Seite 45 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2014_08

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Bewohnern kaum zuzumuten. Während früher in
traditionellen Familien immer jemand zuhause war
und sich um das Haus kümmerte, sind heute viele
Menschen berufstätig und über einen großen Teil
des Tages nicht in ihrer Wohnung. Dadurch fehlt
jemand, der sich täglich mehrmals um das Lüften
kümmern kann.
Verantwortung beim Planer
Das hat inzwischen auch der Gesetzgeber erkannt
und Probleme durch immer luftdichter werdende
Gebäudehüllen auch in der Energieeinsparverord-
nung (EnEV 2009) berücksichtigt. Neben der luft-
dichten Ausführung der Gebäudehülle verlangt
sie auch die Sicherstellung eines Mindestluft-
wechsels. In § 6, Abs. 2 der EnEV heißt es: „Zu
errichtende Gebäude sind so auszuführen, dass
der zum Zwecke der Gesundheit und Beheizung
erforderliche Mindestluftwechsel sichergestellt
ist.“ Der Einbau manueller Fenster verbunden
mit dem Hinweis an den Mieter oder Eigentümer,
regelmäßig zu lüften, reicht i. d. R. nicht mehr
aus. Denn die DIN 1946-6 konkretisiert die An-
forderung an denMindestluftwechsel so, dass ein
nutzerunabhängiges Lüften sichergestellt werden
muss. Die Verantwortung dafür liegt beimPlaner,
also demArchitekten, ausführenden Unternehmer
oder Handwerker.
Allein schon, um Schäden am Baukörper und ge-
sundheitliche Beeinträchtigungen der Bewohner
durch nicht ausreichende Lüftung zu vermeiden,
sollten auch BauherrenWert auf die Erfüllung der
Anforderungen legen.
Bei der Planung des Lüftungskonzeptes von Ge-
bäuden durch Planer oder Handwerker werden
derzeit jedoch die Möglichkeiten der kontrollier-
ten natürlichen Lüftung über automatisch ge-
steuerte Fenster in der Fassade und imDach noch
nicht hinreichend genutzt. Grund dafür ist, dass
die 2009 novellierte Raumlufttechnik-Norm DIN
1946-6 den Außenluftvolumenstromdurch Fens-
terlüftung für die Auslegung der lüftungstech-
nischen Maßnahmen noch nicht berücksichtigt.
Vereinfachte Planungstools, die Planer in die Lage
versetzen, die kontrollierte natürliche Lüftung als
energieeffiziente Alternative bei ihren Lüftungs-
konzepten umzusetzen, sind in Entwicklung.
Kostengünstig und für die Sanierung
geeignet: dezentrale Fensterlüfter
Eine Möglichkeit, der DIN 1946-6 schon jetzt
mit Fenstern gerecht zu werden, besteht darin,
Lüftungskomponenten in Fassaden- und Dach-
fenster zu integrieren. Ein Hygienerisiko, wie
es bei Luftschächten zentraler Anlagen durch
mangelnde Wartung auftreten kann, ist bei die-
ser dezentralen Belüftung über einzelne Fenster
erheblich minimiert. Die Wartung ist einfacher,
erheblich kostengünstiger und z. T. sogar von den
Mieter/Vermietern selbst durchzuführen. Zudem
sparen siemit dieser Lösung viel Platz, da imHaus
kein zusätzlicher Raum für eine zentrale Lüftungs-
anlage und die Installation von Lüftungskanälen
eingeplant werden muss.
Wer gerne zusätzlich stoßlüftet, muss sich keine
Sorgenmachen: Bei nahezu allen Lösungenwird es
weiter möglich sein, Fenster wie bisher zu öffnen,
umetwa imSommer abends intensiv zu lüften und
so den Raum abzukühlen.
Weitere Lüftungstechnologien:
Fensterlüfter mit Wärmerückgewinnung
Eine andere Zubehör-Technologie erfüllt darüber
hinaus hohe Ansprüche an Energieeffizienz. Ein
Lüfter mit Wärmerückgewinnung wird dabei in
das Fenster integriert. Durch diesen geht trotz
konstanter Frischluftzufuhr die Wärme mit der
abziehenden Raumluft nicht verloren, sondern
lässt sich zurückgewinnen.
Markttests mit dem weltweit ersten Lüfter für
Standard-Dachfenster ergaben eine Wärmerück-
gewinnung von bis zu 85%. Bei diesem Fenster-
lüfter genügt pro Raumbis 20m
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ein Element und
die Montage außen oben am Fenster ist genauso
einfach wie der Einbau eines üblichen, elektrisch
betriebenen Dachfensters.
Luft nach Bedarf: Fenster als Zuluftelemente
für Systeme mit zentralen Abluftanlagen
Auch in Gebäuden mit zentralen Abluftsystemen
können Fenster in das Lüftungskonzept einbezo-
gen werden – als dezentrale Zuluftelemente. Um
unnötige Energieverluste zu verhindern, kann die
Zuluftführung bedarfsgesteuert erfolgen: je hö-
her der Feuchtigkeitsgehalt der Innenraumluft ist,
destomehr Luft gelangt in das Gebäude und umge-
kehrt. Dafür kann auf eine modifizierte Griffleiste
zurückgegriffen werden. Diese steuert die Luftzu-
fuhr über die normale Lüftungsklappenfunktion des
Dachfensters bedarfsgerecht, indemes auf ein na-
türliches Phänomen zurückgreift: die Eigenschaft
bestimmter Stoffe, ihre Form relativ zur beste-
henden Feuchte zu verändern. Feuchtigkeitssen-
sible Kunststofffolien-Streifen steuernmechanisch
den Luftstrom in Abhängigkeit von der relativen
Luftfeuchtigkeit. Mit steigender Luftfeuchte und
damit höherem Lüftungsbedarf erweitert sich der
Öffnungsquerschnitt und umgekehrt.
Ausreichende Frischluftzufuhr ist wichtig, um das
Risiko der Schimmelpilzbildung sowie die Belastung
durch Schadstoffe zu verringern. Mit automatischen
Dachfenstern, gesteuert von einer Luftqualitätssteue-
rung (oben), wird über Sensortechnik bedarfsgerecht
gelüftet
Lüfter für Standard-Dachfenster
mit Wärmerückgewinnung
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