Seite 44 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2014_08

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Darüber hinaus kann auch eine zu hohe Konzen-
tration von Feinstaub in der Innenraumluft die
Gesundheit beeinträchtigen. Mögliche Quellen
sind hier etwa Zigarettenrauch, Laserdrucker,
Staubsauger oder Haustiere.
Gefahr erkannt, Gefahr gebannt?!
Was kann man nun tun, um solche Belastungen
zu vermeiden? Zunächst gilt es, Emissionenmög-
lichst gering zu halten. So sollte bewusster dar-
auf geachtet werden, dass man durch die Wahl
von Baustoffen, den Kauf von Einrichtungs- und
Gebrauchsgegenständen sowie die Nutzung unge-
eigneter Reinigungsmittel für Schadstoffquellen
in den eigenen Räumen verantwortlich ist. Listen
für schadstoffarme Baustoffe sind im Internet zu
finden und ein prüfender Blick, ob das neue Sofa
oder der Teddy des Kindes schadstoffgeprüft sind,
können hier schon einige Probleme vermeiden.
Aber auch, wenn dies berücksichtigt wird, bleibt es
unverzichtbar, für einen regelmäßigen Austausch
der Innenraumluft zu sorgen. Den Empfehlungen
der Experten zu folgen und mindestens drei- bis
viermal täglich querzulüften, gelingt nur weni-
gen Mietern oder Eigentümern. Einerseits fällt
es vielen Menschen schwer, ihre Gewohnheiten
zu ändern – zumindest solange die Gefahr noch
unsichtbar ist. Einmal in der Jugend gelerntes
Lüftungsverhalten – z. B. einmal abends und ein-
mal morgens – behalten sie auch dann noch bei,
wenn inzwischenweitgehend dichte Gebäudehül-
len häufigeres Lüften abverlangen. Andererseits
ist mehr als zweimaliges Lüften am Tag vielen
In § 6, Abs.2 der EnEV heißt es: „Zu errichtende
Gebäude sind so auszuführen, dass der zum Zwe-
cke der Gesundheit und Beheizung erforderliche
Mindestluftwechsel sichergestellt ist.“ Der Einbau
manueller Fenster verbundenmit demHinweis an
denMieter, regelmäßig zu lüften, reicht i.d.R. nicht
mehr aus. Denn die DIN 1946-6 konkretisiert die
Anforderung an den Mindestluftwechsel so, dass
ein nutzerunabhängiges Lüften sichergestellt wer-
denmuss. Die Verantwortung dafür – und damit in
der Folge auch die Gewährleistungspflicht – liegt
beimPlaner, also demArchitekten, ausführenden
Unternehmer oder Handwerker. Allein schon um
Schäden amBaukörper und Gesundheitsrisiken für
die Bewohner durch nicht ausreichende Lüftung zu
vermeiden, sollten Wohnungsunternehmen Wert
auf die Erfüllung der Anforderungen legen. Hier
gilt es nach Lösungen zu suchen, die unnötigen
Aufwand vermeiden, kosteneffizient sind und die
Wohngesundheit sicherstellen.
Lüftung mit automatischen Fenstern
Elektrisch betriebene Fenster sind inzwischen für
den Fassaden- wie den Dachfensterbereich erhält-
lich – sogar in solarbetriebener Ausführung und
damit energieautark. Auch viele manuell bedien-
bare Fenster lassen sich noch nachträglich mit
Motoren ausrüsten. Mit automatischen Fenstern
können Mieter oder Vermieter einen Luftwech-
sel sicherstellen, ohne sich laufend selbst darum
kümmern zu müssen. Eine Lösung dafür ist das
einmalige Einstellen bestimmter Lüftungszeiten,
in denen sich die Fenster automatisch öffnen, über
eine Funksteuerung. So lassen sich die von Exper-
ten empfohlenen drei bis fünf etwa 10 min Lüf-
tungsintervalle pro Tag realisieren – selbst wenn
niemand zu Hause ist. Dabei ist es nicht erforder-
lich, jedes Fenster im Haus zu automatisieren.
Wer wirklich bedarfsgerecht lüftenwill, kann dies
mit Unterstützung moderner Sensortechnik rea-
lisieren. Hersteller wie Velux und MSR Electronic
etwa bieten eine Lösung, bei der eine Luftquali-
tätssteuerung auf Basis von Sensormesswerten für
Luftfeuchtigkeit und flüchtigen organischen Ver-
bindungen in der Luft, den sogenannten VOCs, die
Fenster steuert. Über Letztere wird – wie bei einem
CO
2
-Sensor – auch verbrauchte Atemluft erkannt.
Jedochwird dabei nicht nur ein einziger Stoff, son-
dern ein breiteres Spektrum an Luftschadstoffen
und auch Gerüchen gemessen. Sind Grenzwerte
für Luftfeuchtigkeit oder Schadstoffbelastung in
der Luft überschritten, öffnet diese Technik die
Fenster automatisch solange, bis die Luftqualität
wieder unbedenklich ist.
Sorgen vor Wasserschäden in Dachwohnungen
sind unbegründet: Ein Regensensor schließt die
Fenster bei Niederschlag bzw. öffnet sie erst gar
nicht.
Auch Lösungen mit Windsensoren gibt es inzwi-
schen im Markt, so dass auch Sturmschäden aus-
geschlossen werden können.
Sorgen vor mangelnder
Energieeffizienz unbegründet
Dass die natürliche Fensterlüftung energieeffi-
zient eine gute Raumluftqualität sowie den hy-
gienisch notwendigen Luftwechsel herstellen
kann, zeigte das Ergebnis einer 2012 veröffent-
lichten Untersuchung der Hochschule für Technik
Stuttgart: Lüftungswärmeverluste können durch
geregeltes Öffnen der Fenster auf ein Minimum
begrenzt und im Sommer sogar eine deutliche
Komfortverbesserung durch hohe Luftwechsel-
raten erzielt werden.
Dezentral mit neuen Fenstertechnologien lüften:
Konzepte für die nutzerunabhängige Lüftung über Fenster
Beispiel eines selbstregulierenden Lüftungszubehörs, das keinen Strom für den Betrieb benötigt
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8|2014
ENERGIE UND TECHNIK