Seite 81 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2014_08

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GBO § 19, § 29 , WEG § 10 Abs. 2 S 2, § 12 Abs. 1,
§ 12 Abs. 4 S 1
Wiederbegründung einer durch Beschluss
aufgehobenen Veräußerungsbeschrän-
kung
Für die Wiederbegründung einer durch Beschluss aufgehobenen
Veräußerungsbeschränkung fehlt der Versammlung der Wohnungs-
eigentümer die Beschlusskompetenz. § 12 Abs. 4 Satz 1 WEG gilt
als gesetzliche Ausnahme vom Vereinbarungsprinzip nicht für den
„actus contrarius”. Hierzu bedarf es vielmehr einer Vereinbarung.
OLG München, Beschluss vom 4. 4. 2014, 34 Wx 62/14
Bedeutung für die Praxis
Das OLG München verneint hier eine Beschlusskompetenz für einen
Zweitbeschluss, der die Aufhebung des mit ausdrücklicher Beschlusskom-
petenz nach § 12 Abs. 4 Satz 1 WEG gefassten Beschlusses hinsichtlich
eines – meist in der Gemeinschaftsordnung – vereinbarten Zustimmungs-
erfordernisses bewirken soll. Ohne Begründung wird die Wiedereinfüh-
rung des Zustimmungserfordernisses (durch Beschluss immer nichtig)
mit der Aufhebung des Aufhebungsbeschlusses gleichgesetzt. Offen lässt
das OLG München die schwierigere Frage, wie zu verfahren ist, wenn der
erste – noch nicht bestandskräftige, aber formell wirksame – Aufhebungs-
beschluss erfolgreich gerichtlich angefochten wurde und zwischenzeitlich
ein Eigentümerwechsel stattfand. Hier kann man nicht von
einem nur schwebend wirksamen Erwerb ausgehen (vgl.
Schneider in Riecke/Schmid, § 12, Rn. 68 f).
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG §§ 1 Abs. 5, 3 Abs. 2, 4 Abs. 1, § 4 Abs. 2, § 7 Abs. 3
Sondernutzungsrecht zwecks
„Einhausung” des Treppenaufgangs
Zur Eintragungsfähigkeit einer Vereinbarung der Wohnungseigen-
tümer, wonach an Gemeinschaftseigentum (Treppenaufgang zum
Dachgeschoss) ein Sondernutzungsrecht für den Wohnungseigentü-
mer der Dachgeschosswohnung begründet wird, das diesen berech-
tigt, nach „Einhausung” des Treppenaufgangs den abgeschlossenen
Bereich in seine Wohnung einzubeziehen.
OLG München, Beschluss vom 31.3.2014, 34 Wx 3/14
Bedeutung für die Praxis
Die mit oder ohne Erlaubnis der übrigen Wohnungseigentümer vorge-
nommene bauliche Einbeziehung von Räumen (oder Raumbereichen), die
im gemeinschaftlichem Eigentum stehen, in die Sondereigentumseinheit
lässt kein (erweitertes) Sondereigentum entstehen. Gerade bei Abwei-
chungen des Baukörpers vom Aufteilungsplan oder einer vollständigen
Änderung des Aufteilungsplans während der Bauausführung kann es zu
sog. „Luftschranken“ kommen. Für die dingliche Zuordnung bleibt dann
der ursprüngliche Aufteilungsplan von Bedeutung. Die rein faktisch
abweichende Bauausführung ist z. B. für die Abgrenzung
von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum nicht
relevant.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
BGB § 174; WEG § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7
Zurückweisung einseitiger Willenserklä-
rungen des Verwalters für den Verband
§ 174 Satz 1 BGB ist auf einseitige Willenserklärungen des Verwal-
ters im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf der
Grundlage einer Vereinbarung oder eines Beschlusses der Woh-
nungseigentümer nach § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG anwendbar.
BGH, Urteil vom 20.2.2014, III ZR 443/13
Bedeutung für die Praxis
Der Empfänger einseitiger Willenserklärungen des WEG-Verwalters, die
auf einem Beschluss gemäß § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG beruhen, kann keine
Kenntnis über die Person des Bevollmächtigten und/oder seiner Spezialvoll-
macht haben. Er muss also die Möglichkeit haben, den Nachweis einer Voll-
macht zu verlangen. Die Frage war nur, auf welchemWeg dies zu geschehen
hat. Dass hier der fachfremde III. Zivilsenat auf die Vollmachtsurkunde nach
§ 27 Abs. 6 WEG abgestellt hat, erscheint fragwürdig; eine nach § 26 Abs.
3 WEG öffentlich beglaubigte Niederschrift der Eigentü-
merversammlung, in der der Beschluss gefasst wurde, ist
ausreichend und auch sonst üblich.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG § 23
Erneuerung der Heizungsanlage
Wenn nach dem Inhalt der Einladung damit zu rechnen gewesen ist,
dass bereits eine konkrete Erneuerung der Heizungsanlage beschlos-
sen wird, mussten die eingeladenen Wohnungseigentümer gleichsam
erst recht damit rechnen, dass die Beschlussfassung sich nur auf die
Vorbereitung einer endgültigen Beschlussfassung erstreckt. Dies
gilt erst recht, wenn in der Einladung darauf hingewiesen wird, dass
die bereits von der Verwaltung eingeholten Angebote noch ver-
sandt werden, und zwar nach der Einladung und rechtzeitig vor der
Versammlung.
LG Hamburg, Urteil vom 9.10.2013, 318 S 20/13
Bedeutung für die Praxis
Der Verwalter steht immer vor dem Dilemma: Einerseits soll die Ankündi-
gung eines TOPs der Versammlung noch Entscheidungsspielraum lassen,
andererseits soll der Adressat sicher abschätzen können, was alles beschlos-
sen werden könnte. Wenn nur die Abstimmung über einen konkreten Antrag
angekündigt wird, ist zwar ein hoher Grad Bestimmtheit erreicht; aber
abweichende Beschlüsse sind nur auf Universalversammlungen möglich.
Trotzdem: Mit einem Beschluss über die Hinzuziehung von
Sonderfachleuten vor endgültiger Auftragsvergabe muss der
Eigentümer grds. bei höherem Auftragsvolumen rechnen.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG-RECHT
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8|2014