/14
Bedeutung für die Praxis
Der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag enthält keine
Angaben zur Größe der Wohnung. Eine konkludente Vereinbarung einer
bestimmten Wohnflächengröße kommt zwar dennoch in Betracht, wenn
die Parteien den schriftlichen Mietvertrag in der beiderseitigen, erkenn-
baren Vorstellung schließen, die Wohnung weise die entsprechende
Wohnfläche auf. Die alleinige Angabe der Wohnfläche in einem Inserat
bzw. einem Exposé genügt zur Annahme einer konkludenten Wohnflä-
chenvereinbarung nicht. Vielmehr handelt es sich dabei um eine bloße Be-
schreibung der Mietsache. Aber auch wenn man als wahr unterstellt, dass
die Maklerin dem Beklagten auf dessen Nachfrage telefonisch mitgeteilt
hat, die oberirdische Wohnfläche umfasse über 150 m
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, folgt daraus noch
keine konkludente Wohnflächenvereinbrung zwischen dem Beklagten
Bedeutung für die Praxis
Der Wortlaut der Klausel spricht dafür, dass dort nur Regelungen über
eine Abrechnungsfrist und nicht zugleich über Sanktionen für den Fall
einer verspäteten Abrechnung getroffen worden sind. Es ist allein die
Rede davon, dass bis spätestens 30. Juni jeden Jahres abzurechnen ist,
nicht aber, dass der Vermieter, der diese Frist nicht wahrt, (verschuldens-
unabhängig) mit Nachforderungen ausgeschlossen sein soll. Dass eine
Abrechnung, die „spätestens“ zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfolgen
hat, nach objektivem Verständnis noch nichts über eine Ausschlusswir-
kung im Falle einer verspäteten Abrechnung besagt, zeigt auch ein Blick
auf § 556 Abs. 3 Satz 2 und 3 BGB. Diese Bestimmung ist zwar erst im
September 2001 in Kraft getreten, während die streitgegenständliche
Klausel im Jahr 1980 vereinbart wurde. Sie lässt aber insoweit gewisse
Rückschlüsse auf den objektiven Inhalt einer Formularklausel zu, als
sie deren Regelungsgehalt nachzeichnet. So liegen die Dinge bei § 556
Abs. 3 Satz 2 BGB. Mit dieser Vorschrift führte der Gesetzgeber für nicht
preisgebundene Wohnungen erstmals eine gesetzliche Abrechnungsfrist
ein, die „spätestens“ mit dem Ablauf von zwölf Monaten nach Ende des
Abrechnungszeitraums enden sollte. Zusätzlich wurde – für den Fall einer
vom Vermieter zu verantwortenden verspäteten Abrechnung – erstmals
eine Ausschlussfrist für Nachzahlungsansprüche (§ 556 Abs. 3 Satz 3
BGB) geschaffen. Insbesondere widerspräche es den redlicherweise zu
berücksichtigenden beiderseitigen Interessen, der vereinbarten Zweimo-
natsfrist zur Abrechnung über die Heizkosten eine Ausschlusswirkung
für verspätete Nachforderungen beizumessen. Der Vermieter, der sich
eine Abrechnungspflicht binnen zweier Monate ab Ende der Heizperiode
auferlegt, obwohl eine gesetzliche Abrechnungsfrist nicht besteht und
von der Rechtsprechung eine Abrechnungsfrist von einem Jahr gewährt
wird, muss dem Mieter nicht auch noch die Vergünstigung gewähren, dass
dieser von geschuldeten Nachforderungen frei wird, wenn der Vermieter
erst nach Ablauf der Zweimonatsfrist abrechnet.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
berücksichtigen, dass der Begriff der Betriebskosten seit vielen Jahrzehn-
ten durch Rechtsverordnung und später durch Gesetz definiert ist. Bereits
in der am 1. November 1957 in Kraft getretenen Zweiten Berechnungs-
verordnung findet sich in § 27 die Definition, dass es sich dabei um die
Kosten handelt, die „dem Eigentümer durch das Eigentum oder durch den
bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anla-
gen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen“. Seit dem
1. Januar 2007 ist dieselbe Definition nunmehr in § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB
selbst enthalten – unter Verweis auf die Aufstellung der Betriebskosten-
verordnung vom 25. November 2003, die den bis 31. Dezember 2003
geltenden Betriebskostenkatalog in der Anlage 3 zu § 27 der Zweiten
Berechnungsverordnung abgelöst hat. Angesichts der vorbeschriebenen
Gesetzeslage, die den Begriff der Betriebskosten in der Wohnraummiete
seit langem festlegt, ist der hier im Mietvertrag verwendete Begriff der
Betriebskosten ohne Weiteres in diesem Sinne zu verstehen, das heißt wie
jetzt in § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB geregelt und in dem aufgrund der darin
enthaltenen Ermächtigung erlassenen Betriebskostenkatalog erläutert.
Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien von einem anderen Begriff der Be-
triebskosten ausgegangen sind, sind vom Berufungsgericht nicht festge-
stellt worden und auch sonst nicht ersichtlich. Angesichts dessen bedarf
der Begriff der „Betriebskosten“ in der Wohnraummiete grundsätzlich
keiner Erläuterung oder Aufschlüsselung, da er als bekannt vorausgesetzt
werden kann und für den durchschnittlichen Mieter hinreichend klar und
verständlich ist. Die Möglichkeit, dass der Verwender sich ungerechtfer-
tigte Beurteilungsspielräume verschaffen könnte, erscheint angesichts
der gesetzlichen Definition und Aufzählung der einzelnen Betriebskosten-
arten im Betriebskostenkatalog ausgeschlossen.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
1...,68,69,70,71,72,73,74,75,76,77 79,80,81,82,83,84
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